Kirchen aus unserem Bistum: die „Mutter vom Guten Rat“ zu Wörth
Ein großer Segen
Regensburg, 27. Dezember 2024
Von einer kleine romanischen Kapelle zu einer großen Pfarr- und Wallfahrtskirche. Die Baugeschichte von St. Laurentius in Wörth ist ein Stein gewordenes Glaubenszeugnis.
Schon von außen erkennt man an der Pfarrkirche St. Laurentius in Wörth eine bewegte Baugeschichte. Die Kirche besteht aus mehreren Bauabschnitten aus unterschiedlichen Jahrhunderten. Von der Straße aus lässt sich der nach Norden weisende Anbau nur durch das hohe Walmdach erahnen, dessen First das Satteldach der alten Kirche überragt. Die Baustile fügen sich zu einem harmonischen Gebäude zusammen, ohne jedoch die Brüche zwischen den Epochen zu überdecken. Gerade dieses Miteinander von Romanik, Barock und modernen Elementen gibt dem Gotteshaus den Ausdruck Jahrhunderte währender kirchlicher Lebendigkeit. Die ältesten heute noch vorhandenen Teile der Kirche werden auf das 11. oder 12. Jahrhundert datiert. Sie sind damit romanisch.
Eine Besonderheit dieses Teils der Kirche ist die West-Apsis. Das könnte drauf hindeuten, dass die Kirche einen noch älteren Vorgängerbau hatte. Erst seit 8. oder 9. Jahrhundert waren Kirchen üblicherweise geostet, so dass die Gemeinde und der Priester bei der Heiligen Messe gemeinsam nach Osten, der aufgehenden Sonne und dem wiederkommenden Christus entgegen schauten. Da aber die Stelle des Altars zumeist erhalten blieb, auch wenn man neu baute, könnte also in Wörth eine frühmittelalterliche Kirche gestanden haben, am ehesten ein hölzerner Bau; Spuren sind bis dato nicht bekannt. Die erste urkundliche Erwähnung Wörths findet sich denn auch erst im Jahr 1339. In den Urkunden geht es um einen Streit zwischen den Pfarrern von Kirchberg und Hüttenkofen über die Pfarrzugehörigkeit von Wörth. Die Entscheidung fiel zugunsten Hüttenkofens.
Erst im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts erfuhr die erstaunlicherweise immer noch nicht erweiterte romanische Kapelle eine erhebliche Erweiterung nach Osten zu einer Barockkirche. Der im de facto nun entstandenen barocken Neubau vorhandene romanische Baukern wurde dem barocken Erscheinungsbild angepasst. Dabei wurden beispielsweise die bestehenden romanischen Wände barock eingewölbt. Das Langhaus der alten Wörther Kirche, wie man sie seit der späteren Erweiterung nennt, umfasst fünf Joche. Die beiden westlichen sind romanisch, was an der größeren Mauerstärke zu erkennen ist.
Das Gewölbe der drei östlichen Joche des Langhauses wurde nach Fertigstellung des Anbaus mit Stuckaturen verziert. Die Gewölbefelder haben im Scheitel gerahmte Medaillons mit Emblemen. Die Seitenflächen zieren Ranken, Blumenzweige und Putten. In den Medaillons zeigt eine der Darstellungen den Pelikan, der seine Jungen in einem aus Dornen geflochtenen Nest mit seinem Blut speist. Das ist ein Bild für Christus, der die Gläubigen in der Hl. Eucharistie mit seinem Blut tränkt. Im westlichen, dem romanischen Teil, wurden die Gewölbe nicht mit Stuck verziert. Dieser Teil wird heute als Taufkapelle genutzt wird.
Die beiden Teile waren bis weit in das 20. Jahrhundert hinein die alte Wörther Kirche. Bis heute bezeichnet man diesen Teil des Gebäudeensembles so. Mit der Eröffnung der Bahnstrecke Landshut–Plattling im Jahr 1880 wuchs die Einwohnerzahl Wörths sehr stark. Nach wie vor gehörte Wörth jedoch kirchlich gesehen zu Hüttenkofen. Erst 1931 wurde der Pfarrhof nach Wörth verlegt. Damit ergab sich eine neue Herausforderung.
Eine viel zu kleine Kirche
Die vorhandene Kirche war nun für eine Pfarrkirche zu klein. So wurde die Kirche in den Jahren 1936 bis 1938 nach den Plänen des Münchener Architekten Michael Simon erheblich vergrößert. Der Erweiterungsbau wurde an die Nordmauer des barocken Langhauses angebunden. Er ist durch einen großzügigen Ausbruch in der Nordwand des alten Langhauses unmittelbar mit diesem verbunden. Trotz der politisch schwierigen Zeiten gelang der Bau und am 8. Mai 1938 konnte der damalige Regensburger Bischof Michael Buchberger die Kirche konsekrieren.
