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Person der Woche: Regionaldekan Prälat Michael Fuchs

Ein Christ allein überlebt nicht


Regensburg, 14. März 2025

„Die entscheidende Frage ist nicht, ob wir in 50 Jahren Kirchen und Pfarrheime haben – die brauchen wir auch; sondern ob in 50 Jahren in unserer Stadt Menschen an Christus glauben und in der Gemeinschaft der Kirche für ihn gehen und geben wollen“, sagt Regionaldekan Michael Fuchs im Interview mit der Pressestelle:

Warum sind Sie Priester geworden?

Als Jugendlicher beschäftigte mich zunächst die Frage: Wie kann ich nützlich sein für die Welt? Musiklehrer ging mir durch den Kopf, auch Entwicklungshelfer. Irgendwann reifte der Gedanke, es sollte „etwas mit Kirche“ sein. Meine Eltern waren mir gute Vorbilder im Glauben, aber die „Zündung“ kam erst durch Leute in einer Lebensrechtsgruppe: Ich wollte Pfarrer werden und den Menschen etwas von meiner Begeisterung für Gott und seine Kirche weitergeben.

Wie kann man aktuell junge Menschen für die Kirche gewinnen? Wie können wir wieder zu Menschenfischern werden?

Junge Leute haben ein feines Gespür, ob man sie mag und ob man ihnen wirklich zuhört. Und sie merken schnell, ob einem der Glaube an Jesus Christus etwas bedeutet oder ob man selbst glaubensmüde ist. Und dann steht der Aufruf von Jesus an Petrus: „Fahr hinaus, wo es tief ist.“ Smalltalk ist gut, aber viele junge Menschen haben tiefe Fragen, gerade wenn so vieles derzeit „in Frage“ steht: Mit ihren Lebensentscheidungen, mit politischen und gesellschaftlichen Umwälzungen – und auch mit ihrer Suche nach Gott. Menschenfischen hat außerdem viel mit „Netz“, mit Gemeinschaft zu tun. Fischen ist Teamarbeit. Die einzelnen Kommenden dann in eine pfarrliche Gruppe zu bringen oder mit ihnen eine neue zu gründen, ist wirklich eine Aufgabe. Ein Christ allein überlebt nicht.

Welches sind die großen Herausforderungen, vor denen die Pfarreien stehen?

Da muss ich an Maria und Marta denken, zu denen Jesus kommt. Wir mühen uns um vieles, denken an zurückgehende Ressourcen und planen neue Strukturen. Ich höre da Jesus klagen: Marta, Marta! Maria hingegen hört Jesus zu. Das ist der „bessere Teil“. Die entscheidende Frage ist nicht, ob wir in 50 Jahren Kirchen und Pfarrheime haben – die brauchen wir auch; sondern ob in 50 Jahren in unserer Stadt Menschen an Christus glauben und in der Gemeinschaft der Kirche für ihn gehen und geben wollen. Dieser Glaubens-Turnaround wird überlebenswichtig werden. 

Wie kann man das Ehrenamt stärken?

Indem man ihren Glauben stärkt und sie entfalten lässt. Ehrenamtliche brauchen auch ein Wir-Gefühl in der Pfarrei und ein positives Klima der Hoffnung, also eine gute Vision. Für einen Absteiger will sich niemand verpflichten. Natürlich merken wir auch die schwindende Bindungsbereitschaft, daher werden Leute öfters Ämter und Aufgaben wechseln oder sich auch mal zurückziehen. Wenn sie in Kontakt bleiben, ist das in Ordnung.

Welche Rolle spielt das Thema Neuevangelisierung? Welche Rolle spielen dabei die Sozialen Medien?

Ein kanadischer Priester hat kürzlich gesagt: Wir können gut lehren, wir können gut Sakramente und wir haben soziale Einrichtungen, aber wir sind ganz schlecht im Gewinnen neuer Jünger. Wir haben in unserer Pfarrei für den Hauptgottesdienst einen Begrüßungsdienst eingeführt: Zwei Leute begrüßen die Kommenden vor der Kirchentüre. Das monatliche Kirchencafé wird auch zunehmend zu einem Integrationstool für Zugezogene. Wir haben auch sehr positive Erfahrungen mit zwei Alpha-Kursen gemacht, derzeit läuft gerade ein Kathkurs mit 30 Teilnehmern. Die Sozialen Medien begleiten manche dieser Veranstaltungen, wir probieren da einiges aus, manches misslingt auch. Wir versuchen darauf zu achten, dass in diesen Medien nicht nur eine Stimmung, sondern auch eine Botschaft rüberkommt.

