Miteinander für die Gesundheit älterer Menschen - Neues Caritas-Pilotprojekt bringt Sucht- und Altenhilfeexperten zusammen / Suchtberater bilden Altenpflegekräfte fort
In Deutschland sind laut Gesundheitsministerium rund 400.000 Rentner alkoholsüchtig. Zwischen acht und 13 Prozent der über 60-Jährigen weisen einen problematischen Gebrauch psychoaktiver Medikamente (Schmerz- und Beruhigungsmittel) auf. Das Suchtverhalten bei Senioren wird häufig kleingeredet, wobei auch Alten- und Pflegeheime diese Problematik kennen. Die Caritas-Fachambulanz für Suchtprobleme Regensburg hat deshalb das Pilotprojekt „Vernetzung Sucht- und Altenhilfe“ gestartet. Ziel: Die Altenpflegekräfte für problematisches Konsumverhalten von Heimbewohnern zu sensibilisieren und ihnen angemessene Reaktionsmöglichkeiten aufzuzeigen.
Mit Offenheit dem Problem begegnen
„Eine Sucht kann sich schnell weiterentwickeln, wenn das Thema nicht rechtzeitig offen angesprochen wird“, sagt Monika Gerhardinger, Caritas-Suchtberaterin und Leiterin des Projektes. Die Pflegekräfte in den Caritas-Alten- und Pflegeheimen müssen wissen, wie man mit problematischem Alkohol- und Medikamentenkonsum umgeht. Diese Offenheit und die Kompetenz im Umgang mit Alkohol oder Medikamenten ist zentrales Ziel des Projektes. „Wir möchten erreichen, dass Heimbewohner und deren Angehörige wissen, welche Risiken es gibt“, so Gerhardinger. Am Pilotprojekt „Vernetzung Sucht- und Altenhilfe“ nehmen die beiden Regensburger Caritas-Alten- und Pflegeheime Friedheim und Marienheim, die Ambulante Krankenpflegestation Sinzing und die Ambulante Krankenpflege St. Konrad und St. Georg Schwabelweis teil. Gerhardinger wird die Pflegekräfte dieser Altenhilfe-Einrichtungen schulen und ihnen Möglichkeiten aufzeigen, wie mit Suchtthematik bei Senioren verantwortungsvoll umzugehen ist. Unterstützt wird sie dabei von Gerd Schmücker und Klaus Schwer vom Treffpunkt Seniorenbüro Regensburg. Das Pilotprojekt ist zunächst auf ein Jahr angelegt und wird vom Bezirk Oberpfalz und dem Diözesan-Caritasverband Regensburg finanziert.
Enge Vernetzung der Caritas-Einrichtungen
Die erste Schulung für über 30 Pflegekräfte des Caritas-Alten und Pflegeheim Friedheim fand bereits statt. „Die Pflegekräfte waren für das Thema total offen“, sagte Gerhardinger. Ein wichtiger Effekt des Projektes sei die Vernetzung einzelner Angebote und Dienste innerhalb der Caritas. Experten der Suchthilfe treffen hier auf Experten der Altenhilfe. Und beide können voneinander lernen. „Ich bekomme von den Pflegekräften einen Einblick, wie es in der alltäglichen Praxis aussieht. Das sind wunderbare Synergieeffekte“, so Gerhardinger weiter. Das vielfältige Angebot der Caritas ist geradezu prädestiniert für solche Projekte. Durch solche Vernetzungen können Mitarbeitende außerdem wirksam entlastet werden.
Mehr als 10 Gramm sind schon zu viel
In der Schulung lernen die Teilnehmer, ihren eigenen Umgang mit möglichem Alkohol- oder Medikamentenkonsum der Bewohner zu überprüfen. Darf ich den persönlichen Alkoholvorrat von Bewohnern einfach verstecken? „Bei solchen Fragen können uns Experten wie Monika Gerhardinger bestens beraten“, so Albert Pöllinger, Leiter des Friedheims. Die Suchtberaterin betont aber: „Das Projekt hat nicht das Ziel, alkoholfreie Altenheime zu schaffen!“ Die Pflegekräfte sollen lernen, kritische Verhaltensweisen zu erkennen und suchtspezifische Hilfsangebote für Betroffene und Angehörige zu vermitteln. „Die Caritas unterhält über das eigene Angebot hinaus zahlreiche Kooperationen mit anderen Beratungsstellen“, ergänzt Gerhardinger. Eine große Herausforderung für Pflegekräfte ist in Zukunft die Einschätzung, wann ein Bewohner problematisches Verhalten an den Tag legt und wann eben nicht. Suchtmittel wie Alkohol und Tabletten wirken bei Senioren aufgrund des sich verändernden Stoffwechsels viel stärker und sind damit auch gesundheitsschädlicher. „Alles über 10 Gramm Alkohol am Tag ist bei Senioren bereits kritisch“, so die Projektleiterin. Diese Menge entspricht einem viertel Liter Glas Bier oder einem Glas Wein.
Projekt in die gesamte Altenhilfe tragen
Ende 2015 wird die Pilotphase auslaufen. Erklärtes Ziel der Beteiligten ist es, das Projekt danach weiterzuführen und – nach Möglichkeit – alle Caritas-Altenhilfeeinrichtungen zu schulen. „Das ist ein großes Unterfangen, denn unter dem Dach der Caritas Regensburg gibt es über 100 Einrichtungen und Dienste der Altenhilfe“, sagt Gerhardinger.