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Zu Gast im Bistum Regensburg: Noha Roukoss von Caritas Beirut

Hilfe für Arbeitssklavinnen im Libanon

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Regensburg, 16. Oktober 2023

Im Oktober 2023 feiert die katholische Kirche den Weltmissionsmonat, am 22. Oktober den Weltmissionssonntag. Das katholische Hilfswerk Missio rückt 2023 unter dem Leitwort „Ihr seid das Salz der Erde“ (Mt 5,13) Christinnen und Christen in Syrien und im Libanon in den Vordergrund. Derzeit ist FrauNoha Roukoss von Caritas Beirut zu Gast in Regensburg und informiert über ihre Arbeit gegen den modernen Menschenhandel in ihrem Land.

Die 45-jährige Noha Roukoss sieht jeden Tag das Leid der Flüchtlinge und Arbeitsmigrantinnen im Libanon. Seit 2000 arbeitet sie für die Caritas Libanon als Expertin zu Fragen von Migration, Menschenhandel und Menschenrechten. Da ist etwa das Schicksal der Hausangestellten: täglich werben zwielichtige Agenturen in Ländern Afrikas und Asiens Frauen für die Arbeit in den Haushalten gutgestellter Libanesen an. Man geht davon aus, dass im Libanon bis zu einer halben Million Frauen dort arbeiten. Für die meisten jedoch wird der Traum, gutes Geld zu verdienen und die Familie in der Heimat zu unterstützen, zum Alptraum, denn: Das Kafala-System ist unmenschlich und endet für manche erst mit dem Tod. Selten werden überhaupt Gehälter gezahlt. Die Beziehung zwischen Arbeitgeber und Angestellten sind von Gewalt geprägt. Die Arbeitsleistung wird auf der Basis von 24/7 erbracht. Das heißt: Jede Stunde eines Tages siebenmal in der Woche zur Verfügung stehen. Das erschwert auch die Arbeit von Caritas Beirut, denn die Frauen verlassen so gut wie nie das Haus und man weiß gar nicht, wo überall diese „Arbeitssklavinnen“ stecken, berichtet Noha Roukoss.

Sensibilisierung in den Herkunftsländern

Den Frauen wird in ihrer Heimat versprochen, im Libanon als Lehrerinnen, Erzieherinnen im Kindergarten, als Zimmermädchen in Hotels oder als Pflegekraft im Krankenhaus arbeiten zu können. Was sie tatsächlich erwartet ist die Arbeit als „Haussklave“. Weil viele Frauen alle Brücken zur Heimat abgebrochen, ihr Land verkauft haben und darüber hinaus in Scham leben, als Verliererin nach Hause zurückzukehren, fügen sie sich ihrem Schicksal. Zwar hat der Libanon 2011 ein Gesetz zum Menschenhandel in Kraft gesetzt und es gibt verschiedene Absprachen zur Umsetzung – die Regierung aber stellt kein Geld zur Verfügung, um die Opfer nach ihrer Flucht zu unterstützen und vermittelt direkt an die Caritas, die wiederum aus ihren eigenen Geldern die Hilfe für die Frauen umsetzt. Neben der psychosozialen Betreuung der Frauen unterhält die Caritas 3 Frauenhäuser, in denen jeweils 15, 70 und 80 Frauen aufgenommen werden können. Schon bereits in den Heimatländern der vermeintlichen Opfer versucht die Caritas die Menschen für den Menschenhandel zu sensibilisieren. Sie informiert, warnt und gibt die Adressen der Anlaufstellen der Caritas im Libanon weiter. Das Ziel der Caritas ist es, dass diese Frauen unter normalen und menschlichen Arbeitsbedingungen und mit ordentlichen Arbeitsverträgen einer Tätigkeit nachgehen können. Dann, so Noha Roukoss, wäre die Arbeit der Caritas nicht mehr notwendig.

Das Caritas-Zentrum für Geflüchtete und Arbeitsmigrantinnen in Beirut ist feste Anlaufstelle für Arbeitsmigrantinnen, die jeden Tag in libanesischen Haushalten ausgebeutet, misshandelt und vergewaltigt werden. Fliehen diese Betroffenen aus ihrem Martyrium, sind sie fortan illegal im Land, da die Arbeitgeber ihnen als „Bürge“ (arabisch „Kafil“) alle Papiere genommen haben. In den Schutzhäusern der Caritas kommen die Frauen unter. Sie erhalten medizinische und psychologische Hilfe sowie rechtliche Unterstützung auf ihrem Weg, wieder nach Hause zu gelangen. Ein Team ist für die Traumatisierten da. Auch in der Nacht, wenn manche von ihnen schreiend aus ihren Alpträumen erwachen. Zuwendung erfahren auch Kinder der Frauen, und die Möglichkeit, den Kindergarten und die Schulklassen im Frauenhaus zu besuchen.

Mit Blick auf die Unruhen zwischen Jerusalem und Palästina erzählt Noha Roukoss, dass die Menschen im Libanon die Situation mit großer Sorge und Angst verfolgen. Caritas Libanon bereitet sich logistisch schon darauf vor, größere Gruppen von Flüchtlingen aufzunehmen. „Man kann nur beten. Beten auch Sie für uns und die Menschen“, so ihre Bitte an die deutsche Bevölkerung.

Noha Roukoss

Noha Roukoss firmiert aktuell als „Portfolio Manager - Protection“ der Caritas Libanon und bringt über 20 Jahre Erfahrung als Expertin für Flucht, Migration und Menschenhandel mit. Sie führte sie im Libanon und in den Herkunftsländern (Philippinen, Nepal, Bangladesch, Äthiopien) durch; auch entwickelte sie Standardarbeitsanweisungen für Ministerien und die Justiz; seit 2008 publiziert sie zudem regelmäßig zum Thema Menschenhandel und Migration und entwickelt Medienkampagnen. Ihre Schwerpunkte ist die Stärkung der Rolle der Frau. Sie ist gefragt für öffentliche Reden und die Pflege der internationalen Beziehungen der Caritas Libanon.

Text und Fotos: Jakob Schötz

(jas)



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