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Interview mit Dekan Johannes Plank

An den Ehrenamtlichen hängt die Zukunft

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Straubing, 6. Juni 2023

Wir sprachen mit Johannes Plank vom Dekanat Straubing-Bogen über die Rolle, die die ehrenamtlichen Mitarbeiter künftig für die Kirche spielen und wie ein Motorrad-Gottesdienst hunderte Menschen anlockt, die sonst nicht viel mit der Kirche zu tun haben.
 

Herr Dekan Plank, warum sind Sie Priester geworden?

Ich erinnere mich gerne an einen Satz meines Heimatpfarrers, den ich selbst immer wieder schon gebraucht habe. Dieser Priester war 33 Jahre in meiner Heimat tätig und hat bei seinem vierzigjährigen Priesterjubiläum gesagt: „Priester fallen nicht vom Himmel! Priester werden geboren.“ Das hat mich echt berührt. Der Satz war sicherlich nicht von ihm, aber er spiegelt etwas von dem, was ich für mich erlebt habe und warum ich diesen Weg eingeschlagen habe. Ich habe viele Menschen in der Kirche kennengelernt, die selbst vom Glauben begeistert wurden, angefangen im Kindergarten die Ordensschwestern der Congregation Jesu, über eben meinen Heimatpfarrer und dann waren da noch Menschen in der Jugendarbeit und schließlich auch im Priesterseminar und im Studium.

Als Kind habe ich schon gesagt, dass ich „Pfarrer werde“. Die Tragweite dieser Entscheidung kannte ich damals natürlich noch nicht. Während meines Studiums habe ich mir die Frage oft gestellt, ob das mein Weg sein kann und wo ich mein Herz hinhänge. Gott sei Dank habe ich auch eine Zeit der „Beurlaubung“ gehabt, sonst säße ich heute wohl nicht hier.

Ich denke, ich bin Priester geworden, weil ich bei dem, was ich in der Liturgie feiere, was ich in der Predigt verkünde, immer versuche, ich selbst zu sein, mit meiner Lebens- und Glaubenserfahrung. Ich hatte auch kein Bekehrung- oder Berufungserlebnis, sondern ich habe gespürt, dass in mir was wächst. Die Menschen, natürlich auch meine Eltern, sind es gewesen, die mir den Glauben vorgelebt haben als etwas, was mein Leben ausmacht, prägt und trägt. Sie haben mich nie in eine Richtung gezogen oder geschoben und gedrängt, aber sie haben mich sehr wohlwollend begleitet. Ich denke, dies ist etwas, was in unserer heutigen Zeit leider mehr und mehr fehlt, dass wir so miteinander auf dem Weg sind, Glaubensfragen auch aushalten und ehrlich diskutieren können. Wenn man heute den Priestermangel beklagt, müsste man ehrlicherweise den „Glaubensmangel“ beklagen, der dem zugrunde liegt. Ich bin seit 21 Jahren Priester und habe diesen Schritt noch keinen Tag für mich bereut. Dazu gehören natürlich die Höhen und Tiefen, aber dieses Priestersein macht für mich viel, viel mehr aus, als jetzt nur meinen Dienst zu tun, sondern es ist etwas, was mein Leben ausmacht.

Was schätzen sie jetzt am meisten nach der Corona-Pandemie?

Es läuft jetzt wieder viel an, allerdings mit dem Wermutstropfen, dass es immer noch gehemmt ist. Menschen haben für sich gemerkt, es passiert nichts, wenn ich nicht mehr zum Gottesdienst gehe oder am Gemeindeleben teilnehme und ich bezweifle auch, dass es jemals ganz so zurückkehren wird, wie wir uns das wünschen würden. Man sieht es am Gottesdienstbesuch, wo man das natürlich am ehesten quantitativ messen kann. Menschen, die vor Corona regelmäßig da waren, fehlen. Und wenn ich sie treffe, ducken sie sich jetzt aus diesem schlechten Gewissen weg. Ich fürchte, dass nach Corona die Ellbogenmentalität noch weitergewachsen ist. Unsere Kirchen ganz zu füllen, wird immer schwieriger, aber dass das Gemeindeleben wieder in Fluss kommt, spürt man. Vor Ort versuchen wir unsere Gemeinden mit vielen Ehrenamtlichen lebendig zu halten, aber die öffentliche Meinung und die negative Einstellung gegenüber Kirche machen es oft schon schwerer.

Wie kann man junge Menschen für die Kirche gewinnen?

Ich denke, dass wir junge Menschen begeistern können, wenn Priester, pastorale Mitarbeiter, Seelsorgerinnen und Seelsorger, den Glauben ausstrahlen. Wenn ich jemanden begeistern will, dann eher durch das, wie ich lebe und wie ich es verstehe, ein offenes Haus zu haben. Jesus hat seine ersten Jünger mit dem Satz eingeladen: „Kommt und seht!“ So müsste meiner Meinung nach „Werbung“ aussehen. Junge Menschen einzuladen, abzuholen, den Alltag mit ihnen durchzustehen. Das alles vermag eventuell zu begeistern.

Wie sieht es bei der Ministrantenarbeit im Dekanat aus?

