News Bild Person der Woche: Erwin Saiko, neuer Bischöflicher Finanzdirektor

Person der Woche: Erwin Saiko, neuer Bischöflicher Finanzdirektor

Transparenz und ethische Nachhaltigkeit sind wichtiger denn je

Home / News

Regensburg, 1. Juni 2023

Zum 1. Juni 2023 wird Erwin Saiko neuer Bischöflicher Finanzdirektor, Leiter der Hauptabteilung Finanz- und Vermögensverwaltung und Ökonom der Diözese Regensburg. Der diplomierte Bankbetriebswirt ist gebürtiger Regenstaufer und bringt eine fast 35-jährige Bankerfahrung mit. Nach Ausbildung bei der LIGA-Bank eG, die als Kirchen- und Hausbank der Diözese ihren Gründungs- und Hauptsitz in Regensburg hat, baute der 51-jährige 1991 eine neue Niederlassung in Dresden mit auf, übernahm diese 1997 als Filialleiter und wechselte 2012 als Filialdirektor nach Bamberg. Wir haben mit dem Vater von zwei Söhnen und einer Tochter gesprochen. Das Interview "Person der Woche".

Lieber Herr Saiko! Finanzdirektor des Bischofs von Regensburg. Wie kommt man dazu?

Schon recht früh, spätestens zum Ende meiner Schulzeit hin, wurde mir klar, dass ich in den Banken- und damit Finanzbereich gehen möchte - das stand für mich außer Frage. Gleichzeitig war unsere Katholische Kirche für mich sehr früh lebensprägend, und sie ist mir bis heute wichtiges Fundament und Heimat. Ich bin gerne Katholik und in der Kirche - räumlich, geistlich, gemeinschaftlich und nun auch institutionell. Was passt also besser als das Finanzressort des Bischofs von Regensburg.
 

Wie kann man in diesen bewegten Zeiten zur Katholischen Kirche als Arbeitgeber wechseln?

In allgemeiner Hinsicht und wegen der weltpolitischen Großwetterlage sind viele Menschen derzeit verunsichert. Wir haben nach so vielen Jahren wieder Krieg in Europa. Selbst die direkte Bedrohungslage hat zugenommen. Energie- und Verbraucherpreise sind deutlich erhöht und machen das normale Leben spürbar teurer.

Unsere Katholische Kirche in Deutschland durchlebt keine einfache Zeit. Die Themenfelder sind weitgehend bekannt. Der Synodale Weg in Deutschland und der Synodale Prozess in unserer Weltkirche greift einige dieser Problemthemen auf.

In einem kürzlichen DLF-Kommentar wurde sogar von der Gefahr eines innerkirchlichen „Bürgerkrieges“ gesprochen. Diesen sehe ich nicht. Dennoch: es darf nicht zu einer Vielzahl von individuellen „Haarrissen“ bei den Gläubigen und in der Kirche kommen – schon gar nicht zu grundlegenden Spaltungen.

Wenn das Wasser in einem großen Fluss, etwa unserer Donau hier in Regensburg, zu aufgewühlt und trüb wird, dann hilft es manchmal, näher in Richtung Quelle zu wandern.

Für mich ganz persönlich heißt dies derzeit, in mein Heimatbistum nach Regensburg zurückzukehren (lacht).

Für unsere Kirche als Ganzes bedeutet es, auf den eigentlichen Ursprung unseres Glaubens zu schauen und sich darauf zu fokussieren und wieder unbedingt auszurichten.
 

Sie sprechen die derzeitige hohe Inflation an. Bleibt uns diese langfristig erhalten – gar ein Jahrzehnt, also die Zwanziger der Inflation?

Die Inflationsrate wird zurückkommen, also wieder sinken – schon wegen der Basiseffekte, sprich wegen der mathematischen Bezugspunkte zum jeweiligen Vorjahresmonat. Deshalb müssen im Übrigen auch die Zinsen nicht mehr weiter ungebremst ansteigen – zumindest nicht in dieser nun erlebten Steilheit.

Die derzeitige galoppierende Inflation – davon spricht man übrigens ab einer Inflation von 5 % - wir befinden uns also bereits im leichten Galopp – ist nach meiner Überzeugung eine späte Auswirkung der lockeren Geldmengenpolitik der großen Zentralbanken und so auch unserer Europäischen Zentralbank, auch wenn es neue wissenschaftliche Erklärungsmodelle gibt, welche versuchen diesen Zusammenhang zu relativieren oder gar zu negieren.

Teuerung entsteht bei Ungleichgewichten gleichsam einer Waage dann, wenn etwa der sogenannte Warenkorb, also die verfügbaren Waren und Dienstleistungen, verknappt wird. Oder sie entsteht, wenn eben die Geldmenge, multipliziert mit der Umlaufgeschwindigkeit, ausgeweitet wird.

Auch bereits vor der jetzt stattfindenden Inflation im für alle spürbaren Konsumsektor hatten wir schon deutliche Teuerungen, die allerdings in den Immobilien- und Firmenwertesektor, sprich die Aktien, gingen.
 

Gibt es mit Blick auf die Geschichte einen Zusammenhang, wie Kirche und das Geld ethisch zusammenpassen?

