Junge Union Niederbayern fragt – Bischof Rudolf Voderholzer antwortet
Zahlreiche Fragen hatten die Vertreter der Jungen Union Niederbayern im Gepäck, als sie am vergangenen Freitag Bischof Rudolf Voderholzer trafen. Der Oberhirte nahm sich mehrere Stunden Zeit, um den jungen Leuten Rede und Antwort zu stehen. So wollten die Politikengagierten unter anderem wissen, wie der Bischof von Regensburg zur Idee gleichgeschlechtlicher Ehen stehe, wie er die Vergabe von sozialcaritativen Einrichtungen an die Kirche beurteile, ob es vertretbar sei, eine Obergrenze für Flüchtlinge festzulegen, wie er Pegida einschätze oder ob sich die Kirche allein als Ort der Entschleunigung sehe bzw. sich modern und dem jeweiligen Zeitgeist entsprechend darstellen wolle.
Bereits in der Begrüßungsrunde stellte Bischof Rudolf klar, dass er immer wieder bei öffentlichen Auftritten betone, wie wichtig es sei, dass sich junge Menschen auf der Basis des eigenen Glaubens in der Politik engagieren. Damit stellten sie Weichen, die dem Wohle des einzelnen dienten: „Die Demokratie, in der wir leben ist sicher die beste Staatsform, die wir haben können. Es ist außerordentlich notwendig, dass sich Menschen in der Politik engagieren. Ich setze große Hoffnung und Erwartungen in all die jungen Menschen, die sich in der Politik oder in katholischen Verbänden engagieren, um Verantwortung für unsere Gesellschaft zu übernehmen“, so Bischof Voderholzer.
Eltern sollen frei wählen können, in welche Einrichtung sie ihre Kinder schicken
Oft bleibe er die Antwort auf die Frage schuldig, warum die Kirchen Kindergärten und sozialcaritative Einrichtungen betrieben und nicht andere freie Träger erklärte der Bezirksvorsitzende Paul Linsmaier. Grundsätzlich, so Bischof Rudolf, könne sich die Kirche auf das Subsidiaritätsprinzip berufen und damit diese Dienste übernehmen. Gleichzeitig habe die Kirche dabei aber auch den Anspruch, diese Einrichtungen auf der Basis des christlichen Glaubens zu betreiben. Bischof Voderholzer sprach sich für eine Pluralität an solchen Einrichtungen aus: „Eltern sollten bewusst entscheiden können, ob sie ihr Kind in einen Kindergarten in der Trägerschaft der katholischen Kirche oder eines freien Trägers schicken wollen. Die Kirche möchte hier keine Monopolstellung einnehmen. Ein freier Wettbewerb auf diesem Gebiet kann nicht schaden“. Es sei aber auch ein Irrglaube, so Bischof Rudolf, dass der Staat im Falle einer kirchlichen Trägerschaft für eine komplette Refinanzierung sorge. Der Eigenanteil der Kirche in Bezug auf den Erhalt, der Modernisierung und Sanierung der Einrichtungen bis hin zur Übernahme der personellen Verantwortung sei nicht zu unterschätzen.
Jesus hätte Facebook und Instagram
Will die Kirche lediglich ein Ort der Entschleunigung sein, ein ruhiger Hafen für die Anliegen der Gläubigen? Oder will sie sich öffnen? Auch modern sein und sich dem Zeitgeist anpassen? – So die Frage eines JU Vertreters. Sowohl als auch antwortete Bischof Rudolf Voderholzer. Die Kirche möchte nicht verstaubt auftreten, aber mit ihrer spirituellen Erfahrung, der Feier der Liturgie auch eine Entschleunigung bei den Menschen herbeiführen, ein genaues Hinsehen auf die Dinge, die wichtig und wünschenswert sind im Leben eines jeden, so argumentierte Bischof Rudolf und blickte dabei auf den Erhalt der Sonntagskultur. Die Feier der Sonntagskultur sei, so der Bischof, eine gewaltige Errungenschaft, die auf die jüdische Feier des Sabbath zurückgehe.
„Ich bin nicht darüber glücklich, dass am Sonntag immer wieder ‚geknabbert‘ wird. Dass immer noch ein verkaufsoffener Sonntag mehr ins Leben gerufen wird. Gleichzeitig müssen wir auch dafür sorgen, den Sonntag sinnvoll zu nutzen und nicht nach getaner Arbeit in ein Loch fallen“, erklärte der Oberhirte. Er wünsche aber auch, dass seine Diözese mit dem digitalen Zeitalter schritthalte und sich der entsprechenden Instrumente bediene. Auch Jugendpfarrer Domvikar Helm, der zusammen mit Thomas Adonie vom BDKJ die Begegnung begleitete, teilte das Anliegen von Bischof Voderholzer: „Wir dürfen uns nicht abhängen lassen. Die sozialen Medien eignen sich sehr gut für unsere Glaubenskommunikation. Wir können auf die Menschen zugehen und die Menschen können sofort darauf reagieren. Wenn Jesus in der heutigen Zeit leben würde, hätte er sicher eine Homepage, ein Facebook- und Instagramkonto“, erklärte der Jugendpfarrer.
