News Bild Weihbischof Dr. Josef Graf feiert Gedenkmesse für katholische Widerstandskämpfer

Weihbischof Dr. Josef Graf feiert Gedenkmesse für katholische Widerstandskämpfer

„Mut zum Glauben und zur Kirche zeigen“

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Regensburg, 8. September 2024

„Gerne habe ich die Einladung angenommen, mit ihnen einen Gottesdienst im Rahmen ihres Gedenkens an die Opfer des Widerstandes gegen die NS-Diktatur zu feiern“, so begrüßte Weihbischof Dr. Josef Graf am Sonntagmittag die Messbesucher in der Regensburger Karmelitenkirche St. Josef. Die Genossenschaft katholischer Edelleute in Bayern e.V. (GkE) hatte zu diesem Gedenken eingeladen, da sich die Hinrichtung von Max Ulrich Graf von Drechsel (1911-1944) und Ludwig Freiherr von Leonrod (1906-1944) heuer zum 80. Male jährte.

Beide Offiziere waren Mitglieder der GkE, von Drechsel auf Burg Karlstein in der Oberpfalz zu Hause, von Leonrod in München. Mit dem Lied „Von guten Mächten“, dessen Text aus der Feder des Theologen und Widerstandskämpfers Dietrich Bonhoeffer (1906-1945) stammte, der zwar nicht katholisch, adlig und aus Bayern kam, wurde sozusagen ein Bogen über aller Männer und Frauen christlichen Glaubens gespannt, die aus dem Glauben heraus in den Widerstand gegen das Unrechtssystem gegangen waren.

„Der Glaube kommt vom Hören“

In seiner Predigt legte Weihbischof Dr. Josef Graf das Sonntags-Evangelium (Markus 7,31-37) aus und schlug dabei auch eine Brücke zum Gedenken an die Opfer des Widerstandes gegen die NS-Diktatur. Mit der Heilung des Taubstummen durch Jesus und sein Ruf „Effata“ sei es nicht nur um die Heilung der physischen Taubheit gegangen. Papst Benedikt XVI. habe bei seinem Bayernbesuch am 10. September 2006, als das gleiche Evangelium verkündet wurde, auch eine „Taubheit des Menschen für Gott“ beklagt. Wir müssten wieder, so der Weihbischof, hörfähig für das Wort Gottes werden. Die Männer und Frauen des Widerstandes vor 80 Jahren hätten den Mut gefunden, aus ihrem christlichen Glauben heraus, in Opposition zum herrschenden Regime zu treten. Sie könnten uns Vorbild auch heutzutage sein, „ein offenes Auge und ein offenes Ohr für die Entwicklungen und Vorgänge in unserer modernen Welt und auch in unserer gegenwärtigen Gesellschaft“ zu haben.

„Glaube und Kirche sind nicht trennbar“

Deshalb rief der Weihbischof in seiner Predigt die Anwesenden dazu auf, treu zum Glauben und zur Kirche zu stehen, da das Schlagwort der 60er und 70er Jahre, „Jesus Ja – Kirche Nein!“, eben nicht Recht habe. Es sei sicher nicht immer leicht, in unserer Zeit zur katholischen Kirche zu stehen, den Glauben in Familie und Arbeitswelt aktiv zu bekennen, aber auch hier könnten uns die christlichen Bekenner der 30er und 40er Jahre wieder ein großes Vorbild sein. Er legte den Gläubigen einen Satz aus der Lesung aus dem Buch des Propheten Jesaja ans Herz: „Sagt den Verzagten: Seid stark, fürchtet euch nicht. Seht, Euer Gott!“ (Jesaja 35,4)

Älterer feiner Herr am Ambo

Der erste Präsident der GkE, Franz Josef Freiherr von der Heydte, gab einen Überblick über die unterschiedlichen Gruppierungen und Richtungen im Widerstand gegen das NS-Regime. © Carl Prämaßing

„Wie lebt Geschichte in uns fort?"

Unter diesem Titel fand am Nachmittag dann im Kolpinghaus ein Podiumsgespräch statt, das vom 1. Präsidenten der GkE, Franz Josef Freiherr von der Heydte, moderiert wurde und das nicht nur als Gedenkveranstaltung an die Opfer des Widerstandes gedacht war, sondern als „Nachspüren, was ein historisches Geschehen für unser Land, für unsere Gesellschaft und für uns selbst bedeutet und unter Umständen bewirkt.“ Das Podium setzte sich zusammen aus Nachkommen der führenden Männer des 20. Juli 1944, Sophie Freifrau von Bechtolsheim, eine Enkelin von Claus Schenk Graf von Stauffenberg (1907-1944), Cajetan Freiherr von Aretin, sowohl Enkel des Publizisten Erwein Freiherr von Aretin (1887-1952) als auch des Offiziers Henning von Tresckow (1901-1944), sowie Lidwine Gräfin von Preysing-Lichtenegg-Moos, die sich publizistisch mit dem Thema Adel in Bayern beschäftigt und eine Großnichte des Berliner Bischofs Konrad Kardinal Graf von Preysing (1880-1950) ist. Neben Weihbischof Dr. Josef Graf, Verlegerin Elisabeth Pustet und Alt-Äbtissin M. Petra Articus OCist vom Kloster Seligenthal konnten auch Prinz Christoph und Prinzessin Gudila von Bayern in Vertretung des GkE-Schirmherren Herzog Franz von Bayern im Kleinen Saal des Kolpinghauses begrüßt werden.

„Der Widerstand hatte viele Gesichter“

Franz Josef Freiherr von der Heydte gab zu Beginn des Podiumsgespräches einen Überblick über die unterschiedlichen Gruppierungen und Richtungen im Widerstand gegen das NS-Regime. Neben dem militärischen, gewerkschaftlichen und monarchistischen Widerstand richte er auch den Blick auf den medialen und kirchlichen. Der Münchener Journalist Fritz Gerlich (1883-1934) hatte mit seiner Zeitschrift „Der gerade Weg“ schon frühzeitig auf den Nationalsozialismus und seine Unvereinbarkeit mit dem Christentum hingewiesen, was ihn bereits ein Jahr nach der Machtergreifung das Leben kostete. Fürst Erich von Waldburg-Zeil (1899-1953) hatte schon vorher Gerlichs publizistische Tätigkeit finanziell unterstützt. Der kirchliche Widerstand hatte in Bayern mit Konrad Graf von Preysing, erst Bischof von Eichstätt, dann von Berlin, das „schärfste intellektuelle Schwert des kirchlichen Widerstandes, schärfer als Bischof Clemens August Graf von Galen in Münster“. Im Podiumsgespräch kamen nicht nur die drei erwähnten Podiumsteilnehmer zu Wort, sondern auch aus dem zahlreich erschienen Publikum kamen interessante Gedanken oder auch historische Details aus der eigenen Familiengeschichte.

Will man die Gedanken dieses Sonntagsnachmittages zusammenfassen, auch im Blick darauf, was uns heute das Gedenken an die Männer und Frauen des 20. Juli 1944 lehrt, dann kann man dies so formulieren: Wir sind berufen zur Freiheit, den Ruf des Gewissens ernst zu nehmen und Verantwortung zu übernehmen. Wichtig ist es, bereits in der Erziehung dem jungen Menschen einen Wertekanon und Herzensbildung zu vermitteln.

Text und Fotos: Carl Prämaßing

(SG)



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