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Pfingsten und Pfingstbräuche

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Wenn die Wiesen blühen und die Bäume und Sträucher in prachtvollem Grün stehen, dann wird das Pfingstfest gefeiert. "Pentekoste hemera" lautet der griechische Name, der besagt, dass dieses Fest genau 50 Tage nach Ostern folgt. Pfingsten ist das Fest des Heiligen Geistes, der auf die Apostel herabkam, als sie in Jerusalem versammelt waren. Dies sollte in früherer Zeit den Kirchgängern auch anschaulich gemacht werden, und so kam vielerorts während des feierlichen Amtes der Heilige Geist in Gestalt einer echten, später hölzernen Taube aus dem "Heilig-Geist-Loch" auf die Kirchenbesucher herabgeschwebt.

 

Nicht selten ergaben sich durch diesen Brauch heitere Anekdoten, eine davon ereignete sich in einem kleinen Ort in der Oberpfalz. Bereits am Abend zuvor hatte der Mesner eine Taube eingefangen und auf den Kirchendachboden gebracht. Hier sollte sie in einem Käfig auf ihren großen Auftritt warten. Am Pfingstsonntag vor dem Gottesdienst schärfte er seinem Sohn noch einmal ein: "Wenn der Herr Pfarrer das "Veni sancte spiritus" singt, dann lasst de Taubn aus". Als der Bub - aufgeregt wegen seines wichtigen Amtes - auf dem Dachboden kam, musste er entsetzt feststellen: Der Käfig war leer, nur ein paar Federn lagen noch da: Da wurde es auf einmal still in der Kirche und zu ihm hinauf erklang das "Veni sancte spiritus". Jetzt musste gehandelt werden, und mit seiner kräftigsten stimme rief der Bub durch das Heilig-Geist-Loch in den Kirchenraum hinunter: "An Heiligen Geist hat da Iltis davo", was selbst an diesem heiligen Ort allgemeine Heiterkeit auslöste.

 

Drei Tage dauerte früher das Pfingstfest. Nach der religiösen Feier wurden Spiele und Umzüge abgehalten. Da wurde unter anderem die "Pfingsthochzeit" gefeiert, mit Brautwahl, Hochzeitszug, Pferden und Reitern. Die Feier endete schließlich - wie so oft - mit einem Festmahl. Ein seltsamer Gesang erklingt noch heute am Abend des Pfingstsonntags im Bayerischen Wald. Der Vorsänger singt litaneiartige Verse, die restliche Gruppe gibt immer dieselbe Antwort: "So reisen, so reisen, so reisen wir daher". Fast bedrohlich wirkt der Männerhaufen in Regenkleidung, mit hochgeschlagenen Krägen, die Gesichter unter Kapuzen und Hüten kaum erkennbar, die Hände in den Jackentaschen versenkt. So zieht die Gruppe von Haus zu Haus. Einer ist darunter, der mit einem Korb am Arm immer zuvorderst geht und von den Hausbewohnern rohe Eier oder auch Geldspenden in Empfang nimmt. Dabei kräht er wie ein Gockel, der "Moier" oder "Oakoda". Dann werden alle von den Hausbewohnern kräftig mit Wasser übergossen. Und nicht selten entsteht dabei ein Kampf um die Wassereimer und Gartenschläuche, denn Revanche ist erlaubt. Mit dem christlichen Pfingstfest hat dieser Brauch des "Wasservogelsingens" wenig zu tun. Sein Ursprung soll bis in keltische Zeit zurückgehen. Neueren Ursprungs ist eine Sage, wonach in der Zeit der Hussitenkriege ein Landrichter mit Namen "Wasservogel" angeordnet habe, kochendes Wasser und siedendes Pech auf die heranrückenden Feinde zu gießen.

 

Wallfahrten und Pfingstspiele

Pfingsten im Bistum Regensburg, das bedeutet religiöses und weltliches Brauchtum, große Veranstaltungen und traditionelle Wallfahrten. Auf die längste Geschichte kann die Wallfahrt auf den Bogenberg in der Nähe von Straubing zurückblicken. Seit dem 15. Jahrhundert kommen die Pilger aus Holzkirchen mit ihrer "langen Stang" zu der 120 Meter hoch gelegenen Wallfahrtskirche. Damals drohten schwere Unwetter und eine Borkenkäferplage ihre Wälder zu vernichten. In ihrer Not versprachen die Holzkirchner, alljährlich zur Muttergottes auf den Bogenberg zu pilgern, und bis heute sind sie diesem Gelöbnis treu geblieben. Das außergewöhnliche an dieser Wallfahrt ist die Kerze, die von den Pilgern den 75 Kilometer langen Weg getragen wird. Insgesamt 12,5 Meter lang und knapp einen Zentner schwer ist diese Votivgabe, eine Holzstange, die spiralförmig mit Wachs umwickelt wurde. Zwei Tage sind die Pilger unterwegs und tragen die Kerze auf ihren Schultern, bevor sie am Pfingstsonntag gegen 13 Uhr die Stadt Bogen erreichen.