Was zeichnet die Kirche im 21. Jahrhundert aus? Welches sind die großen Themen, denen wir uns stellen müssen?

Wir werden manches äußere Liebgewonnene loslassen müssen, hoffentlich nicht zu schnell und zu leichtfertig. Aber die großen Themen bleiben die gleichen: Bei den Menschen sein, bei ihren wesentlichen und existentiellen Freuden und Ängsten, und ihnen etwas vom Licht Christi mitgeben und bezeugen, ein Licht, das das Leben wirklich verändern kann. Dazu gehört auch, nicht jeder Modewelle hinterherzulaufen, sondern auf Substanz und Qualität zu achten. Das liturgische Jahr hat da viele Brauchtümer, die uns dabei helfen, und neue Verleiblichungen des Glaubens können dazukommen. Bei allem sollten wir zusammen bleiben in der weltweiten Kirche, mit Papst und Bischof. Das schafft Vertrauen und Heimat.

Wie kann den Gläubigen die Angst genommen werden, die angesichts der Pastoralen Entwicklung 2034 immer wieder für Verunsicherung sorgt?

Ich würde sagen: Beten, Erklären, Vorangehen. Beten wir, dass Gott uns begleitet und uns seinen Geist für wichtige Entscheidungen schickt. „Wenn nicht der Herr das Haus baut …“ (Psalm 127). Erklären wir transparent und argumentativ, um was es geht und um was es nicht geht. Das nimmt viel Angst. Und gehen wir dann langsam und bedacht voran. Wer langsam geht, kann auch gut nachbessern und nachjustieren. 

Und was eine gewisse Grundangst betrifft: Mir hilft immer wieder, was ich von anderen Kirchen höre, sowohl von Kirchen, die spärlicher unterwegs sind, etwa in der Diaspora, als auch von wachsenden Kirchen in anderen Ländern. So manches Gespräch mit Mitbrüdern aus Tschechien, aus Afrika oder Indien ist sehr heilsam und relativiert unsere Sorgen und Ängste. Auch der Blick in die Geschichte, etwa in die Zeit der Reformation oder der Säkularisation, ist sehr tröstlich. Es ist doch unglaublich, wie ein Johann Michael Sailer in schwierigster Zeit junge Leute begeistert und Priester geformt hat. Jede Zeit hat ihre Aufgaben und auch ihre Chancen. Mir hilft auch die Frage: Was will Jesus von mir an meinem Platz in meiner Zeit, die ich habe?

Welche besonderen Feste feiern Sie im Kirchenjahr 2025?

Die besonderen Feste sind uns durch die Liturgie geschenkt: Ostern, Pfingsten, Fronleichnam, Patrozinium, vieles mehr. Darüber hinaus gibt es nach dem reichen Wolfgangsjahr und der Einweihung des neugebauten Kindergartens heuer in der Fastenzeit eine Predigtreihe zu Themen des Heiligen Jahres und im Sommer ein Pfarrfest. 

Wie können Sie den Glauben in den Familien festigen, damit die Hauskirche lebt?

Es sind viele Elemente im Laufe des Kirchenjahres: Einmal im Monat gestalten wir in der Pfarrei einen Familiengottesdienst mit anschließendem Kirchencafé. Ein besonderer Schwerpunkt und für viele Familien ein neuer Aufbruch ist die Erstbeicht- und Erstkommunionvorbereitung der Kinder. Und ich hoffe darauf, dass das Engagement der Minis, ihr Dienst und die Gruppenarbeit auch auf deren Familien ausstrahlt. Auch die Berührungspunkte mit den beiden Kindergärten sind Anknüpfungspunkte und Stützen für die Familien. Unser Pastoralreferent beginnt außerdem gerade ein neues Projekt mit den Erstklassenkindern. Manchmal sind die Netze fast leer und wir brauchen den Ruf Jesu, nochmals hinauszufahren, wo es tief ist. 

Interview und Foto: Stefan Groß
(chb)

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