9. November 1938: Widerstand braucht Mut
Am 9. November 1938 brannten in ganz Deutschland Synagogen. In der „Reichspogromnacht“ wurden etwa 800 Juden ermordet, ihre Synagogen mancherorts dem Erdboden gleichgemacht. Jüdisches Leben sollte keinen Platz mehr haben in Deutschland. Durch die Shoah verloren sechs Millionen Juden ihr Leben. Und viele schauten zu. Sie nahmen es hin – aus Überzeugung, aus Gleichgültigkeit, aus Furcht.
Doch es gab Menschen, die aufstanden, die sich gegen das nationalsozialistische Terror-Regime wehrten. Viele von ihnen sind noch heute ein Begriff. Da sind etwa die mutigen Frauen und Männer um Claus Schenk Graf von Stauffenberg, die Hitlers Regierung stürzen und Frieden herstellen wollten. Da sind die jungen Studierenden der „weißen Rose“ um Sophie Scholl, die Flugblätter verteilten, um auf das Unrecht Hitlers aufmerksam zu machen. Auch sie mussten ihre Tapferkeit mit dem Leben bezahlen. Da sind etwa Pater Rupert Mayer, Dietrich Bonhoeffer und der Regensburger Domprediger Dr. Johann Maier, deren laute und starke Stimme dem Regime Angst einflößte. Auch der Münchner Publizist Fritz Gerlich scheute es nicht, sich sehr frühzeitig und ganz offen gegen Hitler und die NSDAP zu stellen.
Menschen, die aufstanden
Viele derer, die sich gegen Hitler und seine Schergen zur Wehr setzten, sind eher unbekannt: etwa Zenzi Hummel, die der kleinen Charlotte Knobloch, der späteren Vorsitzenden des Zentralrats der Juden, das Leben rettete, indem sie sich als ihre Mutter ausgab. Der Historiker Konrad Löw hat in seinem Buch „Das Volk ist ein Trost“ Begebenheiten zusammengetragen, die zeigen, wie sich Teile der Bevölkerung auf die Seite jüdischer Mitbürger stellten und sie etwa mit Essensmarken versorgten oder ihnen verbotener Weise einen Sitzplatz in der Straßenbahn anboten. Kleine Gesten im Umfeld der Verfolgung. Die großen und die kleinen Personen des Widerstands, die bekannten und die unbekannten haben eines gemeinsam: Sie haben das Unrecht gesehen und wollten es nicht akzeptieren. Fremdes Leid wahrzunehmen ist ein Zentrum des Christentums. In seiner Rede über das Endgericht zeigt Jesus, was am Ende zählt: im bedürftigen Nächsten Christus selbst erkennen und an ihm handeln. Dieser liebevolle Blick auf den Nächsten muss zu einer Lebenseinstellung werden.
Eine mutige Lebenseinstellung
Diese Lebenshaltung braucht Mut: Gerade dort, wo Menschen besonders leiden, kann der Einsatz für sie gefährlich werden. Unter Hitlers Verbrechern schwiegen zu viele Menschen; zu vielen fehlte der Mut, für die Unterdrückten einzustehen. Und gleichzeitig leuchtet das Beispiel der anderen, der mutigen Widerstandskämpfer umso deutlicher. Sie sind auch heute noch Vorbild – heute, da der Antisemitismus in diesem Land wieder erstarkt, da jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger wieder Angst haben. Dieser Zustand ist nicht hinnehmbar; für niemanden, ganz besonders aber nicht für uns Christen.
Text: Benedikt Bögle; Foto: Pressestelle
(mk)