
Oster: Müssen uns fragen, was weniger gut gelaufen ist

Der Passauer Bischof Stefan Oster gehört zu den sieben deutschen Oberhirten, die sich im Kommunionstreit an den Papst wandten. Nun spricht er mit der <link http: www.katholisch.de aktuelles aktuelle-artikel oster-mussen-uns-fragen-was-weniger-gut-gelaufen-ist _blank external-link-new-window oster im interview mit>Katholischen Nachrichten-Agentur darüber, wie es zwischen den deutschen Bischöfen weitergehen könnte. Im Kommunionstreit der katholischen deutschen Bischöfe sendet der Passauer Bischof Stefan Oster versöhnliche Signale an die Mehrheit. Aus seiner Sicht gibt es "keine Gewinner und Verlierer". In einem Interview wagte Oster am Samstag einen Ausblick, wie es jetzt weitergehen könnte.
Herr Bischof, ist der Streit der deutschen Bischöfe um die Kommunion
für evangelische Ehepartner von Katholiken jetzt entschieden?
Ich bin dem Heiligen Vater dankbar, dass er unser Anliegen gehört hat -
und die für uns wesentlichen Punkte klar beantwortet hat: Das Thema hat
weltkirchliche Relevanz und berührt nicht nur pastorale, sondern
Glaubensfragen. Weitere Klärungen sollen nun mit Hilfe der römischen
Dikasterien erfolgen, zum Beispiel, wie eng oder weit ein für diese Fragen
relevanter Paragraf des Kirchenrechts ausgelegt werden kann und welchen
Spielraum dann ein Diözesanbischof für die Anwendung hat.
Die von einer großen Mehrheit der Bischofskonferenz beschlossene
Handreichung ist nicht veröffentlichungsreif, hat der Leiter der
Glaubenskongregation geschrieben. Wie kann es jetzt weitergehen?
In jedem Fall werden wir zunächst in unserer Bischofskonferenz intensiv
miteinander sprechen müssen und uns auch alle miteinander ehrlich fragen, was
in den vergangenen Wochen gut und was weniger gut gelaufen ist. Und wir
müssen die Klärung aus Rom abwarten - und uns schließlich fragen, wie wir
damit umgehen.
Befürworter der Handreichung sprechen von "Doppelmoral", weil auch
die Kritiker eine in den Gemeinden längst übliche Praxis still tolerierten. Trifft
Sie dieser Vorwurf?
Ich teile dieses Urteil nicht. Es ist richtig, dass wir niemanden von der
Kommunionbank zurückweisen. In diesem Augenblick lässt sich kein Urteil über
die Gewissensentscheidung des einzelnen Empfängers sprechen. Da kann ich
niemanden bloßstellen. Aber wenn wir mit unserem Eucharistieverständnis ernst
machen, kann es keine nur oberflächliche Praxis der Kommunionausteilung für
quasi jeden geben. Daher bin ich als Spender gehalten, Menschen bei passender
Gelegenheit persönliche und geistliche Begleitung anzubieten - und unser
Eucharistieverständnis vertieft zu erläutern. Und ja, aus der Praxis der
Einzelseelsorge können sich dann tatsächlich singuläre und zeitlich begrenzte
Situationen ergeben. Aber aus meiner Sicht würde eine offizielle Regulierung
solcher Ausnahmen noch stärker dazu führen, dass Ausnahmen erst recht zur
Regel würden. Das zeigt ja schon die aktuelle Debatte. Es geht da im Grunde
kaum mehr um die "schwere geistliche Notlage einzelner", sondern fast immer
um die konfessionsverschiedenen Ehen generell.
Nach dem Klärungsversuch in Rom hieß es, die deutschen Bischöfe
sollten weiter nach einer einmütigen Lösung suchen. Wie könnte die aussehen?
Wir müssen intensiv miteinander sprechen und abwarten, was an
weiteren Klärungen aus Rom kommt - und dann sehen, wie wir gemeinsam
weitergehen können. Aber konkret antizipieren kann ich dieses "Wie" jetzt noch
nicht. Dabei ist mir wichtig zu betonen, dass wir keine politische Partei sind,
deren Abstimmungen manchmal Gewinner und Verlierer hervorbringen. Unser
Ziel reicht weiter: Wir suchen gemeinsam nach einem tieferen Verständnis
unseres Glaubens. Deshalb bin ich dankbar, dass Kardinal Marx als Impulsgeber
für die geplante Handreichung ein intensives Nachdenken darüber angestoßen
hat, was uns die Eucharistie eigentlich bedeutet, warum sie uns heilig ist, warum
sie Mitte unseres gläubigen Lebens ist - und wie Kirchengemeinschaft und
Eucharistiegemeinschaft zusammengehören.
