News Bild Verlag Schnell & Steiner

Verlag Schnell & Steiner

Verleihung Kulturpreis „Kunst und Ethos“

Home / News

Regensburg, 27. November 2024

Zum Ende seines 90-jährigen Jubiläums unter dem Motto „90 Jahre Kunst und Kultur“ hat der Verlag Schnell & Steiner in der Galerie St. Klara seinen Kulturpreis „Kunst und Ethos“ verliehen. Diesen erhielt der in Berlin lebende Fotokünstler Benyamin Reich. Der Ehrenpreis für sein Lebenswerk ging an den Künstler und Seelsorger Pfarrer Josef Roßmaier, der aus Schierling stammt und von 1968 bis 2004 Seelsorger in Pfeffenhausen war und seither im Ruhestand ist.

Auf den denkwürdigen Tag, den 24. November, machte Geschäftsführer Felix Weiland in seiner Begrüßung aufmerksam. Denn am 24. November 1933 erfolgte die Gründung des Verlages. Ebenso erinnerte er an die im Jahr 2009 initiierte Verleihung des Kulturpreises „Kunst und Ethos“. „In diesen 91 Jahren haben wir viel Hilfe und Unterstützung erfahren“, dankte Weiland neben den Kuratoriumsmitgliedern den Mitarbeitern, Autoren, Lesern und Freunden des Verlages. Alle hätten zur „Entwicklung zum heutigen Unternehmen“ mit beigetragen. Der Kulturpreis sei zwar überkonfessionell und weltanschaulich neutral, habe aber das christliche Menschenbild und die damit verbundenen Werte als Basis. Vor dem Hintergrund des zu Ende gegangenen Jubiläumsjahres verleihe der Verlag zum zweiten Mal den Ehrenpreis für das Lebenswerk eines Künstlers. Weiland freute sich über die Präsenz vieler Gäste aus Politik, Kirche und Kunst. Sein Dank galt den Mitgliedern des Kuratoriums, den Laudatoren und dem „Uni Jazz Combo“ für die musikalische Begleitung.

Bruch- und Verbindungslinien mit Fotografie dokumentieren

Die Laudatio auf den Träger des Kulturpreises „Kunst und Ethos“ Benyamin Reich hielt Prof. Dr. Christoph Wagner, Ordinarius für Kunstgeschichte an der Uni Regensburg. „Ethos“ verband der Laudator mit dem Zeigen und Einstehen von Haltung, vor allem „wenn man herausgefordert ist, sich aus innerer Überzeugung zwischen die Demarkationslinien der Moral des gesellschaftlich Überlieferten und Üblichen zu bewegen“, so Wagner. Mit Blick auf die Entwicklungen seit dem Terroranschlag der Hamas am 7. Oktober 2023 sei die Würdigung Reichs, der aus Israel stammt, nicht einfacher. „Die Polarisierung der Gesellschaft hat die Kunst längst erfasst“, erläuterte der Laudator einleitend. „Ethos beschreibt eine Haltung, die oft selbst komplex und manchmal auch widersprüchlich auf komplexe und widersprüchliche Herausforderungen reagiert“, konkretisierte Wagner. Er skizzierte kurz die Vita des im Jahr 1976 in einer Rabbinerfamilie in einer ultraorthodoxen chassidischen Gemeinde nahe Jerusalems in Bnei Brak geborenen Preisträgers, der aus dem von den Eltern vorgezeichneten Lebensweg ausbrechen wollte. In den USA, wohin ihn sein Vater in eine Religionsschule schickte, begann Reichs Abwendung vom jüdisch-orthodoxen Leben. Dafür entwickelte er sich zum „fotografischen Grenzgänger zwischen den Welten“. Zurück in Israel besuchte er 1992/93 die Musrara School of Photography in Israel, von 1998 bis 2000 absolvierte er in Paris die Künstlerausbildung in verschiedenen Bereichen der Zeichnung und Malerei.

