Spirituelle Stärkung für Geflüchtete aus der Ukraine
Slava Isusu Christu!
An diesem Sonntag wurde die Dompfarrkirche Niedermünster von ungewohnten Gesängen erfüllt. Dabei vollzog sich dort in einer fast zweistündigen Liturgie die lebendige Tradition der Katholischen Ostkirchen. Priester Mykola Dobra, Vizerektor des Collegium Orientale in Eichstätt feierte die heilige und göttliche Liturgie Basilius´ des Großen im slawisch-byzantinischen Ritus. Kirchenmusikalisch unterstützt wurde er von einem sechsköpfigen Chor des Collegium Orientale. Als Konzelebrant stand ihm Pfarrer Ralf Heidenreich zur Seite, der nicht nur Pfarrer in der Seelsorgeeinheit Wald Zell bei Roding ist, sondern auch die offizielle Erlaubnis hat, im byzantinischen Ritus die Messe zu feiern. Seine Idee, zur geistlichen Stärkung der Geflüchteten aus der Ukraine eine Messe in deren Sprache und Ritus zu feiern, wurde vom Seelsorgeamt des Bistums Regensburg gerne aufgegriffen und in Zusammenarbeit mit dem Eichstätter Studienhaus umgesetzt.
"Und der Himmel öffnete sich"
Von der grundlegenden Struktur unterscheiden sich die ost- und westkirchliche Messfeier nicht, dem Wortgottesdienst folgt die Eucharistiefeier, deren Höhepunkt die Wandlung ist. Der byzantinische Ritus ist aber bedeutend reicher an Gesten als der lateinische. So wird z.B. bei jedem "Ehre sei dem Vater..." das Kreuzzeichen geschlagen, erst nach rechts und dann nach links. In der Ostkirche zeichnet der Gläubige mit der eigenen Hand den Segen des Priesters sozusagen nach. Der Kirchenraum wird in der Ostkirche durch die Ikonenwand (Ikonostase) geteilt und symbolisiert Himmel und Erde. Wenn diese nicht vorhanden ist, deuten eine Christus- (rechts) und eine Marienikone (links) die Ikonostase und die mittlere, "Königliche Pforte" an. So auch am Sonntagnachmittag in der Niedermünsterkirche. Für die Regensburger Messbesucher war sicher vieles neu und ungewohnt.
"Ein kleines Stück ukrainische Heimat in Bayern"
Die zahlreichen ukrainischen Gläubigen, meist Mütter mit ihren Kindern, erlebten an diesem Sonntagnachmittag ein Stück Heimat. Da sah man eine Mutter, die ihrem kleinen Sohn die Hand zum Kreuzzeichen führte und dessen größere Schwestern, für die dieser Gestus schon sehr vertraut war. Grüßte man sie mit "Slava Isusu Christu!" ("Gelobt sei Jesus Christus!") - antworteten sie freudig und überrascht zugleich mit "Slava Naviky" ("Gelobt in Ewigkeit!"). Der Priester Mykola und die Chorsänger, allesamt Studenten des Collegium Orientale, stammen ursprünglich aus der Ukraine. Im Chorgestühl hatte auch der ukrainisch-orthodoxe Priester Ruslan Denysiuk, der vor zwei Wochen mit seiner Familie in das Haus des verstorbenen Domkapellmeisters Georg Ratzinger eingezogen ist, platzgenommen. Begleitet wurde er von Stiftsdekan Prof. Dr. Johannes Hofmann, der Erzpriester der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche ist. Zum Abschluss der eineinhalbstündigen Liturgie, die zumeist in Ukrainisch gefeiert wurde, erklang dann noch das bekannte Kirchenlied "Bozhe vyslukhay blahannya" - "Gott, erhöre unser Flehen", das alle ukrainischen Gläubigen aus tiefstem Herzen mitsangen, gerade jetzt in diesen schweren Zeiten für das ukrainische Volk.
Die Ukrainische Griechisch-Katholische Kirche - Kirche der Märtyrer
Die Ukrainische Griechisch-Katholische Kirche (UGKK), eine katholische Teilkirche des byzantinischen Ritus, die mit dem Papst und Rom in voller Glaubenseinheit lebt, hat weltweit rund 4,7 Millionen Gläubige. Neben dem Ursprungsland, der Ukraine (30 Bistümer), leben rund 700.000 Gläubige auch im übrigen Europa (8 Bistümer), in Australien (1 Bistum) und dem gesamten amerikanischen Kontinent (11 Bistümer). Sie geht zurück auf die Union von Brest im Jahre 1596, als sechs ruthenisch-orthodoxe Bischöfe mit Vertretern der Römisch-Katholischen Kirche im damaligen Königreich Polen-Litauen einen Vertrag schlossen und damit wieder ein Teil derselben wurden, aber unter Beibehaltung der byzantinischen Liturgie und Glaubenspraxis. In der Sowjetunion wurde die UGKK 1944 mit der Russisch-Orthodoxen Kirche und dem Moskauer Patriarchat zwangsvereinigt. Bischöfe, Priester und Gläubige fanden den Tod, Verfolgung und Inhaftierung, die Kirche ging in den Untergrund und lebte nur im Exil in Westeuropa und Amerika weiter. In der seit 1991 wieder unabhängigen Ukraine wurde die UGKK wieder offiziell zugelassen. Oberhaupt ist der Großerzbischof von Kiew und Halytsch, seit 2011 ist dies Seine Seligkeit Dr. Swjatoslaw Schewtschuk (*1970), der noch im Untergrund in der damaligen Sowjetunion das Priesterseminar besuchte, im Exil in Südamerika studierte und dann in der freien Ukraine zum Diakon und Priester geweiht wurde. Seine Vita ist gleichsam die Vita der UGKK. Seit 1959 hat der Apostolische Exarch für die Katholischen Ukrainer des Byzantinischen Ritus in Deutschland und Skandinavien in München seinen Sitz, seit 2021 steht Bischof Bohdan Dsjurach CSsR (*1967) diesem Bistum in sechs Ländern vor. In der Ukraine gibt es neben der UGKK auch eine Römisch-Katholische und eine Ruthenisch-Katholische Kirche.
Collegium Orientale Eichstätt - Hier begegnet sich Ost und West
Das Studienhaus, in dem Studenten aller Katholischen Ostkirchen und auch der Orthodoxie und der Altorientalen studieren, wurde 1998 vom damaligen Eichstätter Diözesanbischof Dr. Walter Mixa gegründet. Diese Einrichtung ist weltweit einmalig, u.a. auch, weil dort auch verheiratete Männer sich auf die Diakonen- und Priesterweihe vorbereiten. Unter Erzpriester Dr. Oleksandr Petrynko (Rektor) und den Vizerektoren Archimandrit Michael Proházka und Priester Mykola Dobra studieren dort derzeit rund 40 Männer. Die Mehrheit gehört der UGKK an, es gibt aber auch Studenten aus Indien, Äthiopien, der Slowakei, Rußland und Weißrussland, Syrien und Georgien. Auch ein Regensburger ist unter ihnen, nämlich Priester Dr. Miroslaw Lopuch, der 2016 von Bischof Petro Kryk in Regensburg zum Diakon und 2017 in München zum Priester geweiht wurde. Er hatte in Regensburg im Fach Pharmazie promoviert und dort in der Ukrainischen Kirchengemeinde seine Berufung zum Priestertum entdeckt. Im Jahre 2021 promovierte er an der Katholischen Universität Eichstätt zusätzlich im Fach Altes Testament und bereitet jetzt seine Habilitation vor. Mehr Informationen unter www.collegium-orientale.de