Zeitkapsel im Römerquader - Übergabe des archäologischen Fundstücks an Bischof Rudolf
Bei der archäologischen Begleitung von Abgrabungen für einen Technikschacht des neuen Brunnens am Dachauplatz in Regensburg konnte im Juni 2017 durch die Ausgrabungsfirma Arcteam im Auftrag der Stadt Regensburg ein bedeutendes Fundstück geborgen werden:
Der Grundstein von 1679 aus dem Regensburger Klarissenkloster
Heute Vormittag kam es bei der Pressekonferenz der Stadt Regensburg und des Bischöflichen Ordinariats Regensburg zur Übergabe der Fundstücke an Dr. Bischof Rudolf Voderholzer durch die zweite Bürgermeisterin der Stadt Regensburg Gertrud Maltz-Schwarzfischer. Der Schatzfund ist eine Schenkung der Stadt Regensburg an die Kunstsammlung des Bistums Regenburg. Damit soll der Fund seiner angestammten kirchlichen Heimat wieder so nahe wie möglich sein. Bischof Voderholzer ist hocherfreut und dankbar über den historischen Fund, der die wissenschaftliche Erforschung der Grundsteinlegung im 17. Jahrhundert maßgeblich voranbringen könnte. Auch Dr. Maria Baumann, Leiterin der Kunstsammlungen des Bistums Regensburg, ist dankbar für die kostbaren Fundstücke, die nun die Kunstsammlung bereichern. Die Diözese übernimmt die fachliche Restaurierung der Fundstücke und plant eine weitere wissenschaftliche Bearbeitung.
Das Fundstück
Das mit einem Deckel verschlossene und ehemals verschnürte Bleikästchen enthielt, wie es bis heute noch Brauch ist, zeitgenössische Münzen, insgesamt sechs Silbermünzen der Jahre 1671-76, darunter Prägungen von Kaiser Leopold I. Ferner fand sich ein Glasflakon, zahlreiche christliche Amulette und Kreuze aus Bronze und organischem Material, Heiligenfigürchen aus Pfeifenton, verrottete Lederreste sowie Fragmente eines Pergaments. Bei den meisten Objekten handelt es sich um Devotionalien, also um Erinnerungsstücke an Pilgerreisen.
Besonders hervorzuheben ist ein qualitätvolles doppelarmiges Kreuzamulett aus Messing, ein sogenanntes Caravaca-Kreuz, welches sowohl dem hl. Franziskus als auch dem hl. Sebastian geweiht ist.
Am Boden des Kästchens kam eine passgenaue Bleiplatte zum Vorschein, die eine weiße Beschriftung trägt und mit der Schauseite nach unten eingelegt war. Sie entschlüsselt die Frage nach der genauen Datierung und den Auftraggeber(inne)n der Grundsteinlegung.
Aufgeführt ist eine Liste der Schwestern, ihrer Priorin und Äbtissin des Klosters St. Klara vom 21. September 1679, hier im Originaltext:
[Frau] Anna Catharina Voglin
Mutter, und Abtiſsin
Frau Catharina Cacilia Zwieklin
Priorin
Regina Khornbergerin
Ursula Franciſsca Au[?????]
Roſina Victoria [??????]
Maria Clara Maj[???]
Kun[igu]nda Multzerin.
Anna Margaretha [P???]rin.
Maria Constanti[a] [????]s [?????]
Maria Ludovica Pr[??]in.
Maria Ioſe[ph]a [????]tnerin.
Maria Ancilla Schwaigerin.
Maria Eustachia Lebin.
Maria Phillipina Lebin.
Maria Angela Wi[?]gerin
Maria Anna Hardtnerin
Maria Magdalena Voglriederin
Maria Delphina Liechtlin.
Maria Antonia Arnolding.
Schwesteren.
Maria Elisabetha Baaderin
Maria Martha Widtmanin
Maria Ursula Christin.
Maria Agatha Verſtin
Maria Apollonia Heiſs[???]
Maria Hortula[na] İän[??in]
Maria Gertrudis İän[??]in
16•79
Den 2[1]tag Septembris.
Der Fundort
Der Grundstein stammt aus dem Bereich des seit über 200 Jahren versunkenen Klosters St. Klara (ca. 1228-1809), das sich vom heutigen Dachauplatz über das gesamte Gelände des gegenwärtigen Parkhauses erstreckte. Das nach napoleonischem Beschuss abgebrannte Kloster wurde ab 1809 abgetragen, doch überraschend viele Reste sind noch im Boden erhalten - so etwa die Fundamente und Krypta der Klosterkirche St. Maria-Magdalena unter dem Dachauplatz.
Unmittelbar südlich dieser Kirche fand sich der Grundstein, der allerdings schon mehrfach verlagert war. Ursprünglich dürfte er zu einer Baumaßnahme gehören, zu welcher sich noch schriftliche Aufzeichnungen im Diözesanarchiv finden ließen. Es ist dort sogar überliefert, wieviel das Bleikästchen gekostet hat: "Dem Züngiesser für ein Pleyenes Vläschl, darein die geweichte Sachen unnd anders in den grund gelegt worden bezahlt 44 k[reuzer]".
Der Neubau betraf mit großer Wahrscheinlichkeit die Neuerrichtung oder eine Erweiterung der beiden Konventflügel, die bis ins 17. Jahrhundert noch einen freien Raum zur Kirche hin gelassen hatten, der nun nachweislich geschlossen wurde.
Erinnerung an das fast vergessene Kloster St. Klara
Der heute vorgestellte Neufund lässt die Erinnerung an die Klöster zweier Bettelorden der 1220er Jahre vor den damaligen Toren der Stadt wieder aufleben: der Minoriten und der Klarissen, die sich hier in unmittelbarer Nachbarschaft niedergelassen hatten.
Schon seit 2015, als am Dachauplatz Reste der Klosterkirche St. Maria-Magdalena aufgedeckt wurden, bemüht sich die archäologische Denkmalpflege um die Erforschung und Würdigung der verbliebenen Reste des mittelalterlichen Klosters St. Klara, die im heutigen Stadtbild leider nirgends mehr ablesbar sind - sogar der Begriff "Klarenanger" ist mittlerweile verschwunden.
Das ursprüngliche Kloster am Klarenanger fiel während der napoleonischen Besatzung am 24. April 1809 einem Brand zum Opfer. Die Nonnen fanden erst Aufnahme im Dominikanerinnenkloster Heilig Kreuz und erhielten dann 1811 das säkularisierte Kapuzinerkloster St. Matthias in der Ostengasse. Dort lebten sie bis 1974, als wegen städtebaulicher Maßnahmen das Kloster abgerissen werden sollte und der Konvent aufgelöst wurde. Die Gemeinschaft der Schwestern führte nun an zwei Orten ihr kontemplatives Leben weiter: im Kloster St. Klara in Maria Vesperbild (Bistum Augsburg) und im Kloster St. Klara in Dingolfing.