Ab 2002 beschäftigte er sich wieder in Jerusalem mit den Möglichkeiten des Bewegtbildes im Film und studierte an der Bezalel Academy of Art and Design. Seit 2009 lebt und arbeitet Benyamin Reich in Berlin, „um sich selbst zu finden“, wie er in einem Interview erwähnte. „Dieser Bruch beschreibt sicherlich die tiefste biografische Zäsur im Leben von Benyamin Reich. Und dennoch gehört es zum Ethos seiner Kunst, dass er dieser familiären, kulturellen und religiösen Tradition bis heute fotografierend nahe geblieben ist. Bild für Bild erkunden seine Fotografien die Bruch- und Verbindungslinien dieser biografischen Zäsur“, führte Wagner aus. Menschen aus dem Familien- und Freundeskreis, die jüdische Lebenswelt und auch die Religion bringt er mit der Kamera ins Bild – trotz zum Teil einem schwierigen Verhältnis zu diesen Bereichen. Wagner sprach von einem „ebenso komplexen wie fast lautlosen, verborgenen Storytelling“. In der Serie „Halle“ setzte sich Reich mit dem Anschlag auf die Synagoge in Halle am 9. Oktober 2019 auseinander, in der Fotoserie „Imagine“ inszenierte er fiktive Begegnungen zwischen jüdischen Menschen und Nazi-Figuren – in seinen Bildern geht es ihm um „Weite, Widersprüche und Ästhetik“, zitierte der Laudator den Preisträger. Margot Friedländers Worte „Seid Menschen“ seien auch Reichs Appell als Angehöriger der dritten Generation nach dem Holocaust „an uns und seine israelitischen Mitbürger“, so Wagner abschließend.

„Die Welt in ihrer Schönheit einfangen“

Nach der Laudatio las Felix Weiland den Text der Urkunde vor und überreichte diese an Reich. Die Bedeutung von Dankbarkeit und Anerkennung – auch in grundlegenden jüdischen Begriffen und Gebeten – nannte Reich in seinen Dankesworten. „Das ist eine Eigenschaft, die wichtig für den Umgang mit der Welt ist. Der Geehrte ergänzte die Begriffe Wahrheit und Schönheit, seine Fotokunst sei „Werkzeug, um die Vielfalt der Perspektiven für die Welt einzufangen“, so Reich. Jedes Bild drücke das Schöne, aber auch das Schwere, ja die Konflikte darin aus. Die Fotografie sei zudem ein Medium, das nicht nur kommentiert, sondern auch inspiriert. Die Auszeichnung mit diesem Preis sei für ihn auch Ermutigung, seinen Weg fortzusetzen, „die Welt in ihrer Schönheit einzufangen und neue Perspektiven zu eröffnen“.

„Bereitschaft, sich wandeln zu lassen“

Mit drei künstlerischen Aspekten würdigte Dr. Maria Baumann, Diözesankonservatorin und Leiterin der Abteilung Kunst und Denkmalpflege im Bistum Regensburg, den Empfänger des Ehrenpreises für sein Lebenswerk, den Künstler und Seelsorger Josef Roßmaier. Als Fotokünstler, spirituellen Lyriker und passionierten Kunstsammler stellte sie ihn zu Beginn ihrer Laudatio vor. Der 1933 in Schierling geborene Preisträger wurde im Jahr 1958 zum Priester geweiht und war von 1968 bis 2004 Pfarrer in Pfeffenhausen. Seither verbringt er seinen Ruhestand in Rainertshausen „in seinem Haus, in dem Kunst eine Heimat hat und auch heute noch täglich neu geschaffen wird“, erläuterte Baumann und verwies auf einige Ausstellungen mit Roßmaiers Werken. Als digitaler Fotokünstler nehme er „mit der Kamera in der Hand (…) die Dinge in ihrer schlichten Schönheit wahr“, erklärte Baumann. Diese Moment-Aufnahmen bzw. Augen-Blicke „nimmt Josef Roßmaier in einer beeindruckenden Tiefe auf, im Sehen und Einfühlen. Und er verwandelt die Aufnahmen am Computer, entlockt ihnen in ihrem Farbspektrum eine nahezu transzendente Wahrheit“, eine innere Wahrheit hinter den Bildern, ein göttliches Ahnen, so die Laudatorin. Ein zentrales Thema in Roßmaiers Schaffen sei der Wandel. „Glaube, Kunst und Literatur ist ihm in dieser Dreiheit nicht weniger als immer auch die Suche nach dem Sinn des Lebens“, fasste Baumann den ersten Aspekt zusammen und war damit bereits beim nächsten: Josef Roßmaier – der spirituelle Lyriker.

