News Bild Kirchen aus dem Bistum: St. Martin in Luhe

Kirchen aus dem Bistum: St. Martin in Luhe

Lutherisch, calvinistisch und katholisch


Regensburg, 13. März 2025 

In der Oberpfalz war die Nähe zu Böhmen kirchlich und politisch immer von großer Bedeutung. Nach dem der Calvinismus vertrieben war, wurde St. Martin barock ausgestattet

Das Patronat St. Martin deuten Fachleute als Hinweis auf eine sehr frühe Kirchgründung in Luhe. Im 9. Jahrhundert war St. Martin eine königliche Eigenkirche, die auf dem Boden einer königlichen Domäne stand. Im Laufe der Zeit änderte sich der Status mehrfach. So wurde die Kirche im 10. Jahrhundert Pfarrkirche. Luhe wurde eigenständige Großpfarrei. Später, im 14. Jahrhundert, war Luhe ein böhmisches Lehen und gehörte zum Erzbistum Prag. 
Die Reformation brachte auch dem Ort Luhe einige Wirren. So blieb die Pfarrei zunächst mit einen katholischen Pfarrer besetzt, wurde aber nach Eroberung durch kurpfälzische Truppen calvinistisch. Die Internetenzyklopädie Wikipedia berichtet, dass dem calvinistischen Pfarrer von den Luher Bürgern und dem Landgrafen das Leben schwer gemacht worden sei. Am 27. Dezember 1620 hat ein Überfall auf den Pfarrhof stattgefunden, bei dem, so der Bericht, das Vieh aus den Ställen getrieben und die Fensterläden am Haus eingeschlagen wurden. Nur kurze Zeit später, im Jahr 1622, begann in Luhe bereits die Gegenreformation. Es dauerte dann noch fünf Jahre, bis ein Verwaltungsakt des Herzogs von Bayern alle evangelischen Mitarbeiter in Kirchen und Schulen abgesetzt hat. Seitdem war St. Martin in Luhe wieder durchgehend katholisch. 
 

Ein Barockkirche mit gotischen Wurzeln

Heute ist die Kirche St. Martin in Luhe ein beeindruckendes Zeugnis des Barock. Es handelt sich um eine Saalkirche mit einem Walmdach. Ein Sandsteinrelief „Christus am Ölberg“ am Nordausgang der Pfarrkirche stammt noch aus der ursprünglich gotischen Ausstattung der Kirche. Im Jahr 1999 beging die Pfarrei ein besonderes Jubiläum, nämlich 300 Jahre Barock. Der Blick geht damit zurück in das Jahr 1699 als die erste größere Baumaßnahme zur barocken Umgestaltung der Kirche begann.  Die Kirche schließt nach Osten mit einem eingezogenen, fünfseitig geschlossenen Chor ab. Dieser ursprünglich gotische Chor, der wohl das älteste Bauteil der Kirche ist, wurde in dem Jahr barock umgestaltet. Er wurde mit einem Tonnengewölbe und Pilastern versehen. Die Arbeiten führte laut Chronik der Maurermeister Johannes Mayer aus Neustadt an der Waldnaab durch. Die Baugeschichte der Kirche beginnt allerdings sehr viel früher. Für den Turm lässt sich laut einer Bauinschrift der Jahr 1524 als Zeitpunkt festlegen, zu dem der Turm an die Kirche angebaut wurde. Der Turm trägt heute einen Spitzhelm. Eine historische Karte vom Ort zeigt jedoch im Jahr 1607 die Kirche und den Turm mit Satteldach. Die Uhr des Kirchturms stammt ursprünglich aus dem Rathaus. Sie wurde 1799 in den Kirchturm eingebaut. Das Kirchenschiff wurde zunächst mit Flachdecke und drei Fensterachsen an den Chor angebaut. Um 1720 hat man das Kircheninnere mit Stuckornamenten und Fresken ausgestattet. Eine Verlängerung der Kirche um zwei weitere Fensterachsen datiert auf das Jahr 1761. Zu dieser Zeit erhielt die Empore im Westen das heutige Aussehen. Die bisherige Flachdecke wurde durch ein Spiegelgewölbe ersetzt. Ein solches Spiegelgewölbe hat zu den Seiten hin eine runde Form. Die Rundungen laufen in einer zentralen waagerechten Fläche aus, sie werden also unterhalb einer gedachten Scheitellinie durch eine waagerechte Ebene beschnitten. Dadurch ist diese Deckenform sehr gut für Deckenmalereien geeignet. Das Spiegelgewölbe ist reich mit Stuckarbeiten verziert und mit biblischen Szenen ausgemalt. 
 