Aus drei Dekanaten ist eins geworden, sowohl der Dekan in meiner Person als auch die beiden Prodekane und alle Beauftragten tasten sich langsam vor. Wir alle kennen zwar einander, aber bis so eine größere Einheit zusammenwächst, das dauert. Die Ministrantenarbeit ist etwas, was mir sehr am Herzen liegt und vielerorts auch gut läuft, wenngleich auch da Einbrüche zu verzeichnen sind. Wir im Dekanat Straubing-Bogen haben am 24. Juni einen Dekanats-Ministrantentag geplant und das Kloster Windberg mit seiner Jugendbildungsstätte unterstützt uns gewaltig. Die Ministranten und Ministrantinnen sind eingeladen, an diesem Samstag den ganzen Tag dort zu verbringen, mit etlichen Workshops, bei denen sich viele Seelsorgerinnen und Seelsorger aus dem Dekanat für einen Workshop verantwortlich zeigen und noch ein gemeinsamer Abschlussgottesdienst stattfinden wird. Das Kloster Windberg hat uns auch finanziell unter die Arme gegriffen. Die Abtei feiert ja heuer 100 Jahre Wiederbesiedlung.

Wie ist die Zusammenarbeit mit den Ehrenamtlichen und welche Rolle spielen diese für die Zukunft?

Am Gewinnen von Ehrenamtlichen hängt wohl die Zukunft, wenn die „Kirche im Dorf“ bleiben soll. Ich mache aber die Erfahrung, dass das Ehrenamt nicht zurückgeht, sondern sich eher immer auf die gleichen Hände und Gesichter verteilt. Die, die man für die eine Sache brauchen kann, die lassen sich dann auch für anderes heranziehen. Hier gilt es aufzupassen, dass diese „lebendigen Steine“ nicht selbst auf der Strecke bleiben, weil sie ihr eigenes Leben, ihren Beruf und ihre Familie auch noch zu schultern haben. Die Zusammenarbeit in den Pfarreien ist fast überall eine sehr gute. Doch in naher Zukunft müssen wir lernen, über den eigenen Kirchturm hinauszuschauen. Ich denke, in dem Moment, in dem wir uns von einem Pfarreigebilde als eine Einzelpfarrei verabschieden, muss ich auch das Ehrenamt nicht nur fördern, sondern auch zulassen, dass etwas stattfinden darf, was vor Ort die Kirche am Leben erhält. Neue gottesdienstliche Formen, die nicht neu sind, aber wieder neu entdeckt werden müssen und in die Verantwortung der „Weltchristen“ [wie unser Bischof immer sagt] gestellt sind. Die Angst, dass die Gemeindemitglieder den geweihten Amtsträgern die „Butter vom Brot nehmen“ ist unbegründet und hausgemacht!

Wie unterstützen Sie die Familien in den Pfarreien?

Viele Familien kommen und melden ihre Kinder und Jugendlichen zur Kommunion- oder Firmvorbereitung an. Beim ersten Elternabend sage ich oft, dass es keine Schande ist, wenn die Eltern ihren Kindern die eine oder andere Frage des Glaubens nicht (mehr) geben können. Vielmehr ermuntere ich sie aber dazu, Fragen zu stellen, mich/uns mit ins Boot zu nehmen.

Auch bei Festivitäten mache ich die Erfahrung, dass Menschen kommen, die ich sonst nicht in der Kirche sehe. Und bei solchen Festen wird ein positives Bild von Pfarrei gezeichnet und erlebt. Doch wie lange können wir derartige Angebote noch stemmen? Pfarreien vor Ort sind sicherlich finanziell nicht überall so aufgestellt. Trotzdem ist es eine Chance über die Gottesdienste hinaus Angebote und Aktionen zu haben. Da erleben Menschen: „Der Pfarrer ist ja ein ganz normaler Mensch, wie du und ich.“ Und vielleicht sagen sich einige: „Jetzt gehe ich mal wieder hin und fange an, Gottesdienste zu besuchen oder mich anderweitig einladen zu lassen.“ Unterstützende Elemente gibt es sehr viele. Es gibt viele Hefte, die man jemanden in die Hand geben kann. Ich glaube aber, bei allen Angeboten, die es gibt, dass man gezielt auf den einzelnen Menschen zugehen muss, sonst fällt er durch das Raster. Das heißt aber auch, dass ich „meine Leute“ kenne.

Wie war das Bikertreffen in diesem Jahr?

Eine Aktion, die ich heuer nach 24-jähriger Tradition erstmals in Verantwortung übernommen habe, ist der Motorradgottesdienst am 07. Mai gewesen. Rund 2200 Mitfeiernde waren beim ökumenischen Gottesdienst, der musikalisch von Siegfried und David Fietz gestaltet wurde, anwesend. Circa 900 Biker waren beim anschließenden Korso durch Straubing dabei. Das Besondere an diesem Event ist wirklich, dass Menschen angesprochen werden, die zum Teil nicht kirchlich beheimatet sind, aber hier mitsingen, -beten und -feiern. Das Rahmenprogramm vor dem Gottesdienst lässt viele schon am Vormittag kommen, auch wenn der Gottesdienst erst um 14.00 Uhr stattfindet.
 

Bild und Fragen: Stefan Groß



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