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Mähring begeht Anna-Wallfahrt und Heimatfest der Vertriebenen

Die Fremde zur Heimat werden lassen

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Mähring (Landkreis Tirschenreuth), 28. Juli 2024

Weihbischof Josef Graf feierte die 71. Wallfahrt der Heimatvertriebenen zur St. Anna-Gedächtniskirche am Pfaffenbühl in Mähring bei Tirschenreuth.„Liebe Eltern und Großeltern, bei der Glaubensweitergabe spielen Sie eine ganz gewichtige Rolle“, sagte Weihbischof Dr. Josef Graf beim festlichen Gottesdienst am Anna-Fest zu den Wallfahrern. „Wir bekennen, dass Jesus als wahrer Mensch auf Erden gelebt hat, und heute feiern wir das Fest seiner Großmutter, der Heiligen Anna.“

Anna und ihr Ehemann Joachim werden in der Bibel zwar nicht erwähnt. Aber die Namen der Großeltern Jesu stehen zum ersten Mal im so genannten Protoevangelium des Jakobus, einer apokryphen Schrift. Der Gedenktag der hl. Anna und des hl. Joachim ist auf den 26. Juli festgelegt. Eng damit verbunden ist der Welttag der Großeltern und Senioren. Er wurde von Papst Franziskus ausgerufen und am Sonntag zum vierten Mal von der katholischen Kirche gefeiert. Papst Franziskus ruft alle Generationen auf, die Brücken zwischen Jung und Alt zu stärken und gemeinsam für eine inklusive Gesellschaft einzutreten, in der jeder Mensch seinen Platz findet.

 

Das Wenige geht nicht zu Ende

Weihbischof Graf erinnerte in seiner Predigt daran, dass der Glaube in der Kirche schwinde, dass Missbrauch geschehen sei, dass Reformen gewünscht werden. Eltern und Großeltern stünden da sehr in der Herausforderung, ihren Glauben an ihre Kinder und Enkel weiterzugeben. Ebenso seien sie und alle Erwachsenen gefragt, sich in der Kirche und Gesellschaft, in Vereinen und wie hier im Heimatkreis Plan-Weseritz einzusetzen.

„Wagt es, eure Kräfte einzubringen, das Wenige geht nicht zu Ende!“ Josef Graf stellte damit die Verbindung zur Lesung aus dem 2. Buch der Könige her, in der der Gottesmann Elischa einhundert Männer mit zehn Gerstenbroten nicht nur speist, sondern sogar Essen übrigbleibt. „Das Wunder geschieht darin, dass das Wenige nicht zu Ende geht, sondern für Alle reicht.“ Ganz ähnlich erzählte es das Evangelium von der wunderbaren Brotvermehrung am See Tiberias. Fünf Brote und zwei Fische reichten zur Speisung von 5.000 Männern, am Ende wurden sogar noch zwölf Körbe mit Brotresten eingesammelt.

In den Fürbitten wurde den besonderen Anliegen der Heimatvertriebenen gedacht: Um Frieden und Versöhnung in unserer Welt, um verantwortliche Führer in den Ländern, darum, dass alle Menschen sich gegenseitig Achtung, Toleranz und Respekt entgegenbringen, und dass alle Geflüchteten wieder Heimat finden. Die Grundlage dafür sei einfach und schwierig zugleich: „Herr, lass uns bei uns selbst anfangen!“ Bei angenehmen Temperaturen konnte der Gottesdienst auf der Wiese vor der Kirche gefeiert werden. Zusammen mit Weihbischof Josef Graf zelebrierten Prälat Helmut Wanka aus dem Bistum Limburg und Militärdekan Siegfried Weber aus Berlin, die beide aus heimatvertriebenen Familien stammen, sowie der Mähringer Pfarrer Armin Meierhofer den Hoffnung machenden Gottesdienst. Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst von der Großkonreuther Blasmusik unter der Leitung von Theresa Bäuml. Die Besucher kamen aus dem gesamten Stiftland, aber auch aus vielen Regionen in Süddeutschland, in denen die Heimatvertriebenen aus dem Sudetenland bzw. deren Nachkommen heute leben.