„Geld ist weder bös‘ noch gut, es liegt an dem, der’s (ge-) brauchen tut.“ So lautet ein altes deutsches Sprichwort. Natürlich benötigt die Kirche entsprechende finanzielle Mittel, um ihre Ziele und ihren Auftrag umsetzen zu können, und damit Gutes in all‘ seiner Vielfalt zu bewirken. Für die Anlage eigener Rücklagen muss die Anlagepolitik zu den eigenen Wertemaßstäben passen, und deshalb ethisch-nachhaltig und prinzipiengeleitet sein.

Die Quellen der „Abendländischen“ Ethik liegen ja in a) der Bibel, d.h. im Judentum und Christentum und b) in der Griechischen und Römischen Philosophie. Aus der antiken Philosophie ist vor allem das Gerechtigkeitsideal in unser Denken und Handeln eingegangen: „Jedem das Seine“ (Cicero).

Der neue Finanzdirektor Erwin Saiko

Zwar haben die Nationalsozialisten diesen Satz in unsäglicher Weise und aufs Schlimmste missbraucht. Cicero hat jedoch die älteren Rechte darauf und insbesondere brillante Gedanken dazu. Gemeint ist nämlich, jedem zuteilen, was ihm zusteht, aber auch jedem abverlangen, was er zu leisten vermag; also: Jedem das Seine an Rechten und jedem das Seine an Pflichten.

Die Kerngedanken der Bibel sind zusammengefasst in den zehn Geboten (Exodus, Deuteronomium) und diese wiederum im Gebot der Gottes- und Nächstenliebe sowie in der Goldenen Regel.

Und schließlich beschreibt die Schöpfungsgeschichte den Auftrag Gottes an die Menschen, das Schöpfungswerk fortzusetzen und zu erhalten.

Mit meiner Diplomarbeit „Die zukünftige Bedeutung ethischer Anlageprodukte in Banken“ habe ich mich früh und intensiv mit diesem Spannungsfeld beschäftigt.
 

Welche Themen sind Ihnen für Ihre neue Aufgabe wichtig?

In den letzten Tagen ist mir einer der beiden wohl bedeutendsten Romane von Thomas Mann immer wieder in den Sinn gekommen. Neben dem eher surrealen Werk „Der Zauberberg“ spielt „Die Buddenbrooks“ in Lübeck. Ich war im Sommer vorletzten Jahres in Lübeck und stand auch vor dem Buddenbrookshaus, welches wohl als Vorbild diente.

Für uns Süddeutschen ist weniger bekannt: Lübeck war Gründungsort und auch Hauptsitz der Hanse - dem nördlichen, mittelalterlichen Kaufmanns- und Städtebund mit bis zu 300 Städten und dem Ziel, den Wohlstand seiner Mitglieder zu mehren. Man könnte so auch sagen: ein Vorläufer der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Ich sage bewusst EWG und nicht EG oder EU.

Der Roman erzählt – wenn ich mich richtig zurückerinnere – von einer alten Kaufmannsfamilie des 19. Jahrhunderts - und dies über drei Generationen hinweg.

Für mich die Schlüsselpassage schlechthin, als der Alte das Kontor an den Jungen übergibt:

„Mein Sohn, sei mit Lust bei den Geschäften am Tage, aber mache nur solche, dass wir bei Nacht ruhig schlafen können.“

Im Weiteren wird dann das Bild des „ehrbaren Kaufmanns“ gezeichnet.
 

Was meinen Sie damit? Was heißt das konkret?

Wo gibt es heute noch einen „ehrbaren Kaufmann“? Klingt es doch eher wie aus der Zeit gefallen. Aber da steckt so viel drin.

Vordergründig: lasse keine Geschäfte offen – auch nicht über Nacht – nicht einmal ganz kurz.

Es ist auch das Spekulieren gemeint – beabsichtigt, oder aus Unwissenheit oder gar Dummheit heraus.

Gehe keine zu hohen Risiken ein, insbesondere wenn sie nicht kalkulierbar sind.

Mache nur Geschäfte, die du auch verstehst. Klingt banal – ist aber wichtig!

Es geht also um das Abwägen von Chancen und Risiken, um Risikomanagement und Risikocontrolling, dem vorausgehenden Aufstellen und dann disziplinierten Einhalten von Anlagerichtlinien, um Grundsätze guter Finanzwirtschaft, wie es der Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) in der Verlautbarung „Kirchliche Corporate Governance“ empfiehlt.

Schließlich sollte natürlich auch die fachliche sowie persönliche Eignung der Handelnden gegeben sein. Transparenz und Fragen der sozialen, ökologischen und ethischen Nachhaltigkeit sind heute wichtige Punkte.

In meinen ersten Analysen ist das Bistum Regensburg hier bereits sehr gut aufgestellt und organisiert.
 

Dann wünsche ich Ihnen einen guten Start in Regensburg!

Vielen herzlichen Dank! Ich freue mich auf die zahlreichen Kennenlerngespräche, die entstehenden Kontakte und auf die gemeinsame Zeit.
 

Das Gespräch führte Stefan Groß



Nachrichten