News Bild Kirchen aus dem Bistum Regensburg: Mariä Himmelfahrt Chammünster

Kirchen aus dem Bistum Regensburg: Mariä Himmelfahrt Chammünster

Die Wurzeln der Kirche im Oberen Bayrischen Wald

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Chammünster, 14. November 2024

Der Ort gilt unter anderem als Ausgangspunkt für die Mission in Böhmen. Zwar gibt es das Kloster schon lange nicht mehr, aber die gotische Kirche ist ein beeindruckendes Zeugnis von Glaubensleben und Kirchengeschichte im Bayrischen Wald.

Die Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt in Chammünster in der Oberpfalz blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Der heutige Bau ist die vierte Kirche auf dem Grund der „cella apud chambe“, dem Klösterlein auf dem Chamb. Die dreischiffige Pseudobasilika wurde im 15. Jahrhundert fertiggestellt. Zwei Zeugen aus der frühen Zeit der Kirche finden sich bis heute vor Ort: Ein romanischer und ein frühgotischer Taufstein.

Bereits im Jahr 739 schickte Herzog Odilo von Bayern Mönche aus dem Kloster St. Emmeram in Regensburg in den Nordosten, genauer in den Oberen Bayrischen Wald, um dort ein Kloster zu gründen. Herzog Odilo ermöglichte die Gründung des Klösterleins auf dem Chamb, dem größten Nebenfluss der Regen, durch Schenkung von 50 Quadratkilometer Land. Die früheste urkundliche Erwähnung des Klosters findet sich 80 Jahre später. Bischof Baturich, fünfter Bischof von Regensburg in den Jahren 817 bis 847, besuchte im Jahr 819 das Kloster. Durch einen Umritt sicherte er dem Kloster offiziell seinen Besitz. Solch ein Umritt war seit dem frühen Mittelalter ein Akt der Besitzergreifung von Land oder Sicherstellung von Herrschaft. Bekannt sind diese Rechtsakte von den „Königsumritten“, mit denen die mittelalterlichen Herrscher ihr Königtum absicherten. Bedeutsam ist dieser Umritt vor allem deshalb, weil die Urkunde, die diesen Umritt offiziell bestätigt, die älteste in der Oberpfalz erhaltene historische Urkunde ist.

Beginn mit einer Holzkirche

Die erste Kirche wird eine Holzkirche gewesen sein. Darin sind sich alle Chronisten einig. Sie könnte bei einem der Ungarneinfälle um das Jahr 910 zerstört worden sein. Die zweite Kirche erbaute man im romanischen Stil. Diese Kirche wurde durch König Ottokar II. von Böhmen zerstört. In der zweiten Hälfte des 13. Jh. begann man mit dem Bau der frühgotischen dritten Kirche. Später gefundene Steinmetzzeichen deuten darauf hin, dass die Regensburger Dombauhütte beteiligt oder sogar federführend war. Von dieser Kirche stehen heute noch der Chor und der Nordturm, der Südturm war im 19. Jahrhundert baufällig geworden und musste erneuert werden. Ferner ist in der Kirche noch der Ansatz des frühgotischen Triumphbogens zu sehen. In den Hussitenkriegen wurde die Kirche in weiteren Teilen ruiniert, so dass ein Neubau der dreischiffigen Halle notwendig wurde. Diese vierte, spätgotische Kirche wurde auf erhalten gebliebenen Fundamenten und Säulenstümpfen sowie mit dem vorhandenen Steinmaterial der Vorgängerkirche gebaut. Auch hier sind wieder Steinmetzzeichen die stummen Zeugen der Geschichte. Drei Fresken an der Nordwand, die im Jahr 1912 freigelegt wurden, stammen aus der zweiten Hälfte des 15. Jh. Sie zeigen unter anderem das Allianzwappen der Thüringer und Chamerauer und die Legende der drei lebenden und der drei toten Könige.

Die reiche Ausstattung der Kirche ist nicht nur eindrucksvoll, sondern auch kunsthistorisches Zeugnis einer Jahrhunderte währenden Geschichte. Das älteste Ausstattungsstück ist ohne Zweifel der romanische Taufstein, der die Form einer Halbkugel aufweist. Dieser ist stark verwittert, da er über längere Zeit auf dem Friedhof stand und dem Wetter ausgesetzt war. Im Umlauf des Beckens sind Christus und die zwölf Apostel zu sehen, dazwischen befinden sich Pflanzenornamente. Es war der spätere Prinzregent Luitpold, der die Sicherung des historischen Objekts veranlasst hatte. Im südlichen Seitenschiff steht ein weiterer Taufstein aus frühgotischer Zeit, der mit Blendarkaden und Blattornamenten verziert ist.