 

Heimatkreis Plan-Weseritz

Die Wallfahrt zu Ehren der hl. Anna findet in Mähring immer am letzten Sonntag im Juli statt. Der kleine Ort liegt an der bayrisch-böhmischen Grenze im Oberpfälzer Wald. Die St. Anna-Gedächtniskirche wurde vom Heimatkreis Plan-Weseritz e.V. 1953 auf dem Pfaffenbühl in Mähring zunächst als Kapelle errichtet und später zur Kirche erweitert. Der Heimatkreis veranstaltet auch die Wallfahrt, den Festgottesdienst und das Heimatfest der Vertriebenen. Plan und Weseritz sind zwei Städte im Egerland in der Tschechischen Republik. Sie trugen diese Namen bis zur Vertreibung der deutschen Bewohner aus ihrer Heimat. Heute heißen sie Planá und Bezdružice. Regine Löffler-Klemsche, die erste Vorsitzende des Heimatkreises, bedankte sich bei Bürgermeister Franz Schöner aus Mähring und Altbürgermeister Josef Schmidkonz, bei allen Vereinen, Fahnenträgern und Helfern, die zum Gelingen des Annafestes beitragen.

„Ihr seid für uns etwas Besonderes“ sagte Löffler-Klemsche den Amtsträgern der Stadt Tirschenreuth zu. „Denn ihr habt 1954 die Patenschaft für uns übernommen, Ihr habt uns aufgenommen und unterstützt. Seit 2008 können wir im Museumsquartier in Tirschenreuth unsere Kultur und Tradition im Heimatmuseum präsentieren.“ Ein herzliches Dankeschön ging an alle seitherigen Bürgermeister, insbesondere an den derzeitigen Bürgermeister Franz Stahl. „Die Patenschaft besteht nun schon seit 70 Jahren. Deshalb bekommst Du, lieber Franz, als Vertreter der Stadt Tirschenreuth, heute zwei Urkunden der Sudetendeutschen Landsmannschaft und des Heimatkreises Plan-Weseritz zur Würdigung und zum Dank für eure Verdienste um uns Heimatvertriebene.“

Bürgermeister Stahl erinnerte an die großen Herausforderungen, die Ende der Vierziger und Anfang der Fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts für die Vertriebenen, aber auch für die ansässigen Bürger in der Grenzregion bestanden. „Danke auch an Sie, was Sie als unsere Patenkinder für Tirschenreuth geleistet haben.“ Für seine abschließenden Worte: „Wir leben diese Patenschaft und die Heimat ist Ihnen gewiss!“, erhielt er den Beifall der Heimatvertriebenen. Nach dem Festgottesdienst fanden sich die Besucher im Festzelt am Sportplatz ein. Die Großkonreuther Blasmusik spielte zur Unterhaltung auf, hatte aber blitzschnell einen neuen Leiter gefunden: Militärdekan Siegfried Weber dirigierte schwungvoll, leidenschaftlich und gekonnt. Der Sportclub Mähring übernahm die Bewirtung mit Braten und Weißwürsten, der Krieger- und Soldatenverein sorgte für die Getränke. Abends fand das Wallfahrtswochenende mit einem Höhenfeuer am Pfaffenbühl seinen würdigen Abschluss.

Bereits am Vortag startete an der deutsch-tschechischen Grenze eine Fußwallfahrt zur Heimatkirche St. Anna bei Plan. Nach dem Gottesdienst kehrten die Wallfahrer nach Bayern zurück, um ihre Toten auf dem Friedhof in Tirschenreuth zu ehren. Hieran schloss sich die Mitgliederversammlung des Vereins Heimatkreis Plan-Weseritz e.V. an. Danach setzten sich die Vertriebenen zum gemütlichen Beisammensein im Festzelt in Mähring zusammen.

 

Heimat und Fremde

Der Platz, an dem die St. Anna-Gedächtniskirche gebaut wurde, wurde sehr bewusst gewählt. Denn von dort aus kann man bei gutem Wetter bis in die ehemalige Heimat schauen. Und das war nach der Vertreibung gerade für die ältere Generation wichtig, die ihr ganzes bisheriges Leben „dort drüben“ verbracht hatte, und die ihre Heimat nicht oder erst nach der Grenzöffnung Anfang der Neunziger Jahre wiedersehen konnte. Sehenswert und heimatbezogen ist die Kirche ausgestaltet. So stehen unterhalb des Akanthusaltars die Namen der Heimatorte, die modern ausgeführten Kirchenfenster gedenken unter anderem Herzog Wenzel und Bischof Johannes Nepomuk Neumann. „Lass Dir die Fremde zur Heimat werden, aber nicht die Heimat zur Fremde!“ Diese inhaltsschweren Dichtworte, geschrieben von dem heimatvertriebenen Theologen Johann Andreas Blaha, stehen erhaben an der Stirnseite der Kirche. Sie hatten für die Vertriebenen ihre Berechtigung, gelten aber auch heute noch für viele Menschen in vielen Situationen.

Text und Fotos: Peter Pirner (jas)



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