Nach Calvin kam der Barock

Der Calvinismus war bekannt für seine Bilderstürmerei. Auch die Kirche St. Martin in Luhe wurde in der Zeit ihrer Innenausstattung beraubt. Erst im Barock kam wieder Farbe und künstlerisches Leben in die Kirche. Die Fresken im Chorraum stellen Szenen aus dem Leben des Heiligen Martin von Tours, wie es die Legende beschreibt, dar. Der Hochaltar stammt aus dem Rokoko. Er zeigt auf dem Altarbild den Kirchenpatron St. Martin als Fürbitter für die Kirchengemeinde vor Ort. Die Gottesmutter Maria leitet die Bitten des Heiligen an die Heilige Dreifaltigkeit weiter. Rechts und links vom Altarbild stehen in einem Ensemble von vier gedrehten Säulen die Figuren der Heiligen Erzengel Michael, Gabriel und Raphael sowie ein Schutzengel. Die Seitenaltäre rechts und links von Chor stammen aus der Zeit vor 1761. Der nördliche Seitenaltar zeigt Jesus, Maria und Josef zusammen mit den Großeltern Joachim und Anna. Das Altarblatt ist die Kopie eines Bildes von Valentin Reuschl. Das Original befindet sich im Kloster Waldsassen. Im Altarauszug ist Johannes der Täufer als Knabe dargestellt. Im südlichen Altar ist die junge Maria in Begleitung ihrer Eltern Joachim und Anna zu sehen. Im Auszug ist das Martyrium des Hl. Sebastian dargestellt. Auf den Altarmensen der beiden Seitenaltäre stehen Schreine mit kostbar gekleideten und verzierten Reliquien römischer Märtyrer. Auf der Nordseite der Heilige Junius, auf die Südseite die Heilige Hilaria. An den Seiten sind weitere Altäre, darunter ein Kreuzaltar und ein Petrusaltar.  

Die barocke Kanzel ist am linken Pfeiler des Chorbogens angebracht. Auf dem Schalldeckel stehen zwei Engel, welche die Gesetzestafeln halten. Eine Besonderheit sind die zwei Taufsteine, einer aus Granit aus der Zeit vor der Kirchenerweiterung und ein hölzerner, der auf das Jahr 1761 datiert. Die Kirche St. Martin hat einen Führich-Kreuzweg aus der Zeit um 1850. Als Führich-Kreuzweg bezeichnet man Kreuzweg-Tafeln, die mehr oder weniger getreue Kopien der von Joseph von Führich für die Kirche am St. Lorenzberg in Prag, die Johannes Nepomuk-Kirche in Wien-Leopoldstadt und die Altlerchenfelder Pfarrkirche in Wien-Neubau geschaffene Kreuzwegbilder darstellen. Diese sind weit verbreitet, da von ihnen Kupferstiche angefertigt wurden, die unzählige Maler als Vorlage für von ihnen gefertigte Kreuzwegtafeln benutzten. Der Kreuzweg ist St. Martin ist in klassizistischen Bilderrahmen, daher nimmt man an, dass darin einmal ältere Bilder gerahmt waren. Im Chorraum findet sich ein Zelebrationsaltar, der die barocke Form des Hochaltares aufnimmt. Die historischen Kirchenbänke wurden 1969 erneuert, man behielt allerdings die alten Wangen der Bänke bei. Die Pfarrkirche in Luhe zeigt sich nach einer recht bewegten Geschichte heute als ein Muster barocker Kirchenausstattung.

Text: Peter Winnemöller

Fotos: DALIBRI/ Wikimedia/CC-BY-SA-4.0, DALIBRI/ Wikimedia/CC-BY-SA-4.0, DALIBRI/ Wikimedia/CC-BY-SA-4.0

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