Berlin / Regensburg, 9. April 2024.
Das katholische Hilfswerk Misereor hat in Zusammenarbeit mit der Initiative erlassjahr.de die Verschuldung der Länder des Globalen Südens festgestellt. 130 von 152 untersuchten Ländern weltweit sind demnach kritisch verschuldet, 24 von ihnen sogar „sehr kritisch“.
Verschuldete Staaten im Globalen Süden müssen 2024 so viel Zinsen undTilgungen wie noch nie an ihre ausländischen Gläubiger zahlen. Ein Grund sind nach Angaben von von erlassjahr.de und Misereor fehlende Schuldenerlasse. Dies zeigt der Schuldenreport 2024, der am 9. April 2024 im Vorfeld der Frühjahrstagung von IWF und Weltbank veröffentlicht wurde. „In 45 Staaten fließen mehr als 15 Prozent der Staatseinnahmen in den Schuldendienst“, erklärt Kristina Rehbein, Politische Koordinatorin des deutschen Entschuldungsbündnisses erlassjahr.de. Pro Tag seien dies mehr als eine Milliarde US-Dollar.
„Unsere Untersuchungen zeigen, dass viele Länder im Globalen Süden deshalb buchstäblich mit dem Rücken zur Wand stehen“, so Rehbein weiter. Dringend notwendige Investitionen in Bildung, Gesundheit und Klimaschutz seien durch den erdrückenden Schuldendienst massiv erschwert. „In Zeiten hoher globaler Zinsen können viele kritisch verschuldete Staaten den hohen Schuldendienst nur noch leisten, wenn sie dafür an anderen Stellen stark einsparen“, mahnt Rehbein.
Fehlende Schuldenerlasse gefährden Menschenrechte
„Die Ergebnisse aktueller Umschuldungsverhandlungen in kritisch verschuldeten Ländern wie Sambia, Suriname und Sri Lanka zeigen einen gefährlichen Trend: Gläubigerinteressen dominieren, echte Schuldenstreichungen gibt es daher kaum. Es sind die Menschen in den Schuldnerländern, die dafür bezahlen“, mahnt Klaus Schilder, Experte für Entwicklungsfinanzierung bei Misereor, „unsere Analysen zeigen, dass sich mehr als die Hälfte der untersuchten Länder mittlerweile in einer kritischen oder sehr kritischen Verschuldungssituation befindet. Vor Corona waren es nur 37 Prozent.“
Die Bundesregierung muss jetzt ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag erfüllen und sich dort für einen neuen Schuldenmanagementkonsens einsetzen“, ergänzt Rehbein. „Dieser kann nicht beim Status Quo verbleiben. Zentraler Maßstab muss sein, dass die Menschenrechte in den Schuldnerländern wieder in den Vordergrund rücken, und nicht die Profitinteressen der Gläubiger.“ Zu den Maßnahmen, die die Bundesregierung noch vor Ende der Legislaturperiode umsetzen sollte, gehöre etwa die Schaffung eines nationalen Gesetzes zur besseren Beteiligung von privaten Gläubigern an Schuldenerleichterungen.
Text: Misereor / Nina Brodbeck
(sig)