Regensburg, 7. Juli 2022
Der Patriarch der melkitischen Katholiken, Joseph I. SMSP, war im Rahmen seines ersten Deutschlandbesuches auch im Bistum Regensburg zu Gast. Wir haben mit ihm und dem für die Gläubigen in Deutschland zuständigen Priester, Mayas Abboud, gesprochen.
Wie viele melkitische Katholiken leben im Bistum Regensburg?
Pfarrer Abboud: In Deutschland leben insgesamt rund 15.000 melkitische Katholiken. Die Gemeinde der melkitischen Katholiken im Bistum Regensburg ist eine der kleinsten in Deutschland. Hier leben etwa 800 Gläubige, 300 in Regensburg selbst und 500 in Landshut.
Pfarrer Abboud: Durch die Unterstützung der katholischen Amtsträger hatte ich als Priester der Melkiten in Deutschland einen guten Start. Bischof Rudolf ermöglichte es mir, nachdem ich sechs Monate im Collegium Orientale in Eichstätt gewohnt hatte, nach Regensburg umzuziehen, wo ich seitdem wohne.
Aus welchen Ländern stammen die meisten Gläubigen?
Pfarrer Abboud: Die Gläubigen in Deutschland kommen aus Syrien und dem Libanon, aus dem Irak, Israel und Jordanien – aus allen Ländern im Orient.
Wie sieht deren seelsorgliche Betreuung hier aus?
Patriarch Joseph I. SMSP: Pfarrer Mayas Abboud ist alleine für alle Gläubigen in Deutschland zuständig. Jede Woche besucht er eine andere Diözese, um mit den Gläubigen dort die heilige Messe zu feiern. Seinen Hauptwohnsitz hat Pfarrer Abboud in Regensburg, weil Bischof Rudolf die Melkiten sehr unterstützt.
Sollen für die Seelsorge der melkitischen Katholiken noch mehr Priester eingesetzt werden? Wie könnte das umgesetzt werden?
Patriarch Joseph I. SMSP: Wir arbeiten mit den katholischen Hierarchen zusammen, um einen Weg zu finden, mehr melkitische Priester in Deutschland einzusetzen. Mit meinem Besuch möchte ich deutsche Melkiten dazu ermutigen, zu prüfen, ob sie eine Berufung zum Priestertum verspüren.
Die melkitisch griechisch-katholische Kirche hat Exarchate in Argentinien, Australien, Brasilien, Kanada, Mexiko, USA und Venezuela. Könnte auch hierzulande bald ein Exarchat entstehen?
Patriarch Joseph I. SMSP: Das kann ich derzeit nicht beantworten. Wir möchten eine eigene Struktur in Zusammenarbeit mit der lokalen Kirche errichten – ob das ein melkitischer Bischof oder ein Exarch in Deutschland sein wird, wird sich zeigen. Der Zweck unseres Besuchs ist, die seelsorgliche Betreuung weiterzuentwickeln.
Sowohl im Libanon als auch in Syrien wächst der Anteil der Muslime, immer mehr Christen verlassen den Nahen Osten. Papst Franziskus hat sich besorgt gezeigt, dass das christliche Leben dort ausstirbt, wo es seinen Ursprung hat. Wie kann das christliche Leben im Nahen Osten gerettet werden?
Patriarch Joseph I. SMSP: Ich habe lange versucht, unsere Gläubigen zu überzeugen, ihre Heimat nicht zu verlassen. Aber die wirtschaftliche und humanitäre Situation hat sich in den beiden Ländern enorm verschlechtert.
Europa muss tun, was es kann, um Stabilität im Libanon und in Syrien herzustellen. Gebt uns den Frieden! Wenn es keine stabile Regierung und Wirtschaft gibt, können die Menschen nicht länger dort leben. Deswegen muss der Friede sobald wie möglich erreicht werden. Dafür müssen alle Kompromisse in Betracht gezogen werden.
Eine erste Maßnahme, um mehr Stabilität herzustellen, wäre die Aufhebung der Sanktionen gegen das syrische Regime. Die Sanktionen belasten die bereits notleidende Bevölkerung, aber ändern nichts an der politischen Situation. Wir können nichts gegen den Exodus der Christen tun, wir können ihnen nur helfen, hier ein neues Leben zu beginnen, aber dennoch ihren Glauben und ihre Traditionen zu bewahren und so ein bereicherndes Element zur vielseitigen und großartigen Kultur in Deutschland darzustellen.
Interview: Veronika Wetzel
Titelbild: Carl Prämassing