Miriam Metze (ent)führt in das Abenteuer Philosophie
Kaputtieren, frustrieren, staunen, erkennen, heilen
Regensburg, 3. Mai 2023
„Ich möchte das Bild, das Sie von der Philosophie haben, etwas kaputtieren, wie man in Wien sagt.“ Das hat KEB-Mitarbeiterin Miriam Metze kürzlich in der Reihe „Höhenflüge der Philosophie“ der KEB Regensburg Stadt erklärt. Die Folge stand unter dem Thema „Die ,hohe‘ Philosophie? Was Philosophie mit Staunen, Lieben und Freundschaft zu tun hat“. Jedenfalls sollte, den Ausführungen im Diözesanzentrum Obermünster zufolge, „die“ Philosophie besser nicht schlicht als „Liebe zur Weisheit“ übersetzt werden. Frau Metze: „Da sollten wir ein bisschen aufpassen.“
Eine globale Philosophiegeschichte erkunden
Mehrfach warnte Frau Metze: „Ich frustriere Sie jetzt ein bisschen.“ Auf alle Fälle gab sie dem staunenden Publikum Hinweise, wie weit sich Philosophie oder Philosophisches in ihrer bzw. seiner Bedeutung bzw. bei ihrem und seinem Entdecktwerden in der Welt ausdehnen lasse(n). Traditionell ist, was Zugänge zur Philosophie betrifft, in Europa die Überlegung stark, die Philosophie sei mit Büchern, Schrift und Schriftlichkeit und deren Aufkommen in Verbindung zu sehen. In der Tat jedoch sei die Herausforderung vielmehr die Herausforderung, eine „globale Philosophiegeschichte“ zu erkunden; und das nicht unbedingt lokal verortet (wobei Karl Jaspers übrigens die Entstehung wesentlicher Dimensionen oder Durchführungen der Philosophie „entlang bestimmter Phasen, den Achsen“ in der Zeit, konkret: zwischen 800 und 200 vor Christus festgemacht habe). Das Stichwort lautet hier: Achsenzeit.
Philosophie-Bild unheimlich unvollständig
Mit Blick auf philosophische Aktivitäten und Philosophie in Afrika sagte die Vortragende, es käme darauf an, was man als oder unter Philosophie lese. Kurz: „Unser Bild von der Philosophie ist unheimlich unvollständig.“ Un-heimlich im eigentlichen Sinne besagt dann allerdings, dass dies positiverweise offen zutage liegt. Überhaupt machte Frau Metze ein Problem des „Elitismus“ aus; sie tat dies etwa, indem sie die 19. Jahrhundert-Philosophierereien Friedrich Nietzsches aufrief, der ausgesagt habe, er hoffe, dass irgendwann jemand kommt, „der denken kann“. Kommentar des Verfassers: Das hört sich nicht wenig eingebildet an. Ein hohes oder gar hoheitliches Bild von der Philosophie und der entsprechende Respekt vor ihr seien allerdings recht sehr zu kritisieren. Schließlich erwähnte M. Metze auch noch, dass es eine „Zwickmühle“ gebe zwischen der Philosophie in akademischen Debatten in der Wissenschaft („Die Philosophie ist nämlich eine Wissenschaft“) und der Notwendigkeit ihrer Verständlichkeit oder sogar Verstehbarkeit.
Zuhörerschaft im DZO zum Staunen aufgelegt
Tatsächlich ist Philosophie demnach kein Handeln, sondern ein Tätigsein und eine spezifische Art zu sprechen, habe mithin mit der Sprache und der Art, der Welt zu begegnen, zu tun. Dass die Zuhörerschaft im DZO wiederholt zum Staunen aufgelegt war (wie oben schon geschrieben), hat insofern etwas durchaus Begrüßenswertes, als Anfang der Philosophie oder ein Grund für diese ja gerade dieses Staunen sei. Klar, es ist schon realistisch so, dass, sich nicht in der Welt auskennen und sie einfach nicht verstehen, das tue schlicht „weh“. Philosophie treiben hat dann ergo soweit etwas Heilsames, soweit sie zu treiben das Erkennen lehre. Man rätsele sich also ein Stück weiter (jeweils), und deshalb sei dem Soziologen Georg Simmel recht zu geben, wenn dieser sagt, dass Philosophen Abenteurer sein müssen. Mit Sokrates gesprochen, könne man die Weisheit „nicht einfach wissen“.
