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Interview mit Dekan Georg Birner

„Evangelisierung ist unser tägliches Brot“

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Abensberg, 12. Juli 2023

Wir haben Dekan Georg Birner in seiner Pfarrei in Abensberg getroffen und mit ihm über die Herausforderungen nach der Corona-Pandemie, über die Rolle der Ehrenamtlichen und über die Aktivitäten im Dekanat gesprochen.
 

Warum sind sie eigentlich Priester geworden?

Die gute und wohlwollende Atmosphäre zu Glaube und Kirche, in der ich aufgewachsen bin, mein zu Hause, meine Familie und meine Heimatpfarrei haben gewissermaßen den Grund dafür gelegt. Um das Gymnasium besuchen zu können, bin ich zunächst ins Internat nach Ensdorf und später nach Bamberg zu den Salesianern Don Boscos gegangen. So bin ich in den Beruf fast hineingewachsen; und auch, weil ich gespürt habe, dass die Fragen der Theologie und der Bibel Fragen für jede Zeit sind und auch den Menschen von heute Hilfen für ihr Leben sein können. Als Priester möchte ich helfen, die Verbindung zwischen beidem zu finden.

Vielleicht einige Fakten zum Dekanat: Wie viele Katholiken gibt es?

Das Dekanat Kelheim hat ca. 75-76 tausend Katholiken. Es erstreckt sich über den ganzen Landkreis Kelheim - kurz vor Dietfurt bis nach Volkenschwand, Richtung Freising.

Wie läuft die Zusammenarbeit im Dekanat?

Im vergangenen Jahr wurde die Dekanatsreform durchgeführt. Jetzt steht die pastorale Planung 2034 im Mittelpunkt. Hier ist es wichtig, dass man die einzelnen Gemeinden und ihre Geschichte kennenlernt, aus der sich dann die Erfordernisse für eine Neuaufstellung der Seelsorge ergeben. Ich kann ehrlich sagen, dass im neuen Dekanat Kelheim von Anfang an eine gute Zusammenarbeit in der Dekanatskonferenz und auch in der Dekanatsversammlung mit den Pfarrgemeinderäten möglich war.

Gab es Aktionen während der Corona Pandemie? Wie sind Sie auf Menschen zugegangen? Wie ist das kirchliche Leben nach der Pandemie?

Corona hat uns natürlich sehr herausgefordert. Im Pfarrteam sind wir heute sechs Seelsorgerinnen und Seelsorger. Damals waren wir zu fünft und hatten überlegt, wie wir den Kontakt mit den Menschen in Zeiten von Ausgangssperren und Kontaktverboten halten können. In dieser Zeit habe ich versucht, telefonisch mit den Gemeindemitgliedern einen persönlichen Kontakt zu halten. Im Nachhinein höre ich ganz oft, wie wichtig und schön dies gewesen ist und wie sich die Menschen jetzt wieder freuen, zusammenkommen zu dürfen. Der Sonntagsgottesdienst hat nach der Pandemie wieder einen neuen Anschub bekommen. Ich meine das nicht zahlenmäßig, sondern vom Bewusstsein der Menschen, dass die Gemeinschaft des Gottesdienstes wichtig für den Glauben ist. Das heißt: Diejenigen, die jetzt wieder da sind, freuen sich, dass wir uns sehen, dass wir uns gegenseitig im Glauben bestärken können.

Dankbar bin ich im Rückblick auch dafür, dass wir den Nachmittag des Heiligabend als katholische und evangelische Pfarrgemeinde in Abensberg zusammen mit unserem Bürgermeister mit einem ökumenischen Gottesdienst im Schlossgarten gefeiert haben – nun schon zum dritten Mal.

Die Stadtkapelle und etliche Ehrenamtliche waren mit im Boot. Wir konnten die Feier auch im Livestream übertragen. Corona hat hier unser Miteinander gestärkt.

Die Kirche ist auf Zukunft gebaut. Gibt es da Angebote? Wie kann man Menschenfischer und Menschenfänger für junge Leute wieder sein?

Ich glaube, das ist unabhängig von Jung oder Alt. Die Kirche muss wieder klein werden. Dies aber nicht im Sinne eines Zusammenschrumpfens zu einer Gemeinde der Hundertprozentigen.

Sondern klein im Sinn von auf Augenhöhe.

Hier ist mir ein Wort von Klaus Hemmerle wichtig: „Lass mich dich (kennen)lernen, dein Denken und Sprechen, dein Fragen und Dasein, damit ich daran die Botschaft (immer wieder) neu lernen kann, die ich dir zu überliefern habe.“

Oder wie es der neue Präfekt der Glaubenskongregation gesagt hat: Wichtig ist das „Bemühen um eine Theologie im Dialog mit dem konkreten Leben der Menschen, mit ihrem Leiden, ihren Schicksalsschlägen und ihrer Hoffnung.“

So merken die Menschen, dass man sie nicht für irgendwelche Zwecke einsetzen will, sondern vorbehaltslos auf sie zugeht. Ich glaube, die Menschen spüren, egal welcher Generation, wenn man es mit denen ehrlich meint. Da kann wieder viel wachsen.

