News Bild „Das Thema Genießen und Verschwenden schwebt in vielen Diskursen mit, wird aber nie separat erörtert“ – 75 katholische Stipendiaten des Cusanuswerks lassen sich in Haus Werdenfels philosophisch verführen

„Das Thema Genießen und Verschwenden schwebt in vielen Diskursen mit, wird aber nie separat erörtert“ – 75 katholische Stipendiaten des Cusanuswerks lassen sich in Haus Werdenfels philosophisch verführen

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„Er führte ein erfülltes Leben.“ Oft hören wir diesen Satz. Was aber ist damit gemeint? Diese Frage stellte Prof. Dr. Christoph Horn von der Universität Bonn im Rahmen eines Vortrages zum Hedonismus vor rund 75 Stipendiatinnen und Stipendiaten des Cusanuswerks, die bis Anfang September im Diözesan-Exerzitienhaus Werdenfels in Nittendorf bei Regenburg tagten. Während der Ferienakademie gingen die Studierenden aus ganz Deutschland dem Phänomenen Genuss und Verschwendung als Lebensäußerung des Menschen nach. Das Cusanuswerk ist eines der 13 Begabtenförderungswerke in der Bundesrepublik Deutschland. Als Einrichtung der katholischen Kirche vergibt es staatliche Stipendien an derzeit über 1000 katholische Studierende aller Fachrichtungen für die Zeit ihres Studiums und ihrer Promotion

 

Das Qualitativere bevorzugen

Hedonismus ist allgemein das Streben nach Genuss als Lebensziel. Genüsse können aber nach den verschiedensten Kriterien kategorisiert werden. Prof. Dr. Horn stellte unter anderem die Lehre des antiken Philosophen Epikurs vor, wonach nur die qualitative Steigerung des Genusses ein nachhaltiger und erstrebenswerter Genuss ist. Es entspräche der Wesensnatur des Menschen, das „Qualitativere“ zu bevorzugen.

Aber genießen wir klassische Konzerte, anspruchsvolle Literatur und hochwertigen Wein wirklich mehr als eine einfache Pizza, ein Fußballspiel und das Bier mit Freunden? Ist dies nicht eher eine Frage des sozialen Milieus als eine Frage nach dem wahren Genuss?

 

Antike Philosophie, mit Freuden ein paar Bier

Philipp Fuhrmann, Theologiestudent in Rom, antwortete: „Auch die kleinen Freuden des Lebens erheitern den Alltag und das Leben jedes Menschen. Ich genieße es mich mit antiker Philosophie zu beschäftigen und danach mit Freuden ein paar Bier zu trinken. Diese Balance macht für mich ein erfülltes Leben aus.“ Anschließend stellte Prof. Horn die Teilnehmer der Ferienakademie vor ein Gedankenexperiment des Philosophen Robert Nozick. Sie sollten sich vorstellen, es gäbe eine Erlebnis-Maschine, an die man sein ganzes Leben angeschlossen werden könnte, damit diese unser Gehirn in einer Weise stimuliert, dass man nur noch Genuss und Glück erfährt. Er fragte dann, ob die Stipendiaten ein Leben an dieser Maschine vor dem wirklichen Leben vorziehen würden. „Indem man sich in einen irrealen Zustand versetzen lässt, gibt man die Möglichkeit auf, nach Glück zu streben, man verliert die Freiheit auf Selbstbestimmung und auch die Freiheit, sein Leben zu verschwenden“, fasste Carolin Hillenbrand aus Mainz die überwiegende Meinung des Plenums zusammen: „Deshalb würde ich mich nicht für das fiktive, aber glückliche Leben, sondern für ein riskantes, aber reales Leben entscheiden. Zu einem erfüllten Leben gehört das Überwinden von Schwierigkeiten.“

 

Drängt sich die Frage nach dem Nutzen auf

Wenn ein katholisches Begabtenförderungswerk eine Ferienakademie zum Thema „Genießen und Verschwenden – eine philosophische Verführung“ veranstaltet, drängt sich die Frage nach dem Nutzen auf. Gibt es keine dringenderen Probleme auf dieser Welt als über den Genuss zu philosophieren? „Die Aufgabe von Förderwerken ist es unter anderem auch immer wieder Plattformen zur Reflektion zu schaffen“, wendet Lukas Werner, Student der Europastudien aus Magdeburg ein: „Das Thema Genießen und Verschwenden schwebt in vielen Diskursen mit, wird aber nie separat erörtert. Setzt man voraus, dass jeder Mensch nach einem erfüllten und glücklichen Leben strebt, ist es interessant zu reflektieren, was das überhaupt bedeutet.“

Danach gefragt, was die Stipendiatinnen und Stipendiaten am meisten in ihrem Leben genießen, war von Aufenthalten in der Natur und fernen Reisen über Zeit mit Freunden und der Familie, guter Literatur und dem Ausschlafen eine Bandbreite an Antworten vertreten. Auch die Zeit der Ferienakademie, die die Möglichkeit zum interdisziplinärer Austausch, fächerübergreifender Fortbildung und Auseinandersetzung mit Glauben und Kirche bietet, wird als große Bereicherung im Studienalltag geschätzt. Carolin Hillenbrand dazu: „Über den Tellerrand schauen, eigene Positionen hinterfragen und stärken und dabei Freundschaften fürs Leben schließen, all das ist natürlich auch im Alltag möglich. Auf den Ferienakademien kann ich entschleunigen und mich genau auf diese Dinge einlassen. Für mich ist das eine große Bereicherung!“



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