Barock mitten in der Gotik

Der barocke Hochaltar inmitten der gotischen Architektur kann auf den ersten Blick verstören, doch in früheren Jahrhunderten hat man die Kunst seiner Zeit bedenkenlos in ein Bauwerk aus einer früheren Epoche eingesetzt. Fidelis Ittelsberger aus Cham, ein in der Region bekannter Künstler, hat diesen hochbarocken Kulissenaltar geschaffen. 26 Putten und Engel sind die Begleiter des rückwärtigen Ölgemäldes. Vor dem Gemälde steht Maria als Himmelskönigin mit Jesuskind im Arm. Figuren der Apostel Petrus und Paulus stehen rechts und links als Wächter am Altar. Der Hochaltar bildet die Mitte eines Ensembles, das von zwei Seitenaltären flankiert wird. Auf dem rechten Seitenaltar ist die Einkleidung der Hl. Walburga durch ihren Onkel Bonifatius dargestellt. Recht spät wurde der linke Seitenaltar hinzugefügt. Zur 1200-Jahrfeier im Jahr 1939 wurde er nach dem Vorbild des rechten Seitenaltares in der Werkstatt Schoyerer in Cham gefertigt. Das Altarblatt, welches den Hl. Erzengel Michael, den Patron der Deutschen, im Kampf mit dem Drachen darstellt, wurde ein halbes Jahr vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges am 1. März 1939 eingesetzt. Bemerkenswert ist ferner die Kanzel aus dem 15. Jahrhundert. Sie wächst aus der Säule heraus, hat keinen Schalldeckel und gotische Blendarkaden. Der Prediger erreicht sie durch eine Treppe in der Säule. Die Schutzmantelmadonna bei der Orgel, im Westen der Kirche, wurde vermutlich von der Bäckerzunft des Ortes gestiftet. Eine Besonderheit dieser Darstellung blieb lange verborgen. Erst im 20. Jahrhundert entdeckte man die Wundmale, die das Jesuskind trägt. Unter dem Mantel der Gottesmutter bergen sich auf einer Seite 14 geistliche und auf der anderen Seite 14 weltliche Männer. Die Gesichter der Männer wirken wie Porträts.

Mittelalterliches Beinhaus

Außer der Kirche selbst gehören noch der Karner und die St. Anna-Kapelle zur Kirche. Der Karner ist ein viereckiges Beinhaus mit Tonnengewölbe, in dem die Gebeine der Verstorbenen aufbewahrt werden, die nicht mehr auf dem Friedhof ruhen, der die Kirche umgibt. In früheren Zeiten war es unüblich, Verstorbene in einem Grab beizusetzen, in dem schon ein anderer ruht. Aus diesem Grund baute man an Orten mit wenig Platz für weitere Totenacker ein Beinhaus. Die Knochen der Verstorbenen wurden nach der gebotenen Ruhezeit aus dem Grab entnommen und im Beinhaus gelagert. In den Gewölben des Karner in Chammünster werden etwa 5000 Schädel und eine unbekannte Anzahl Knochen aus dem Mittelalter aufbewahrt. Direkt neben der Kirche findet sich die St. Anna-Kapelle. Dieses Kleinod wurde im 14. Jahrhundert von den Rittern von Chamerau gestiftet und als Grablege der Familie genutzt. In der Kapelle ist heute sakrale Kunst ausgestellt. Rund um die Anlage führt eine Mauer, die die Anlage umfriedet.

Die heutige Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt schaut auf eine lange und bewegte Geschichte zurück, die als Klösterlein begonnen hat. Noch heute nennt man sie die Urkirche des Oberen Bayerischen Waldes.

Text: Peter Winnemöller

(kw)

Weitere Infos

In der Reihe Kirchen aus dem Bistum Regensburg stellen wir ab sofort Kirchen, Klöster und Kapellen vor, die sich im weiten Einzugsgebiet der Diözese befinden.



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