News Bild "Warum Fremdes Angst machen kann" - Interkultureller Studientag zur Flüchtlingshilfe

"Warum Fremdes Angst machen kann" - Interkultureller Studientag zur Flüchtlingshilfe

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"Warum Fremdes Angst machen kann... und wie Integration gelingt."

Seit der Silvesternacht diesen Jahres hat sich die Diskussion um die Flüchtlingshilfe gewaltig verändert. Hartes Durchgreifen auf der einen, Hysterie auf der anderen Seite.

Wie sieht es in jedem von uns selbst aus? Das alte Gebet eines chinesischen Christen lautet "Herr, erwecke deine Kirche und fange bei mir an." In diesem Sinne wollen wir bei uns selber anfangen und nachspüren, wie viel Fremdenfeindlichkeit in einem jeden von uns steckt. Nur wer die Grundlagen kennt, kann der Feindlichkeit entgegen wirken - bei sich selber und bei anderen.

Machen Sie mit beim interkulturellen Studientag der Diözese Regensburg! Alle ehren- und hauptamtlich Engagierten und alle Interessierten sind herzlich zu diesem zweiten Studientag des Bistums am 30. April 2016 eingeladen.

 

 

 

Was erwartet mich beim Studientag?

Zum Programm gehören Vorträge und Seminare rund um Integration, Fremdenfeindlichkeit und Interkulturelle Handlungskompetenz. Unter anderem ein Crashkurs in Integrationspsychologie. Er geht Fragen nach wie "Wie ensteht Fremdenfeindlichkeit? Wie kann sie überwunden werden?"

Außerdem werden zahlreiche Workshops angeboten. In diesen lernen Sie zum Beispiel

  • wie Sie mit fremdenfeindlichem Verhalten richtig umgehen
  • was es ist, was wir Deutschen als "fremd" erachten
  • wie erfolgreiche soziale Integration mit psychologischen Strategien funktioniert.

Der <link file:8827 download flüchtlingshilfe im bistum>Anmeldeflyer zur Veranstaltung informiert über das genaue Programm. Anmeldeschluss ist am 18. April.

Was bedeuten die Ereignisse der Silvesternacht in Köln für die Flüchtlingsarbeit?

Über die "gekippte Stimmung" - und was jetzt zu tun ist

Ein Beitrag von Christina Engl, Pastoralreferentin und Referentin für Flüchtlingsarbeit im Referat Gemeindecaritas Regensburg.


Die Silvesternacht in Köln hat die politische und gesellschaftliche Stimmung in Deutschland verändert. Aber hat sich auch die Flüchtlingsarbeit gewandelt? Das Engagement der Haupt- und Ehrenamtlichen, der Pfarreien, der Religionslehrerinnen und Religionslehrer?

Die wichtigste Nachricht vorneweg: die Engagierten sind noch da. Es wird nach wie vor gespendet, die Hilfsbereitschaft hat nicht nachgelassen, kein Helferkreis hat das Handtuch geworfen. Aber dennoch hat sich etwas durchgesetzt, eine zentrale Erkenntnis, und sie lautet: "Wir müssen reden". Über Religionen und Kulturen. Über Risiko-Situationen. Und über Rassismus.

Wir müssen über Religionen und Kulturen reden

Flüchtlingsarbeit ist interkulturelle Arbeit, immer schon. Wenn Menschen verschiedener Kulturen aufeinander treffen, gibt es Irritationen, und je weniger man voneinander weiß, desto schwieriger wird es. Wir müssen lernen, wer da zu uns kommt, welches Denken und Verhalten diese Menschen geprägt hat und inwieweit dieses Denken und Verhalten zu tun haben mit Religion, Geschichte, Politik, Kultur. Hier dürfen wir über unseren Tellerrand schauen, uns überraschen lassen und Neues lernen. Aber wir müssen auch die dunklen Ecken ausleuchten, in denen aus den "Irritationen" handfeste Probleme und Konflikte werden.

Wenn wir über den Islam reden, werden wir feststellen, dass er eine bunte und vielfältige Religion ist. Vieles wird in den Diskussionen seit Silvester vergessen: Zum Beispiel, dass der Islam fast überall Alkohol verbietet. Oder dass in der islamischen Überlieferung auch folgende Sätze dem Propheten zugeschrieben werden: "Der Beste unter euch ist derjenige, der seine Frau am besten behandelt" oder "Wer seine Tochter gut aufzieht und ihr eine gute Bildung und Erziehung angedeihen lässt, erwirbt dadurch das Paradies."

