News Bild Für eine Kultur der Achtsamkeit gegenüber den Schwachen: Bischof Rudolf Voderholzer über Patientenautonomie

Für eine Kultur der Achtsamkeit gegenüber den Schwachen: Bischof Rudolf Voderholzer über Patientenautonomie

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Am vergangenen Mittwoch sprach Bischof Rudolf Voderholzer über die Bedeutung der Selbstbestimmung von Patienten - einem Schlüsselprinzip der modernen Medizin. Der Vortrag fand im Rahmen der "Regensburger Gespräche zur Medizinethik" im Großen Hörsaal des Krankenhauses Barmherzige Brüder Regensburg statt. Veranstalter war das Ethikkomitee des Krankenhauses Barmherzige Brüder.

Was bedeutet "wahre" Patientenautonomie und was sind ihre Voraussetzungen? Wo muss die Autonomie des Patienten gestärkt werden und wo gibt es - möglicherweise - Grenzen? Anhand dieser Fragen und herausgestellt an den Beispielen der vorgeburtlichen Diagnostik und der in der Gesellschaft viel diskutierten Möglichkeit von assistertem Selbstmord unterschied Bischof Rudolf zwischen einem (auch durch Vordenker der Aufklärung geteilten) Autonomieverständnis, welches den Menschen dazu in die Lage versetzen solle, das sittlich und moralisch Richtige zu tun, und einem Autonomieverständnis "um jeden Preis", durch welches das Recht zur selbstbestimmten Entscheidung isoliert und verabsolutiert wird.

Letzterer Tendenz entgegnete der Regensburger Oberhirte, dass der Mensch nicht nur ein autonomes, sondern auch ein soziales Wesen sei, welches einerseits selber Verpflichtungen gegenüber der Gemeinschaft habe, umgekehrt aber auch Hilfe und Beistand von dieser erfahren solle - vor allem in Zeiten von Krankheit und Not. Genausowenig wie ein Patient sich in absoluter Selbstermächtigung ergehen könne, darf ebenso wenig eine Gesellschaft Druck auf hochbetagte oder auch (erb)kranke und behinderte Menschen ausüben und ihnen suggerieren, dass diese aufgrund ihrer Krankheit eine "Last" darstellten. Diesem Druck können Menschen ausgesetzt sein, wenn diese sich beispielsweise dafür entscheiden, ein (erwartbar) erbkrankes oder behindertes Kind zur Welt zu bringen (und dieses nicht abzutreiben) oder, wenn diese älter und krank sind und es ein Recht auf assistierten Selbstmord gäbe, sie sich fragen lassen müssten, warum sie dieses "Angebot" nicht annähmen. 

Letztendlich stellen laut Bischof Rudolf die weitergehenden Fragen nach der wahren Bedeutung von Autonomie auch implizit die grundsätzliche Frage, in welcher Art von Gesellschaft man leben wolle. Die Enzyklika <link http: www.vatican.va holy_father john_paul_ii encyclicals documents hf_jp-ii_enc_25031995_evangelium-vitae_ge.html _blank external-link-new-window evangelium>"Evangelium Vitae" des heiligen Papstes Johannes Paul II. zitierend, stellte er den Grundwiderspruch einer Gesellschaft heraus, welche sich zwar Werten wie der Würde der Person, der Gerechtigkeit und des Friedens verschreibe, gleichzeitig jedoch die verschiedensten Formen von Missachtung und Verletzung des menschlichen Lebens duldet, vor allem wenn es sich hierbei um schwaches oder ausgegrenztes Leben handelt.

Er plädierte deshalb am Schuss seines Vortrags für eine intensivierte "Kultur der Achtsamkeit" gegenüber der seelischen und existentiellen Not der Mitmenschen und stellte dem "Prinzip der Autonomie" das "Prinzip des Wohlwollens" zur Seite. Nur so könne der Mensch in seiner Abhängigkeit, Bedürftigkeit und Verletztlichkeit erkannt und über Methoden nachgedacht werden, die es ermöglichen, ihn nach besten Kräften zu schützen.

 

Stichwort "Regensburger Gespräche zur Medizinethik"

Bischof Dr. Rudolf Voderholzer ist der bereits vierte Referent in dieser Vortragsreihe, die 2011 vom Ethikkomitee des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder  mit einem Vortrag des Bioethikers Professor Giovanni Maio (Uni Freiburg) initiiert worden ist. Weitere Redner zu medizinethischen Themen waren in der Vergangenheit der Journalist und Jurist Professor Heribert Prantl (Sueddeutsche Zeitung) und der Psychater Professor Eckhard Frick SJ (LMU München)



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