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Klimawandel: Papst Franziskus schärft Verantwortung des Menschen ein

Der Mensch als Gefahr für sich selbst

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Regensburg, 16. Oktober 2023

„Laudate Deum“ (LD) ist der Titel des jüngsten apostolischen Schreibens von Papst Franziskus, das der Heilige Vater am 4. Oktober veröffentlicht hat. Der Text ist ein leidenschaftliches Plädoyer für mehr Klimaschutz. „Laudate Deum“ knüpft an die Enzyklika „Laudato si`“ (LS) aus dem Jahr 2015 an und erinnert eindringlich an den dortigen Appell des Papstes, die Umwelt zu schützen.

Zunächst erinnert Papst Franziskus in seinem jüngsten Schreiben an „Laudato si`“ und benennt gleichzeitig den Grund für sein neuerliches Aufgreifen des Klimaschutzes: Ihm sei klargeworden, so schreibt der Papst, „dass wir nicht genügend reagieren, während die Welt, die uns umgibt, zerbröckelt und vielleicht vor einem tiefen Einschnitt steht.“ (LD 2) Die Bestrebungen zum Umweltschutz und zur Eindämmung der Klimaerwärmung genügen nicht, stellt der Heilige Vater fest. In einer selbst für Papst Franziskus beachtlichen Deutlichkeit spricht er auch jene an, die einen vom Menschen gemachten Klimawandel bestreiten: Bei aller Veränderung, der das Klima immer unterworfen war, ließe sich die Geschwindigkeit der jetzigen Klimaerwärmung ohne die menschlichen Einflüsse nicht erklären: „Der menschliche – „anthropogene“ – Ursprung des Klimawandels kann nicht mehr bezweifelt werden.“ (LD 11) Die Ozeane erwärmen sich, das Kontinentaleis schmilzt. „Aus diesem Grund können wir den enormen Schaden, den wir verursacht haben, nicht mehr aufhalten. Wir kommen bloß noch rechtzeitig, um noch dramatischere Schäden zu vermeiden.“ (LD 16)


Das „technokratische Paradigma“


Eine besondere Ursache dafür benennt Papst Franziskus mit dem „technokratischen Paradigma“: Der technische Fortschritt der Menschheit ist eben nicht nur gut; das Gute und die Wahrheit folgen gerade nicht automatisch aus dem Fortschritt. Der Papst benennt eine Ideologie, die alle menschliche Macht immer weiter steigern wolle. Die Folge: „Alles, was existiert, hört auf, ein Geschenk zu sein, das man würdigt, schätzt und pflegt, und wird zum Sklaven, zum Opfer einer beliebigen Laune des menschlichen Geistes und seiner Fähigkeiten.“ (LD 22).


Die Rolle der Politik


Die internationale Politik versage angesichts des Klimawandels. Viele Klimakonferenzen hätten keine wirklichen Neuerungen gebracht. Auch fehle der internationalen Politik häufig die Durchsetzungsfähigkeit. Mit Blick auf die anstehende Klimakonferenz in Dubai drückt Papst Franziskus seine Hoffnung aus, verbindliche Formen der Energiewende könnten erzielt werden. Der Heilige Vater positioniert sich mit aller Deutlichkeit für mehr Anstrengungen im Kampf gegen den Klimawandel, für eine wirksamere internationale Politik und für mehr Verbindlichkeit der Klimakonferenzen.
 

Deutliche Parallelen zu „Laudato si`“


Dieser Einsatz des Papstes ist nicht neu. In zahlreichen Zitaten bezieht sich Franziskus auf seine Enzyklika „Laudato si`“. Das unterstreicht allein die Tatsache, dass beide Texte mit einem Zitat des heiligen Fanz von Assisi beginnen. Immer deutlicher wird, dass der Papst seinen Namen nicht nur wegen der Armut des heiligen Franz, sondern auch wegen dessen Schöpfungsspiritualität gewählt zu haben scheint. Dabei baut sich der Einsatz des Papstes für die Umwelt zwischen zwei Polen auf: Seine Umwelttheologie speist sich einmal aus der biblischen Schöpfungslehre, versteht den Umweltschutz aber gleichzeitig auch als soziale Frage, als Hinwendung zu den Armen und Ausgegrenzten.
 

Die Welt ist von Gott geschaffen


Zunächst folgt aus dem jüdischen und christlichen Glauben, dass die Welt nicht nur Produkt eines Zufalls ist, sondern gewollte Schöpfung des guten Gottes. Ist aber nicht nur der Mensch, sondern die ganze Welt von Gott gewollt, kann dem Menschen der Zustand dieser Erde nicht gleichgültig sein: Es ist die von Gott geschaffene Welt, für die der Mensch in besonderer Weise Verantwortung übernehmen soll. Wir müssten anerkennen, schreibt der Papst, „dass das menschliche Leben ohne andere Lebewesen nicht verstanden und nicht aufrechterhalten werden kann.“ So war bereits der Untertitel der Enzyklika „Laudato si`“ zu verstehen, der den Text auf die „Sorge um das gemeinsame Haus“ bezog: Die Welt wird in dieser Schöpfungstheologie als das gemeinsame Haus aller Lebewesen verstanden. Der Mensch ist nicht Tyrann in diesem Haus, sondern sorgender Hirte – eine Verantwortung, der die Menschheit nicht ausreichend gerecht wird. Deutlich wird dies letztlich bereits am Schöpfungsbericht der Heiligen Schrift. Schon die Tatsache, dass im sogenannten „zweiten Schöpfungsbericht“ der Mensch in Eden – einem Garten – lebt, unterstreicht das: Der Garten ist im Gegensatz zum Urwald nicht reine Wildnis. Im Gegensatz zur Stadt ist er aber auch nicht nur Ergebnis menschlichen Planens. Im Garten kommt beides zusammen: Die Natur und die ordnende Kraft des Menschen. Beides gemeinsam bestimmt das biblische Bild von der Schöpfung und der Rolle des Menschen in ihr.
 

Der Mensch als Gefahr für sich selbst


Gleichzeitig aber versteht Franziskus den Umweltschutz auch als drängendes soziales Problem: Es sind bereits jetzt vor allem die Armen, die in besonderer Weise unter dem Klimawandel leiden. Verursacht vor allem von den reicheren Nationen, werden es die ärmeren sein, die zuerst seine Folgen zu tragen haben. Der Umgang des Menschen mit dem Klima offenbart dem Papst zufolge ein tiefes Problem einer Menschheit, die sich selbst überhöht. So erklärt der Papst selbst auch den Titel seines jüngsten Schreibens: „Lobt Gott“. „Denn ein Mensch, der sich anmaßt, sich an die Stelle Gottes zu setzen, der wird zur schlimmsten Gefahr für sich selbst.“ (LD 73) Und – so möchte man ergänzen – zur schlimmsten Gefahr auch für seinen Nächsten und für die ganze Welt.

 

Text: Benedikt Bögle
(mk)



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