Menschen brauchen starke christliche Identität
Was denkt der Bischof, wenn die Anhänger von Pegida argumentieren, sie wollen mit ihren Demonstrationen für den Erhalt der abendländischen Werte eintreten und eine zunehmende Islamisierung verhindern? „Es macht mir große Bauchschmerzen, wenn von Pegida die Rettung des Abendlandes heraufbeschwört wird. Menschen haben u.a. Angst vor Überfremdung. Meine Auffassung ist aber: Wer keine eigene Identität hat, reagiert ängstlich und sprachlos, wenn er einer starken Identität gegenübersteht“. Das mache auch Defizite bei uns sichtbar. Als Christen zehren wir bisweilen von einer Substanz, die Nahrung brauche, um sich nicht zu verbrauchen. „Auch ich säße nicht hier als Bischof, wenn ich nicht bereits als Kind einen guten Religionsunterricht gehabt hätte. Es ist wichtig für uns, für unser Leben, was wir im Religionsunterricht und in der Feier der Liturgie hören und erfahren. Nur so können wir selbst eine starke Identität entwickeln“.
Grundsatz: Wer Hilfe braucht, muss diese bekommen
Bei der Frage nach einer festgelegten Obergrenze für Flüchtlinge in Deutschland warf Bischof Rudolf Voderholzer einen Blick auf seine eigenen familiären Wurzeln. Auch seine Familie, die ursprünglich aus Böhmen stammte, war nach dem zweiten Weltkrieg der Vertreibung ausgesetzt. Bei fremden Menschen unterschlüpfen, auf Ablehnung und Unverständnis stoßen und sich gleichzeitig heimatlos fühlen, sind für ihn keine unbekannten Erfahrungen. Deswegen habe er auch die große Hoffnung, dass diese Menschen, die aufgrund von Krieg ihre Heimat verlassen mussten, irgendwann wieder die Möglichkeit haben, in ihre Heimat zurückzukehren. Auch die prognostizierte Flüchtlingswelle von rund 15 Millionen Menschen aus den afrikanischen Staaten mache ihm große Sorgen. Die Fluchtursachen müssten daher nachhaltig und ernsthaft bekämpft werden.
Eine Obergrenze sei immer symbolisch zu betrachten aber ein Signal an besorgte Menschen, die Angst haben, unser Land könne den Ansturm nicht mehr bewältigen. Bischof Rudolf gab aber auch zu bedenken, dass unser Staat nicht politisch handlungsunfähig werden dürfe, durch ein Zerwürfnis der politischen Verantwortungsträger. Eine unbegrenzte Zuwanderung sei aber für unser Land nicht zumutbar und würde unsere Gesellschaft in starke Turbulenzen bringen. Grundsätzlich müsse aber immer festgestellt werden: Jeder Mensch, der Hilfe braucht, soll diese auch bekommen.
Gleichgeschlechtliche Partnerschaft nicht geeignet für gesellschaftliches Wachstum
Auch die JU in Bayern hatte in jüngster Vergangenheit über gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften und einen entsprechenden Grundsatzbeschluss zur kompletten Gleichstellung zur klassischen Mann-Frau-Ehe diskutiert. Dieser Antrag scheiterte allerdings. Die Ehe von Mann und Frau müsse besonders privilegiert und geschützt werden, erklärte auch Bischof Rudolf, da diese die Voraussetzung für die Bildung einer Familie und somit für den Wachstum der Gesellschaft seien. Der Staat habe Sorge zu tragen, dass es auch in Zukunft Menschen gebe, die Rentenbeiträge zahlen. Eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft sei aber nicht dazu geeignet, dies zu fördern. Auch müsse der Staat die Rahmenbedingungen schaffen, damit die Menschen die Herausforderungen zur Gründung einer Familie auf sich nähmen.
Es sei ein Armutszeugnis, wenn Frauen, die die Entbehrungen der Gesellschaft auf sich nähmen, um Kinder groß zu ziehen und dann von Altersarmut betroffen werden. Es sei, so Bischof Rudolf Voderholzer, eine der größten Herausforderungen und Aufgaben, Kinder in ein Leben hineinzuführen, ihnen Werte mitzugeben und nach Grundsätzen des christlichen Glaubens zu erziehen. „Nach christlichem Glaubensverständnis ist die Geschlechterpolarität der Schöpfung eingestiftet. In der gegenseitigen Attraktivität von Mann und Frau ist die Zukunft eröffnet. Nach katholischem Verständnis ist die Ehe von Mann und Frau als Sakrament ein wirksames Zeichen, ein Realsymbol für die Beziehung von Gott und den Menschen. In der Ehe von Mann und Frau wird die göttliche Wirklichkeit sichtbar“, erklärte Bischof Rudolf.