An das östlichste Langhausjoch der Kirche ist auf der Südseite der sechsgeschossige Turm angebaut, der 24 Meter hoch ist. Im Erdgeschoss des Turms befindet sich eine Kerzenkapelle. Die unteren drei Geschosse haben einen quadratischen Grundriss. Sie weisen von außen eine aufwendige Putzgliederung in Gestalt von Vierpassformen auf. Drei weitere Geschosse erheben sich darüber. Sie sind ebenfalls durch Putzfelder gegliedert und haben gefaste Kanten. Die oberen Geschosse wandeln sich vom Grundriss her zu angedeuteten oktogonalen Grundrissen. Bei Kirchtürmen wird dieser Übergang vom Quadrat zum Achteck öfter beobachtet, denn die Vier ist die Zahl des irdischen Sein, die Acht ist dagegen mit der Göttlichkeit verbunden – der Turm weist damit sinnbildlich auf dem Himmel hin, womit aber die christlich verstandene Ewigkeit und nicht etwa das Weltall gemeint ist. Den oberen Abschluss des eindrucksvollen Turmes bildet ein moderner Spitzhelm mit Turmkugel und Kreuz. Im Turm hängen vier Glocken, von denen eine noch aus der Barockzeit stammt.
Die Ausstattung der neuen Kirche war die Ausstattung der alten Kirche. Deren drei Barockaltäre wurden in die neue Kirche übernommen. Der Hochaltar zeigt auf dem Altarbild den heiligen Laurentius, der im Jahre 258 sein Martyrium durch Verbrennen auf einem Rost erlitt. Der oberste Teil des Altars nennt sich Auszug und trägt oft ein eigenes Bild. Das Auszugsbild des Hochaltars zeigt den Erzengel Raphael und Tobias. Es handelt sich um eine Szene aus dem Buch Tobit. Tobias hält auf dem Bild einen Fisch in der Hand, dessen Galle er nach dem Rat Raphaels auf die Augen seines erblindeten Vaters Tobit streichen wird. Daraufhin wird Tobit das Augenlicht zurückerhalten, dass er am Anfang des Buches verloren hatte. An des Seiten des Hochaltares stehen Figuren des Hl. Florian und des Hl. Sebastian. Auf dem linken Seitenaltar steht eine Figur der Maria Immaculata. Oben im Auszug ist ein Gemälde des heiligen Josef. Der rechte Seitenaltar zeigt eine Figur des heiligen Johannes Nepomuk. Dort ist im Auszug ein Bild des Erzengels Michael mit Seelenwaage und Flammenschwert zu sehen. Beachtenswert ist die alte Kirchentür, die nun als Sakristeitür dient. Sie ist mit Rokokoschnitzwerk verziert und trägt die Inschrift „Johanneß Laurentius", wobei Ersterer für den Hl. Johannes Nepomuk steht.
Wallfahrt zur „Mutter vom gute Rat“
Da nun die vorhandenen Altäre in den Neubau eingesetzt waren, wurde in den alten Chorraum im Jahr 1943 ein Renaissancealtar aus der Schlosskapelle Unterstein bei Berchtesgaden aufgestellt. Auf diesen wurde vom damaligen Pfarrer Ludwig Fisch die restaurierte Darstellung von Maria mit dem Jesuskind gesetzt. Das Bild war in einem erbärmlichen Zustand auf einem Niederaichbacher Dachboden aufbewahrt worden. Es handelt sich um eine Kopie des hochverehrten Gnadenbildes der "Mutter vom guten Rat" aus Genazzano bei Rom. Nach der Restaurierung des Bildes durch den Kirchenmaler Peter Keilhacker in Taufkirchen / Vils wurde es am Christkönigssonntag 1944 in der Wörther Kirche aufgestellt und zieht seitdem Menschen aus nah und fern an. Bischof Michael Buchberger hatte die Verehrung gut geheißen und das Gnadenbild im Jahr 1945 selbst besucht. An den Pfarrer schrieb der Bischof: „Von der ‚Mutter vom Guten Rat‘ zu Wörth an der Isar geht ein großer Segen aus." Seitdem das Gnadenbild in Wörth ist, wird am jeden Sonntag zwischen dem Dreizehnten und dem Neunzehnten eines Monats eine Marienfeier gehalten. Das ganze Jahr über besuchen zahlreiche Gruppen und Einzelpilger die „Mutter vom guten Rat“. Das Hauptfest der „Mutter vom Guten Rat“ wird seit dem Jahr 1789 am 26. April begangen. Auch in Wörth wird dieser Tag besonders gefeiert.
Text: Peter Winnemöller
(sig)
24 Meter misst der Turm der Kirche St. Laurentuis in Wörth an der Isar.