Jetzt beginnt der schwierigste Teil der Wallfahrt. Die Kerze muss aufgerichtet und im Laufschritt den Berg hinaufgebracht werden. Es ist eine große Verantwortung, die da auf den Trägern lastet, denn nach altem Volksglauben würden großes Unheil, ja sogar Krieg hereinbrechen, sollte die Kerze jetzt umfallen. Doch in den vergangen Jahren ist es den Holzkirchnern immer gelungen, ihre außergewöhnliche Votivgabe aufrecht stehen in die Wallfahrtskirche zu bringen. Dort findet sie ihren Platz neben der vom vergangenen Jahr. Die Kerze der vorletzen Wallfahrt wird dann nach altem Brauch in kleine Scheiben zersägt und von den Pilgern als Mitbringsel und Glücksbringer mit nach Hause genommen.

 

Das Englmarisuchen in St. Englmar

Auf eine grausame Bluttat geht der Brauch des Englmarisuchens in St. Englmar zurück. Im Jahr 1100 lebte hier in den Wäldern der Eremit Englmar. Die Legende erzählt, ein Knecht des Grafen von Bogen, der ihm jeden Tag das Essen brachte, habe ihn aus Neid erschlagen. Danach habe er die Leiche unter Reisig verscharrt. Als am Pfingstmontag ein Pfarrer den Toten entdeckte, sei der Leichnam auf wunderbare Weise unverwest geblieben. Englmar wurde ins Tal gebracht und über seinem Grab eine Kapelle errichtet. Tausende von Zuschauern kommen alljährlich am Pfingstmontag in das höchstgelegenste Kirchdorf im Bayerischen Wald, um dabei zu sein, wenn diese Legende von den Bewohnern zum Leben erweckt wird. Zwei Männer tragen die Statue des Seligen in den Wald des Kapellenberges, wo die Figur dann aufgefunden und in einer feierlichen Prozession auf einem Ochsenwagen ins Dorf gebracht wird.  

 

Der Kötztinger Pfingstritt

Nicht weit von St. Englmar, in Kötzting im Bayerischen Wald, findet am Pfingstmontag eine der größten berittenen Bittprozessionen Europas statt: Der Kötztinger Pfingstritt. Der Ritt geht zurück auf ein Gelöbnis aus dem Jahr 1412. Im Dorfe Steinbühl, etwa sechs Kilometer von Kötzting entfernt, lag ein Mann im Sterben und bat um die Sterbesakramente. Der Pfarrer sah sich aber außerstande, ohne Schutz dorthin zu gelangen. Deshalb gaben ihm die Kötztinger Burschen auf seine Bitte hin das Geleit auf diesem Versehgang. Nach glücklicher Rückkehr wurde gelobt, den Ritt jedes Jahr zu wiederholen. So ist es geblieben. Alle Jahre am Pfingstmontag ziehen bis zu 900 Reiter betend auf geschmückten Pferden und in alten Trachten hinaus durchs Zellertal nach Steinbühl. Unter dem feierlichen Geläut der Kirchenglocken verlassen Bürger und Bauern auf festlich geschmückten Pferden pünktlich um 8 Uhr betend die Stadt. Die Reiterprozession wird angeführt vom Kreuzträger, ihm folgen Laternenträger, Fanfarenbläser, der geistlicher Offiziator mit Mesner und Ministranten. Hinter ihnen reitet der Pfingstbräutigam mit den beiden Brautführern. Die offizielle Spitze wird abgeschlossen vom Pfingstbräutigam des Vorjahres, der die Marktfahne mitführt, mit seinen Brautführern und von der Vertretung der Burschenschaft. Die übrigen Reiter schließen sich an.

 

An vier Stationen verkündet der Offiziator das Evangelium. In der Pfingstreiter-Wallfahrtskirche St. Nikolaus in Steinbühl wird der Reitergottesdienst gefeiert. Nach einer Pause für Ross und Reiter bewegt sich die Reiterprozession wieder zurück nach Bad Kötzting. Nach dem kirchlichen Teil beginnen die weltlichen Feiern, das Fest der Burschen- und Bürgerschaft: Die Pfingsthochzeit - mit Pfingstbräutigam und Pfingstbraut, mit der Bewirtung der Burschen durch den Pfingstbräutigam, mit Pfingsttuschen und Musik und einem Burschen- und Brautzug durch die Stadt. Der Pfingstritt ist auch Höhepunkt der Pfingstfestwoche in Kötzting, einem zehntägigen Fest mit Pfingsthochzeit und Festwiese, mit Kunstausstellung, Pferdemarkt und dem Pfingstlspiel.

 

Von Judith Kumpfmüller



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