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Interview mit dem Vorsitzenden des Caritasverbandes Michael Dreßel

„Katholiken helfen allen, die in Not kommen“

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Regensburg, 9. März 2023

Das Tun der Kirche beschränkt sich nicht nur auf ihre eigenen Mitglieder. Wenn die Kirche insgesamt schrumpft, bröckelt auch das Engagement, das die Kirche für das Gemeinwohl erbringt. Ein massiver Verlust für die Gesellschaft, meint der Vorsitzende des Diözesan-Caritasverbandes Domkapitular Michael Dreßel im Interview.
 

Die Zahl der Kirchenaustritte steigt, die Kirchensteuermittel sinken. Was bedeutet das für eine Gesellschaft, wenn Kirche verschwindet?

Michael Dreßel: Kirche versteht sich nicht nur in den Bereichen, die auf den ersten Blick mit Kirche verbunden werden, wie beispielsweise die klassische Seelsorge oder die Liturgie. Das ist alles wichtig, unbenommen. Aber Kirche hat von ihrem Selbstverständnis her immer auch betont, dass sie einen Beitrag für das bonum commune, für das Gemeinwohl, bringt. Das ist gerade in diesem weiten Bereich des caritativen Wirkens der Kirche wesentlich. Wenn wir sehen, in wie vielen Bereichen Caritas tätig ist - von der Beratung über Streetwork bis hin zur Versorgung von Menschen in Altenheimen und Krankenhäusern - dann sieht man dieses gesamte Spektrum, das natürlich sowohl personell als auch finanziell von Kirche getragen werden soll. Wenn Kirche insgesamt schrumpft, wird früher oder später auch dieser Bereich zu bröckeln beginnen − mit dem gesamten Engagement, das Kirche hier für das Gemeinwohl bringt. Und das halte ich für einen massiven Verlust für die Gesellschaft.

Kirchensteuermittel sind Gelder, die nur Christen zahlen, die in der Wirkung aber allen zugutekommen. Jedem, der Hilfe braucht, steht die Tür offen.

Ja, Kirchensteuer ist in gewisser Weise ein Mitgliederbeitrag. Allerdings beschränkt sich das Tun der Kirche nicht auf ihre eigenen Mitglieder. Gerade für den caritativen Bereich ist das entscheidend. Es hießt hier nicht ‚Katholiken helfen Katholiken‘. Sondern Katholiken helfen allen, die in Not kommen. Egal welcher Nationalität oder welchen Glaubens sie sind, egal welches Geschlecht sie haben, egal ob sie alt, jung krank oder gesund sind. Jeder, der kommt, wird angenommen und es wird versucht, ihm die beste Hilfe zu geben. Und das von Leuten, die das mit ihren Mitgliederbeiträgen finanzieren, wenn ich es so salopp sagen darf.

Man könnte nun den Standpunkt vertreten: Wenn die Kirche rausgeht, kann der Staat kommen und diese Angebote auffangen. Warum ist das keine gute Lösung?

Der Staat versteht sich ja nicht als Obrigkeitsstaat, der von oben alles diktiert, sondern er gibt subsidiarisch den gesellschaftlichen Playern und Gruppen – von Einzelpersonen bis hin zu politischen, sportlichen oder kirchlich-religiösen Gemeinschaften – Raum, um von unten kommend sich zu entfalten und an diesem großen Bau, der der Staat ja ist, mitzuarbeiten und einen Beitrag zu leisten. Das kann der Staat von oben her gar nicht alles verordnen oder regeln. Man sieht ja, dass mancherorts genau das versucht wird. Es funktioniert nicht. Und schlägt dann oftmals sogar ins Gegenteil um.

 

Interview: Harry Landauer

(mk)



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