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„Selig seid ihr, wenn ihr gebt!“ - Adveniat-Aktion 2004 vorgestellt

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„Selig seid ihr, wenn ihr gebt!“ - Bischof Gerhard Ludwig und Bischof Jaime Prieto Amaya (Kolumbien) zur Situation der Kirche in Kolumbien
(wk/pdr) Anlässlich der diesjährigen ADVENIAT-Aktion hat Bischof Gerhard Ludwig den kolumbianischen Bischof Jaime Prieto Amaya in Regensburg begrüßt. In einem Gespräch mit Journalisten gingen die beiden Bischöfe auf die Situation der Kirche in Kolumbien ein. „Die Kirche ist eine der wenigen Institutionen in Kolumbien, die das ungeteilte Vertrauen der Bevölkerung genießen“, so Bischof Prieto Amaya. „Wer dem Frieden in Kolumbien helfen will, sollte der Kirche in Kolumbien helfen. Es ist wichtig, dass wir weiterhin viele junge Priester und pastorale Mitarbeiter haben. Daher sind wir sehr dankbar dafür, dass ADVENIAT die Ausbildung von Theologen unterstützt“. Die Kirche ist in Kolumbien in vielen Bereichen aktiv. Neben dem akuten Krisenmanagement bei festgefahrenen Verhandlungen, Geiselübergaben oder Gefängnisrevolten setzt sie sich dabei langfristig für den Frieden ein. Sozial- und Jugendprojekte bieten Tätern wie Opfern Alternativen zur alltäglichen Gewalt. „Ziel ist es, die sozialen Ursachen des Konflikts zu beheben und langfristig eine ‚Kultur des Friedens’ zu säen. Zudem hat sich die Kirche des Schicksals der Binnenflüchtlinge angenommen und fördert den Wiederaufbau zerstörter Gebiete“, so Bischof Prieto Amaya.

Bischof Gerhard Ludwig betonte, als Weltkirche seien die Christen in Europa zur Solidarität mit den Menschen in Lateinamerika verpflichtet. „Es ist an uns, zu helfen und Solidarität zu zeigen. Dies darf jedoch nicht von oben herab geschehen. Vielmehr sollten wir uns auf brüderliche Weise an die Seite der Gläubigen in Kolumbien stellen, von denen wir auch vieles lernen können“. Gerade von der Freude und Glaubensbegeisterung der Menschen in Südamerika könnte in Deutschland als Vorbild dienen.

Bischof Jaime Prieto Amaya

Bischof Jaime Prieto Amaya steht an der Spitze der Diözese Barrancabermeja, rund 350 Kilometer nördlich der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá. Dies ist keine leichte Aufgabe: Barrancabermeja ist Zentrum der kolumbianischen Ölindustrie und gehört traditionell zu den am stärksten umkämpften Gebieten des Landes. Im Streit um Einnahmequellen und wirtschaftlichen Einfluss liefern sich Guerrillaverbände und Paramilitärs seit Jahren erbitterte Gefechte. Im Jahr 2000 gelang es paramilitärischen Truppen vom „Bloque Central Bolívar“, der linksgerichteten Guerrilla-Bewegung FARC die Vorherrschaft zu entreißen. An der katastrophalen Sicherheitslage und der prekären Menschenrechtssituation änderte sich jedoch nichts. Allein im vergangenen Jahr wurden 150 Zivilisten erschossen. 80 Personen verschwanden auf mysteriöse Weise, rund 800 Menschen mussten aus Furcht vor den Paramilitärs ihre Heimat verlassen.

Bischof Prieto Amaya gehört zu den wenigen, die dem Druck standhalten und sich nicht einschüchtern lassen. Bereits mehrfach hat er die Menschenrechtsverletzungen der Paramilitärs offen angeprangert und die Justiz zum Handeln aufgefordert. Auch im Ölarbeiterstreik im April dieses Jahres übernahm Prieto Amaya eine Vermittlerrolle. Dass er durch seinen unerschrockenen Einsatz auch sein eigenes Leben aufs Spiel setzt, nimmt Amaya in Kauf. Personenschutz lehnt er trotz massiver Drohungen ab: „Man kann nicht glaubwürdig für Frieden plädieren, wenn man ständig einen schwer bewaffneten Leibwächter hinter sich hat“, sagt er.

Die Rolle der Kirche
Mit ihrem Einsatz für die Menschenrechte hat sich die Kirche in Kolumbien viele Feinde gemacht. Seit 1984 sind rund fünfzig Bischöfe, Priester und Missionare ermordet worden. Prominentestes Opfer war der 2002 ermordete Erzbischof von Cali, Isaías Duarte Cancino, der sich mutig gegen die Drahtzieher des Drogenhandels einsetzte. 1999 exkommunizierte er Mitglieder der Guerilla-Organisation ELN, die 150 Gläubige aus einer Kirche entführt hatten.
ADVENIAT unterstützt die kolumbianischen Kirche in ihrem Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit. Allein im vergangenen Geschäftsjahr hat das Lateinamerika-Hilfswerk 270 Kolumbien-Projekte mit mehr als drei Millionen Euro gefördert.

Hintergrund
Seit Jahrzehnten tobt in Kolumbien der Bürgerkrieg, der in den vergangenen 40 Jahren mehr als 250.000 Tote gefordert hat. Statt tropischer Strände bestimmen Massaker, Entführungen und Drogenmafia das Bild Kolumbiens im Ausland. Die Gewalt überschattet jedoch nicht nur die internationale Berichterstattung. Sie hat die Entwicklung des Landes tief geprägt und bestimmt bis heute den Alltag in Kolumbien. Die Guerrillagruppen tragen ihren Krieg zu Lasten der Zivilbevölkerung aus, Sondereinsätze der Militärs fordern zahllose Opfer, selbst ernannte „Schutzkommandos“ terrorisieren ganze Stadtviertel. Mit 74 Morden pro 100.000 Einwohner liegt Kolumbien weltweit an der Spitze der Gewaltstatistik.
Grundsätzlich kann man zwischen vier Akteuren unterscheiden, die direkt am bewaffneten Konflikt in Kolumbien beteiligt sind: linksgerichtete Guerrilla-Bewegungen, ultrarechte Paramilitärs, die Drogenmafia und der Staat. Alle Gruppierungen tragen ihren Feldzug auf dem Rücken der Bevölkerung aus - 3.000 Entführungen im Jahr, die Zwangsentsiedelung ganzer Landstriche sowie Rechtlosigkeit und Willkür in den besetzten Gebieten – die Guerrilla hat ihre Glaubwürdigkeit innerhalb der Bevölkerung weitgehend verloren.

Eine starke Armeepräsenz in den Städten und auf wichtigen Verbindungsstraßen hat die Sicherheitslage etwas entspannt. Trotz des wiederholt verhängten Ausnahmezustandes werden dennoch täglich Entführungen und Massaker gemeldet. Leidtragende sind vor allem die Menschen in ländlichen Regionen. Mehr als zwei Millionen Menschen mussten aus Furcht vor den bewaffneten Gruppen ihre Heimatorte verlassen. Eine Million Kolumbianer sind zudem wegen des innenpolitischen Konflikts ins Ausland geflüchtet. Von einem bescheidenen wirtschaftlichem Aufschwung profitiert nur eine Minderheit. Fast die Hälfte der Einwohner lebt unterhalb der Armutsgrenze, davon rund 10 Millionen in den Elendsvierteln der Großstädte. Der rigorose Sparkurs der Regierung schränkt darüber hinaus die Sozialprogramme für die Armen erheblich ein.



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