Denn auch in seinen Texten rufe er Bilder auf, „Bilder in unseren Köpfen, in unserem Inneren. Sie sprühen von einer Zuversicht, die die sinnlich erkennbare Welt überschreitet, von der Gewissheit der überwindbaren Grenzen, dem Vertrauen ins Da-Sein, erzählen von der Erfahrung aus über 90 Jahren gelebten Lebens (…) und dem unerschütterlichen Glauben an ein Mehr“, meinte die Laudatorin und sprach von „dichterischer Ausdruckskraft“. Schließlich widmete sie sich „Josef Roßmaier, dem passionierten Kunstsammler“. Diese Facette, Künstler zu unterstützen, ihre Arbeiten zu sammeln und inmitten von zeitgenössischen Werken zu leben, habe bereits in Roßmaiers jungen Jahren als Geistlicher begonnen. Er habe vor allem Grafiken, aber auch Collagen, Gemälde, Fotografien und Skulpturen bedeutender nationaler und internationaler Künstler aus deren Frühwerken zusammengetragen und so diese auch gefördert. Statt in Urlaub zu fahren, besuchte er Ausstellungen und Galerien, mit vielen Künstlern sei er bis heute verbunden – zum Beispiel Karl Schleinkofer, Alois Achatz, der amerikanische Maler James Brown oder der spanische Bildhauer Eduardo Chillida. Josef Roßmaier „macht dem Leser, dem Betrachter ein Angebot einer Reise zu sich, zu Perspektiven für unsere menschliche Existenz, die nicht im Nebenbei konsumierbar sind, sondern Auseinandersetzung brauchen, vielleicht auch die Bereitschaft, sich wandeln zu lassen“, fasste Baumann zusammen.

Die tragenden Hände Gottes am Lebensende

Nach der Verlesung des Urkundentextes überreichte Felix Weiland die Urkunde an Pfarrer Roßmaier. Mit dem an ihn verliehenen Preis für sein Lebenswerk erinnerte der Priester an das einen Jeden treffende Lebensende – an das Loch, die Tiefe, „in der ganz unten Hände sind“, die tragenden Hände Gottes, Zeichen für Hoffnung, so der Geistliche. Und er nahm Bezug auf den ersten Preisträger Benyamin Reich und seine Dankesworte bzw. auch dessen Werke, vor allem die Bilder von Menschen. Diese seien immer Sammelpunkt, Augenblick, Momentaufnahme im Moment des Auslösens der Kamera. „Von den Bildern geht eine Zukunft auch – auch Richtung Ende des Lebens hin zum Loch, an dessen Ende Hände sind und dessen Raum und Wände von Händen gestaltet werden“, schloss der Preisträger seine Dankesworte.

Ein paar Bilder von ihm waren in der Galerie aufgehängt, sodass die Gäste diese in Augenschein nehmen konnten. Darüber hinaus war natürlich auch viel Zeit, mit den beiden Preisträgern ins Gespräch zu kommen und ihnen zu gratulieren.

Text und Fotos: Markus Bauer



Nachrichten