Rabbi David Rosen würdigt Benedikt XVI.
Antisemitismus als Sünde gegen Gott
Regensburg, 18. Januar 2023.
Rabbi David Rosen hat am 3. Januar 2023 in dem Journal „Forward. Jewish, Independent, Nonprofit“ ein freundschaftliches und wohlwollendes Zeugnis für die Hochschätzung des Judentums durch Benedikt XVI. gegeben.
Rabbi Rosen erinnert in dem Beitrag, wie er in den späten 1980er Jahren Kardinal Joseph Ratzinger kennenlernte, als dieser Jerusalem besuchte. Jerusalems Bürgermeister Teddy Kollek hatte darauf hingewirkt, dass die beiden sich treffen – mit Hinweis darauf, dass seine Person tatsächlich anders sei als sie in den Medien geschildert werde. Der Rabbiner Rosen schrieb am 3. Januar: „Er hatte so recht damit.“
Einzigartige Beziehung
Joseph Ratzinger sei überhaupt ein schüchterner Mensch gewesen. Seine Tätigkeit habe dazu geführt, dass Menschen ihn als „kalt“ angesehen hätten, schreibt Rosen weiter. Rabbi Rosen unterstreicht die Tiefe des Respekts vor dem Judentum bei Kardinal Ratzinger. Nach seiner Wahl zum Papst sei Rosen Benedikt XVI. mehr als zwölf Mal begegnet. D. Rosen war bereits damals Direktor für interreligiöse Angelegenheiten im American Jewish Committee. Im Rahmen der Begegnungen habe der Papst stets die Bemühungen seines Vorgängers Johannes Pauls II. für die Beziehungen zwischen dem Judentum und der katholischen Kirche betont und auf die einzigartige Beziehung zwischen dem Christentum und dem Judentum hingewiesen, schreibt Rosen weiter. Benedikt XVI. war demnach der erste Papst überhaupt, der jüdische Amtsträger sowohl zur Beerdigung eines Papstes als auch vor allem zur Feier seiner eigenen Amtseinführung einlud.
Ablehnung des Antisemitismus
Gleich im ersten Jahr seines Pontifikats habe er zahlreiche jüdische Delegationen und namhafte Persönlichkeiten empfangen, darunter die Oberrabbiner von Israel und den Oberrabbiner von Rom. Letztmals traf D. Rosen Benedikt nach dessen Amtsverzicht im Kloster Mater Ecclesiae in den Vatikanischen Gärten. Thema des Gesprächs war die „positive Behandlung der jüdischen Schriften in der Arbeit der Päpstlichen Theologischen Kommission“. Außerdem erinnerte Rabbi Rosen in seinem Beitrag im „Forward“ kürzlich daran, dass Kardinal Ratzinger Mitglied der päpstlichen Kommission war, die das Grundsatzabkommen zwischen dem Staat Israel und dem Heiligen Stuhl ratifizierte und vollständige diplomatische Beziehungen zwischen beiden herstellte. Auf die Krisen im Zusammenhang mit dem Umfeld der Priesterbruderschaft Pius X. folgten laut Rosen Klarstellungen, die das Engagement des Vatikans für „Nostra Aetate“ betonten. Er erwähnt die „uneingeschränkte Ablehnung des Antisemitismus als Sünde gegen Gott und die Menschen und eine völlige Ablehnung der Missionierung von Juden“ im Falle Benedikt XVI. Er habe sich ausdrücklich und aufrichtig darum bemüht, die Wege seines Vorgängers weiter voranzutreiben, insbesondere was das Verhältnis zwischen Kirche und jüdischem Volk betrifft.
Rabbi im Gregoriusorden
Rabbi David Rosen ist der ehemalige Oberrabbiner von Irland und Direktor für interreligiöse Angelegenheiten im American Jewish Committee. Für seinen Beitrag zu den jüdisch-katholischen Beziehungen ernannte Papst Benedikt XVI. ihn 2005 als ersten israelischen Staatsbürger und ersten orthodoxen Rabbi zum Komtur des Gregoriusordens.
Während des Besuchs Benedikt XVI. in Regensburg 2006 stellte sich die Jüdische Gemeinde in der Luzengasse zur Verfügung, um den päpstlichen Tross zu bewirten. Das wurde dankbar angenommen. Auch waren Vertreter der Gemeinde im Hohen Dom St. Peter während der ökumenischen Vesper anwesend.
Prof. Dr. Veit Neumann, Foto: altrofoto.de