Was das Werkzeug der Philosophie sei
Die nächste Folge von „Höhenflüge der Philosophie“ mit der philosophierenden Miriam Metze bzw. mit der Philosophierenden / Philosophin M. Metze findet am Donnerstag, 11. Mai, von 19.00 bis 20.30 Uhr im Diözesanzentrum Obermünster Regensburg (DZO) statt. Dann steht die ebenfalls interessante Frage im Raum, was das Werkzeug der Philosophie sei.
Sich demnächst im interessierten Kreis im DZO einfinden
Resümierend gilt: Tatsächlich vermag Frau Miriam Metze, grundlegende Fragen der Philosophie aufzuwerfen und Winke für deren Beantwortung (falls diese überhaupt zu beantworten sind) oder doch immerhin Winke für den Umgang mit ihnen zu geben. Sie legt einen gewissen Wert darauf, dass Frauen auch schon früher philosophierten, und hebt die sog. Vorsokratikerinnen hervor. Ob deren Philosophie oder Philosophieren heute interessant oder bedeutsam ist, hängt, so wie ich es verstanden habe, nicht zuletzt mit der Frage zusammen, was Philosophieren oder Philosophie ist; und auch von einem eingeräumten „Eigeninteresse“ von Frau Metze war die Rede, wenn sie in einem Schwerpunkt Philosophinnen in der Vergangenheit stark macht bzw. deren Verblassen (Sandra P. Ricklin: „Frauen schreiben mit verblassender Tinte“) bedauert. Und hier sind wir längst in Philosophierungen angekommen. Wer an dieser Stelle oder solchen Stellen ins Gespräch einsteigen möchte, ist daher eingeladen, sich demnächst in dem interessierten Kreis im DZO einzufinden.
Wieder so eine Frage „an sich“: Philosophie nutzen?
Lässt sich, und das wäre auch wieder so eine Frage „an sich“, Philosophie nutzen? Oder einsetzen? Oder hilft sie im Leben oder gar im Alltag? Indem sie hinterfragt, tut sie dies gewiss, ja sicherlich. Aber hinterfragen wir nicht ohnehin bereits vieles im Leben, das, sozusagen, irgendwie nicht aufgeht? Philosophieren wir dann schon? Da könnten verschiedene „Hints“ auf das, was Denker bisher an philosophisch Wertvollem oder doch Weiterführendem bedacht und gedacht haben, schon von Gewinn sein. Oder?
Gelegentlich hoch im Kurs stehender Alltagsgebrauch
„Denker“ ist übrigens wie vieles eine phasenweise modisch einschlägige Bezeichnung für Philosophen und Philosophinnen, die sich weder als Philosophinnen noch Philosophen noch Philosophierende bezeichnen wollten. Sich als „Denker“ zu bezeichnen, scheint eine Zeit lang just eine Mode gewesen zu sein. Oder gar als „Denkende“, wenn nicht „Bedenkende“? Praktische Lebensanwendung der Kapazität der Philosophie: Moden haben auch Einflüsse auf philosophische Kontexte - als Denken oder jenseits des Denkens? Warum das? Vielleicht liegt es daran, dass Denkmoden (hinter welchen Denkmodelle stehen) die gelegentlich an sich verschlossen scheinende Philosophie für den gelegentlich hoch im Kurs stehenden sog. Alltagsgebrauch öffnen können. Aber auch da ist auf Friedrich Nietzsche zu verweisen, der ausrief, er hoffe, dass irgendwann jemand kommt, der denken kann. Oder die denken kann? Oder ist die Unterscheidung in ein Denken von Philosophinnen und in ein Denken von Philosophen abwegig? Eine Aporie? Es bleibt spannend.
Bis Donnerstag, 11. Mai, also!
Text: Prof. Dr. Veit Neumann
Bilder: Prof. Dr. Veit Neumann