Pflege braucht die besten Kräfte - Caritas gewinnt langjährigen Rechtsstreit vor Landessozialgericht

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Die Pflegekräfte in den Alten- und Pflegeheimen müssen endlich fair bezahlt werden! Diese Forderung kommt von Politik, Gesellschaft und Verbänden immer wieder. Doch in der praktischen Umsetzung gab es erhebliche Probleme. Eine entscheidende Hürde wurde nun auf dem Rechtsweg aus dem Weg geräumt: Tariflöhne sind in den Pflegesätzen anzuerkennen. Der Kreis-Caritasverband Straubing hatte das mit Unterstützung des Diözesan-Caritasverbandes Regensburg eingeklagt und den Rechtsstreit gewonnen. 
  

Von der Pflegesatzverhandlung zum Landessozialgericht 

Es begann bereits im Frühjahr 2010. In vielen Altenpflegeeinrichtungen wurden gerade die Pflegesätze verhandelt. Die Pflegesatzhöhen werden regelmäßig zwischen den Kostenträgern und Einrichtungsträgern vereinbart. Die Betriebs- und Lohnkosten sind hierbei sehr wichtig. „Jahrelang mussten wir Pflegesätze akzeptieren, die deutlich unter unseren tatsächlichen Kosten lagen, insbesondere bei unseren tarifbedingt hohen Personalaufwendungen“, sagt Dr. Robert Seitz, zuständiger Abteilungsleiter beim Diözesan-Caritasverband Regensburg. „Um uns wirtschaftlich über Wasser zu halten, mussten wir auf Mittel zurückgreifen, die eigentlich für Investitionen vorgesehen waren.“ Denn an den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wollte die Caritas nicht sparen. „Ihrer guten Arbeit verdanken wir zu großen Teilen unsere Qualität“, so Seitz. Doch es kam glücklicherweise anders. Der Caritasverband Straubing-Bogen konnte sich für sein Alten- und Pflegeheim Marienstift nicht mit den Kostenträgern einigen. Der Verband als Träger ging deshalb mit Unterstützung des Diözesan-Caritasverbandes vor die Schiedsstelle und weiter zum Landessozialgericht nach München. Treibende Kraft war hierbei Norbert Scheidler, Geschäftsführer der Caritas Straubing. „Ich wollte und will mich einfach mit der chronischen Unterfinanzierung der Caritas-Heime nicht mehr abfinden“, sagt er. 
  

Ein wirklicher Paradigmenwechsel 

Hilfreich war auch ein Gutachten des Deutschen Caritasverbandes. Dort wurde nachgewiesen, dass die Personalkosten exakt den kirchlichen Tarif AVR (Arbeitsvertragsrichtlinien des Deutschen Caritasverbands) widerspiegeln. Dieser ist wiederum eng an den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes angelehnt. Nach einem fünf Jahre dauernden Rechtsstreit haben die Richter am Landessozialgericht München nun Klartext gesprochen: „Den in der Pflege tätigen Arbeitnehmern soll ein ihren Leistungen und ihrem Einsatz für kranke und behinderte Mitmenschen angemessenes Arbeitsentgelt gewährleistet und verhindert werden, dass der ‘Preiskampf‘ verschiedener Träger letztlich zu unvertretbaren Entgeltabsenkungen von Pflegekräften mit Annäherung an das Mindestlohn-Niveau und zu sinkender Leistungsqualität führt, heißt es in der Urteilsbegründung. Seit Inkrafttreten des Pflege-Neuausrichtungs-Gesetzes am 30. Oktober 2012 sind, so die Begründung des Gesetzesgebers, die Aufwendungen eines gelten Tariflohnes als wirtschaftliche Betriebsführung anzuerkennen. Im Gesetzestext wurde bereits damals geregelt, dass die Pflegesätze bei wirtschaftlicher Betriebsführung die Aufwendungen eines Pflegeheimes finanzieren müssen. Dies betrifft sowohl die Personal- als auch die Sachaufwendungen. Am 1. Januar 2015 trat das erste Pflegestärkungsgesetz in Kraft, worin folgender Passus ergänzt wurde: „Die Bezahlung tarifvertraglich vereinbarter Vergütungen sowie entsprechender Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen kann dabei nicht als unwirtschaftlich abgelehnt werden.“  Erst das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichtes schaffte jedoch den Paradigmenwechsel in den Verhandlungen. Denn bis dahin orientierten sich die Kostenträger (Pflegekassen und Sozialhilfeträger) am externen Vergleich mit anderen Einrichtungen. Nun spiegeln die Pflegesätze die tariflich bedingten Personalkosten der Caritas wider. „Von der Entscheidung in München profitieren alle tarifgebundenen Träger mit fairer Bezahlung“, stellt Kreisgeschäftsführer Norbert Scheidler zufrieden fest. 
  
Die Gerichtsentscheidung ist ein wichtiger Sieg im Kampf für gerechtere Löhne in der  Altenpflege. „Wir fordern die Politik weiter auf, auch tarifgebundene Träger mehr im Blick zu haben“, sagt Robert Seitz. Schließlich stehen den höheren Personalkosten besonders qualifizierte und verlässliche Mitarbeiter gegenüber. Die Caritas als deutschlandweit führender Träger für soziale Einrichtungen steht weiterhin dafür ein, dass weder bei den Mitarbeitern noch an der Qualität gespart wird. „So kommt das Geld der Pflegesätze letztendlich dort an, wo es auch hin muss: beim Heimbewohner.“ 
  

Zusatzinfo 1: Arbeitsvertragsrichtlinien des Deutschen Caritasverbands (AVR) 

Die Caritas vergütet ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach den Arbeitsvertragsrichtlinien des Deutschen Caritasverbands (AVR). Dieser ist eng an die Tariflöhne des öffentlichen Dienstes angebunden. Die Caritas zahlt damit überdurchschnittlich und muss deshalb auch höhere Pflegesätze verlangen. 
  

Zusatz-Info 2: Pflegesätze und Pflegesatzverhandlungen 

Pflegesätze sind Entgelte, die Heimbewohner oder deren Kostenträger (Pflegekassen, Sozialhilfeträger) einer stationären Einrichtung für Versorgungsleistungen zahlen müssen. Die Pflegesätze orientieren sich an den staatlich festgelegten Pflegestufen. Selbstverständlich müssen die Personalkosten bei den Pflegesatzverhandlungen genau nachgewiesen werden. Die Pflegekassen und Sozialhilfeträger prüfen die eingereichten Personal- und Sachkosten akribisch nach. Sind die Kosten plausibel, werden sie auch im Pflegesatz anerkannt. Nicht nur wegen ihrer Tarifbindung kann sich die Caritas bei den Pflegesatzverhandlungen weder Unplausibilitäten noch Unwirtschaftlichkeit erlauben. 

 



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