In der Auseinandersetzung spielen Stilfragen eine große Rolle, zum
wiederholten Mal wurde nun ein nicht zur Veröffentlichung bestimmter Brief
an Medien durchgestochen. Ist das zur Klärung der Probleme hilfreich?
Es ist gut und richtig, dass wir im Geiste der Mitbrüderlichkeit aufrichtig
miteinander diskutieren, wenn nötig auch kontrovers. Dass dann bisweilen
Indiskretionen passieren, die medial sehr interessant werden, schadet der Sache
natürlich. Nämlich weil die Bischofskonferenz ja nicht nur eine Botschaft hat,
sondern auch selbst eine ist. Dass der Brief von uns Sieben öffentlich wurde, war
nicht gut. Andererseits wurde unser Brief weltweit wahrgenommen, darin hat
sich die weltweite Relevanz des Themas noch einmal gezeigt. Deshalb lag in
diesem Schaden aus meiner Sicht am Ende auch noch etwas Gutes.
Erzbischof Ladaria favorisiert eine Lösung, bei der jeder einzelne Bischof
für sein Bistum entscheidet. Das Kirchenrecht schreibt aber zusätzlich "bzw. der
Bischofskonferenz". Diese Ebene ist in Ladarias Brief einfach weggefallen, oder
wie verstehen Sie das?
Nach meinem Verständnis beschreibt Erzbischof Ladaria mit seiner
Formulierung nicht einen Ist-Zustand, sondern visiert eine mögliche Lösung an.
Zugleich verstehe ich ihn aber so, dass die römischen Dikasterien zuvor
gewissermaßen die Weite des Spielraums einer solchen "schweren Notlage"
ausloten sollen, innerhalb dessen ein Diözesanbischof dann entscheiden kann.
Ob die vorgeschlagene Lösung der geplanten Handreichung im Rahmen dieses
Spielraums ist oder außerhalb, wird man sehen.
Ist es für Sie hinnehmbar, dass ausgerechnet im Land der Reformation,
wo es so viele katholisch-evangelische Ehen gibt wie nirgends sonst, künftig
möglicherweise je nach Bistum unterschiedliche Lösungen praktiziert werden?
Aufgrund dieser besonderen Situation bei uns in Deutschland haben wir
auch eine besondere Verantwortung, zu einer guten und einheitlichen Regelung
zu kommen. Unterschiedliche Handhabungen von Bistum zu Bistum hielte ich für
problematisch, sie könnten den Eindruck der Beliebigkeit wecken, auch im
Kontakt mit unseren Brüdern und Schwestern der orthodoxen Kirche.
Auch kirchliche Fachleute bezweifeln, ob Regeln sinnvoll sind, die sich
gar nicht durchsetzen lassen. Steht sich mit dem Beharren auf klaren Vorgaben
die katholische Kirche hierzulande ein bisschen selbst im Weg? Ist das "typisch
deutsch"?
Das Zweite Vatikanische Konzil hat festgestellt, dass die Eucharistie die
Mitte von allem ist, Quelle und Höhepunkt unseres Glaubens. Ich glaube daher,
dass man sich nicht genug darum bemühen kann, sie zu verstehen, zu vertiefen -
und sie als unser Allerheiligstes besonders zu ehren. Die Kirche hat daher immer
schon Kriterien formuliert, die ein Hinzutreten zur Kommunion ermöglichen. Wie
diese heute zu fassen sind, darum ringen wir. Aber die vielen Äußerungen aus
allen Teilen der Weltkirche haben mir deutlich gemacht, dass das wahrlich nicht
allein eine typisch deutsche Frage ist.
<link http: www.katholisch.de aktuelles aktuelle-artikel oster-mussen-uns-fragen-was-weniger-gut-gelaufen-ist>Von Christoph Renzikowski (KNA)