Wie steht es bei Ihnen im Dekanat mit der Ministrantenarbeit?

Der große Anteil der kirchlichen Jugendarbeit ist die Ministrantenarbeit in den Gemeinden. Es gibt jährlich einen Ministrantentag im Dekanat, zu dem die Ministrantinnen und Ministranten aller Gemeinden eingeladen sind. Es gibt aber auch die Kolpingjugend, die KJG und die KLJB, die Pfadfinder und den großen Bereich der Musik.

Wir sind sehr darauf angewiesen, wenn sich die Kinder bewusst nach der Erstkommunion für den Ministrantendienst entscheiden, dass die Eltern diese Entscheidung mittragen. Uns ist es ein großes Anliegen, dass der Rückhalt von den Familien auch tatsächlich da ist.

Welche Rolle spielt die Rolle der Ehrenamtlichen in der Zukunft?

Ohne Ehrenamtliche wird es in Zukunft überhaupt nicht mehr gehen. Sie sollen aber nicht den Eindruck bekommen, dass sie der Notnagel sind, weil die Hauptamtlichen weniger werden. Das wäre ein ganz falsches Signal!

Man muss einfach aufmerksam wahrnehmen, dass es verschiedene Begabungen gibt. Und diese vielen Talente und Fähigkeiten haben ein Recht, dass sie in das Leben einer Gemeinde eingebracht werden dürfen. Man sollte auf die Leute zugehen und sagen: „Mensch, kannst du dir das vorstellen? Letzte Woche kamen zwei junge Leute zu mir und sagten: wir hätten Interesse am Kommunionhelferdienst. Denen musste ich nicht nachlaufen – dies ist wie ein Sechser im Lotto.

Wenn ich zurückdenke, kann ich dankbar sagen: Ich habe auf die Bitte zur Mitarbeit selten ein Nein zu hören bekommen.

Es gibt im Bistum eine neue Katechistenausbildung, die im September beginnt, sind Gemeindemitglieder daran beteiligt?

Es gibt in unserer Pfarreiengemeinschaft zwei Interessenten, mit denen ich Gespräche geführt habe.

Ich glaube, dass diese auf einem guten Weg sind. Allerdings ist die Rückbindung an die Pfarrei sehr wichtig, damit dieser Dienst von den Menschen auch angenommen wird.

Welche Rolle spielt das Thema Neuevangelisierung?

Neuevangelisierung oder überhaupt Evangelisierung ist unser tägliches Brot. Für uns ist es wichtig, täglich den Glauben ins Gespräch zu bringen. Das bedeutet: Das Evangelium als Hilfe für jede Lebensphase anzubieten.

Welche seelsorgerischen Angebote machen Sie an ältere Menschen?

Wir haben nach Corona wieder mehrere Ehrenamtliche gefunden, die sich – ebenfalls – von selber angeboten und wieder einen Seniorenkreis auf die Beine gestellt haben. Es finden zweiwöchentliche bzw. monatliche Treffen statt. Die Räume in den jeweiligen Pfarrheimen sind jedes Mal gut gefüllt. Diese Zusammenkunft ist für ältere Menschen wichtig, denn sie spüren die Einsamkeit und ihr Bewegungsradius wird immer kleiner. Durch den Seniorenkreis in der Pfarrei gibt es eine Anlaufstelle. Dort kann jeder hingehen und dabei sein.

Sie haben auch eine Krippe, die immer wächst. Stimmt das?

Diese Idee hat eine unserer Gemeindereferentin während Corona entwickelt und umgesetzt. In der Abensberger Pfarrkirche wächst diese Krippe während der Advents- und Weihnachtszeit.

Es kommen nach und nach die verschiedenen Krippenfiguren dazu, Texte und Bilder laden Familien ein, sich dadurch ebenfalls auf den Weg nach Betlehem zu machen. Wir haben das nach Corona so beibehalten.

Was macht den Mehrwert der Kirche gegenüber dem Staat aus?

Ich erlebe in meinem Bereich ein gutes und vertrauensvolles Miteinander zwischen der Kommune und der Pfarrgemeinde. Wir stehen auch nicht in Konkurrenz. Es sind ja dieselben Menschen, für die wir da sind.

Kirche darf allerdings die Frage nach Gott einbringen, und so versuchen, den Blick der Menschen zu weiten.

 

Fragen und Fotos: Stefan Groß

 

Dekan Georg Birner mit seinem Hund


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