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Interview mit Dekan Josef K. Geismar Deggendorf-Viechtach

Das Evangelium muss immer in die Zeit übersetzt werden

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Regensburg, 15. Juni 2023 

Im Interview mit Josef K. Geismar, dem Dekan von Deggendorf-Viechtach, betont er, dass das Evangelium immer wieder neu in die Zeit übersetzt werden muss. „Die Sprachfähigkeit über den Glauben zu fördern und anzustoßen, das ist für mich der entscheidende Schritt der Evangelisierung“, betont er gegenüber der Pressestelle.
 

Warum sind Sie eigentlich Priester geworden?

Für mich war das, da ich aus einem katholischen Elternhaus stamme, immer eine Option. In der Abiturzeit fand ich die Fragen, die gerade im Religionsunterricht aufgeworfen wurden, ungeheuer spannend. Zudem wollte ich etwas absolut Sinnvolles tun, und das hat sich dann in der Kirche für mich herauskristallisiert. Ich habe auch gern Theologie studiert, und ich finde diese Fragen immer noch aufregend, wichtig, manchmal auch lebenswendend.

Können Sie noch was zum Dekanat sagen. Wieviel Katholiken sind hier?

Ich bin dabei, das neue Dekanat Deggendorf -Viechtach kennenzulernen. Beim Besuch des Bischofs war ich in Ecken, in denen ich vorher noch nicht war. Es gibt für mich noch viele blinde Flecken in diesem großen neuen Dekanat, vom Arber bis zur Isar. Aber es ist ein spannendes Gespann, Gäuboden, Isartal, Bayerischer Wald, und ich bin gespannt, was dabei rauskommt und wie sich die Pfarreien gegenseitig inspirieren.

Wie ist das Leben nach Corona? Das Gemeindeleben? Geht das wieder los?

Das Schönste finde ich sind die ungezwungenen Begegnungen. Auch wenn das Gemeindeleben eher stotternd in Schwung kommt, ist doch einfach wieder ein Stück Normalität eingekehrt. Sehnsucht zu spüren nach ganz normalen Begegnungen, miteinander umgehen, miteinander feiern, miteinander den Alltag und die kirchlichen Feste erleben. Die erste normale Erstkommunion, das war einfach ein großes Fest. Endlich hatten wir wieder eine wirklich volle Kirche. Das hatten wir jahrelang nicht mehr. Wir haben immer noch Nachwirkungen durch die Coronazeit, die man deutlich spürt, nicht bei den großen Sachen, aber im Alltag.

Es ist eine große Herausforderung, junge Menschen für die Kirche zu gewinnen. Gibt es da irgendein Rezept, wie man die jungen Menschen wieder andocken kann?

Ein Rezept ganz sicher nicht. Was wir machen können, sind überzeugende Angebote, junge Menschen anzusprechen, ihnen anzubieten, mitzuwirken auf den verschiedenen Ebenen. Aber religiöse Erziehung und Glaubensweitergabe liegen nicht in den Händen der Pfarrer und pastoralen Mitarbeiter, das ist die Aufgabe der Eltern, und das versprechen sie auch bei der Taufe. Wenn ich sie dann beim ersten Elternabend vor der Erstkommunion an dieses Versprechen erinnere, dann schauen sie mich ganz ungläubig an. Aber sie haben versprochen, ihren Glauben weiterzugeben. Auf dieser Grundlage bauen wir auf, und dieses Fundament ist nicht sehr tragfähig. Es gibt immer wieder überraschend auch junge Menschen, die sich im Laufe ihrer Kindheit und Jugend für Kirche näher interessieren und am Glaubensleben Interesse haben. Aber das ist keine Massenbewegung. Nach Corona fällt auf, dass der Ministrantendienst bei uns wieder an Attraktivität gewonnen hat.

Wie steht es mit der Verbandsarbeit? Gibt es irgendwelche besonderen Aktivitäten, die Ihr Dekanat auszeichnet?

Wir haben eine relativ starke Landjugend im Bereich des bayerischen Waldes, im Viechtacher Bereich. Ein kleines Highlight ist die neue Gründung der KJG in Deggendorf. Da haben herausgewachsene Ministranten was Neues gesucht, und die haben in der KJG auch was Neues gefunden. Das läuft sehr gut. Ich bin sehr mit dieser Entwicklung zufrieden. Ich denke mir, die Verbände leben davon, dass man sich bindet und diese Bindungsfreudigkeit nimmt immer mehr ab, das Problem betrifft auch Gewerkschaften, Parteien und viele andere Vereine. Ein Highlight zu dem ich aufrufen möchte, ist der neue Ministrantentag. Am 23.06.23 soll dieser in Sankt Martin wieder stattfinden – und auf den freue ich mich auch sehr.

Die Zusammenarbeit mit den Ehrenamtlichen wird ja immer wichtiger, oder?

Absolut! Ohne Ehrenamtliche wird es nicht laufen. Die sind da und sie sind wichtig. Aber man darf sie auf keinen Fall überfordern. Man muss den Ehrenamtlichen klar zu verstehen geben, dass ihre Mitarbeit willkommen ist, aber dass sie auch auf ihre Grenzen achten müssen und dürfen.

Das Thema Neuevangelisierung.

Das Evangelium muss immer in die Zeit übersetzt werden, in der es verkündet und gehört wird. Die Zeit dafür ist immer neu. Und diese frohe Botschaft des gekreuzigten und auferstandenen Christus in die Zeit und an den Ort konkret zu übersetzen, das muss immer geleistet werden. Die Sprachfähigkeit über den Glauben zu fördern und anzustoßen, das ist für mich der entscheidende Schritt der Evangelisierung. Neu ist sie immer.

Welchen Mehrwert hat die Kirche gegenüber dem Staat?

Für mich eine schwierige Frage. Kirche gibt es ja immer in einem konkreten Staat. Und ein gutes Miteinander von Staat und Kirche und das gegenseitige Respektieren der jeweiligen Grenzen ist sicher zum Wohl für alle Menschen.
 

Fragen und Bild: Stefan Groß



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