Und selbstverständlich werden wir immer, wenn wir über Religionen und Kulturen reden, auf die berechtigte Erkenntnis stoßen, dass gewalttätige, diskriminierende, intolerante Ausformungen von Religiosität niemals echte Religiosität sind.

Und dennoch: Wir erleben in Deutschland, dass Gewalt, Diskriminierung, Intoleranz, Antisemitismus religiös begründet werden. Dann haben wir ein Problem - auch mit dem deutschen Grundgesetz. Über dieses Problem müssen wir reden. Wir erleben, dass laut einer Studie 25% der männlichen arabischen Jugendlichen einem gewaltlegitimierenden Männlichkeitsideal zustimmen. Darüber müssen wir reden.

Ist das nun vor allem ein Problem? Wenn wir über Religion und Kultur reden dürfen und müssen, dann selbstverständlich auch über die eigene. Flüchtlingshelfer berichten immer wieder, dass ihnen im Kontakt mit den Asylbewerbern klar wird, welche Werte, Rituale, Verhaltensweisen unserer Kultur, unserer Religion ihnen so ans Herz gewachsen sind, dass sie sie in jedem Fall verteidigen und bewahren wollen. Bisher Selbstverständliches - von der deutschen Pünktlichkeit bis hin zu den Kerngedanken unseres Grundgesetzes und den Eckpfeilern unseres Glaubens - muss plötzlich erklärt und reflektiert werden. Und somit führt uns Flüchtlingsarbeit auch zurück zu unserer Kultur und unserer Religion. Hier liegt eine Chance. Papst Franziskus formuliert sie in seiner Botschaft zum Welttag des Flüchtlings 2016 in einer Frage: "Wie kann man diesen Wandel leben, dass er (...) Gelegenheit für ein wahrhaft menschliches, soziales und spirituelles Wachstum wird und dabei jene Werte respektiert und gefördert werden, die den Menschen immer mehr zum Menschen werden lassen in der rechten Beziehung zu Gott, zu den anderen und zur Schöpfung?"

Es gibt viel zu lernen - freuen wir uns darauf!

Wir müssen über Risiko-Situationen reden

Wir müssen über Religionen und Kulturen reden. Aber sie erklären nicht alles. Weit mehr als Herkunft und Religion eint die Flüchtlinge die Situation, in der sie sich befinden: sie alle haben die Heimat verlassen und Familie, Freunde, soziales Umfeld verloren. Die meisten haben Schlimmes erlebt, im Heimatland und auf der Flucht. Hier in Deutschland stehen sie sozial ganz unten. Die Zukunft ist ungewiss, ohne Arbeit und ohne Wohnung leben die Menschen in viel zu beengten Verhältnissen. Wer Ausgrenzung und Ablehnung erlebt, reagiert häufig mit einem Verhalten, das dann wieder als problematisch erlebt wird - ein Teufelskreis. Das alles ist purer Zündstoff. Hier ist intensivste Betreuung notwendig und ich kann nur appellieren und hoffen, dass alle zuständigen Stellen diese Notwendigkeit erkennen. Es wird viel zu wenig gesehen, dass das Engagement der Flüchtlingshelfer auch enorme gesellschaftliche und präventive Bedeutung hat. Ich bin überzeugt, dass überall dort, wo die Geflüchteten Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner haben, viele Wogen von vornherein geglättet werden.

Wir müssen darüber reden, was Rassismus ist

Wer Probleme und mögliche Risiken benennt, ist kein Rassist.

Auch wer ab und an in die Falle "stereotypes Denken" tritt, ist deshalb nicht gleich ein Rassist.

Aber wir erleben gerade eine Welle von Fremdenfeindlichkeit, die beängstigend ist, und zwar wirklich überall, in Pfarreien, Schulen, am Arbeitsplatz. Was ist hier los? Was bringt Menschen dazu, die eigene Kultur (oder das, was sie dafür halten) für überlegen zu erklären? Was davon ist Angst und Überforderung und was davon schon gruppenbezogener Menschenhass? Und wie kann man hier gegensteuern? Hier sind Mut und Zivilcourage gefragt und manchmal die klare Ansage: "Okay, wir können unterschiedlicher Meinung sein, aber ich will in meiner Gegenwart keine menschenfeindlichen Aussagen".

Der Auftrag Christi - "Ich war fremd und obdachlos und ihr habt mich aufgenommen" (Mt 25,35) - war vermutlich noch nie einfach. Christus fordert uns heraus, unsere Komfortzone zu verlassen. Das Flüchtlingsthema ist kein Wellnessthema. Es bringt uns durcheinander, es beunruhigt - und rüttelt wach.



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