Regensburg, 27. Juli 2024
Die Lesung für morgen, den siebzehnten Sonntag im Jahreskreis, kommt aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Ephesos im ionischen Griechenland, heutzutage türkisch besiedelt, und sie steht dort im vierten Kapitel. Paulus ermahnt dort, in den Versen 1 bis 6, die Gemeinde zur Einheit in dem Geist, zu dem sie Gott berufen hat. Das Vorbild kommt für Paulus aus Gott selbst, denn es ist nur ein Herr, ein Glaube und eine Taufe, wobei diese Zusage natürlich in der damaligen Welt, in der sich der christliche Galube erst etablierte, auch eine Absage an andere Kulte und an den Aberglauben war.
17. Sonntag im Jahreskreis B – Epheserbrief 4,1– 6
„Schwestern und Brüder! 1Ich, der Gefangene im Herrn, ermahne euch, ein Leben zu führen, das des Rufes würdig ist, der an euch erging. 2Seid demütig, friedfertig und geduldig, ertragt einander in Liebe 3und bemüht euch, die Einheit des Geistes zu wahren durch das Band des Friedens! 4Ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung in eurer Berufung: 5ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, 6ein Gott und Vater aller, der über allem und durch alles und in allem ist.“
Die Briefe des Neuen Testaments geben uns an vielen Stellen einen Eindruck vom Leben der frühen Kirche. Die Apostelgeschichte nennt das Christentum den „neuen Weg“ (vgl. Apg 9,2) und das Neue Testament ist voller Beispiele, wie die Christen diesen neuen Weg lebten, sich als Neugeborene in Christus verstanden und von diesem Verständnis her ihr Leben radikal änderten und auf Gott ausrichteten. Gerade die Briefe des Neuen Testaments zeigen uns aber auch, dass es in den Gemeinden nicht immer ganz harmonisch zugegangen sein kann.
In der Gemeinde von Korinth droht der Streit darüber die Gemeinde zu entzweien, ob Fleisch von heidnischen Götzenopfern gegessen werden darf (vgl. 1 Kor 8,1-13). Ebenfalls in Korinth schaffen es die Christen nicht, die Feier der Eucharistie so zu legen, dass alle gleichermaßen teilnehmen können – Arme wie Reiche (vgl. 1 Kor 11,2-16). Zwischen Paulus und der Gemeinde in Galatien wird es so ernst, dass der endgültige Bruch droht und Paulus schon rhetorisch eindeutig werden muss: „Ihr unvernünftigen Galater“, schreibt er (Gal 3,1). Die Gemeinden müssen vor Irrlehrern und Geldgier gewarnt werden (vgl. 1 Tim 6,3-10). Der Christ Philemon hat sich mit seinem christlichen Sklaven Onesimus zerstritten (vgl. Phlm 1ff). In den Gemeinden breiten sich also Missstände und Missverständnisse aus, die teilweise sogar am Kern der christlichen Identität kratzten.
In diese Richtung deutet womöglich auch der Abschnitt aus dem Epheserbrief, den wir an diesem Sonntag hören. Wo immer die Gemeinde zur Einheit gemahnt werden muss, liegt der Verdacht nahe, dass es mit dieser Einheit gerade nicht weit her ist. Wo die Gemeinde wirklich „ein Herz und eine Seele“ ist (vgl. Apg 4,32), ist jede Ermahnung letztlich überflüssig. Der Autor des Epheserbriefes betont die Einheit, die die Gemeinde verbindet. Die Christen sind ein Leib und ein Geist. Es gibt nur eine Hoffnung der Gemeinde. Grundlage des Glaubens sind: Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und ein Vater. Es gibt, könnte man es auch umgekehrt ausdrücken, eben nicht mehr als einen Glauben, nicht mehrere Taufen und erst recht nicht mehrere Götter.
In den entscheidenden Punkten also ist die Gemeinde eine Einheit. Bei allen Differenzen haben doch alle die eine Taufe empfangen. Bei allen unterschiedlichen Standpunkten und Akzentuierungen des christlichen Bekenntnisses ist die Grundlage doch klar: Ein Herr, ein Glaube, ein Gott und ein Vater. Vielleich dürfen wir diese Worte auch als Ermahnung an die Kirche unserer Tage lesen. Bei allen Auseinandersetzungen im Detail muss uns klar sein, dass es eine Grundlage ist, die uns trägt. Der Blick auf die großen Gemeinsamkeiten mag dazu dienen eine Brücke zu bauen auch über unterschiedliche Standpunkte hinweg. Wir alle sind durch die eine Taufe Teil des einen Leibes Christi geworden. Dieser Taufe müssen wir immer wieder neu gerecht werden; wir müssen ein Leben führen, das dieser Berufung gerecht wird, ein Leben führen, „das des Rufes würdig ist, der an euch erging.“ Wenn auch die Kirche unserer Tage dem nicht immer gerecht wird, muss das Evangelium Ansporn werden. „Alle sollen eins sein“, sagte Christus am Abend, bevor er starb (Joh 17,21). Leben wir so? Werden wir dem gerecht?
Text: Benedikt Bögle
(sig)