„Herr, du bist mein Leben“ – Ein Kirchenlied fragt nach dem Sinn des Lebens
„Herr, du bist mein Leben“ – Ein Kirchenlied fragt nach dem Sinn des Lebens
Der Mensch will leben. Das ist schon in seiner Natur angelegt: Als Lebewesen streben wir nach dem Leben, nicht nach dem Tod. Gleichzeitig aber fragt der Mensch über sein eigenes Leben hinaus: Er ist sich seiner Sterblichkeit bewusst und stellt seit Menschen denken können die Frage, was nach dem Tod wartet. Ewiger Tod? Oder Auferstehung zum Leben? Und gleichzeitig kann der Mensch nach dem Sinn seines Lebens fragen. Wir streben nicht nur danach, irgendwie zu überleben, sondern wollen wirklich leben. Im Johannesevangelium verspricht Jesus den Seinen: „Ich bin gekommen, dass sie das Leben in Fülle haben.“ (Johannes 10,10).
Jesus ist Leben
Leben in Fülle ist die Sehnsucht des Menschen – in seiner Qualität als ein Leben, das aus der Fülle heraus vollkommen ist, aber auch in seiner Dauer als ein Leben, das kein Ende kennt und auch vom Tod nicht besiegt werden kann. Nach dem Sinn des Lebens, nach seiner Fülle fragt auch ein Kirchenlied: „Herr, du bist mein Leben“ (Gotteslob 456). Es basiert ursprünglich auf einer zweistrophigen italienischen Version, aus der im Deutschen vier Strophen wurden. Direkt zu Beginn bekennt das Lied: „Herr, du bist mein Leben, Herr, du bist mein Weg. Du bist meine Wahrheit, die mich leben lässt.“ Eben dies hatte Jesus seinen Jüngern durch alle Zeiten hindurch zugesagt: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben“ (Johannes 14,6). Jesus verspricht nicht nur, den Weg und die Wahrheit und das Leben zu zeigen; er selbst ist all das. Bei ihm lässt sich das „Leben in Fülle“ finden.
Jesu Leben ist Vorbild
Wir Menschen bedürfen der Führung zu diesem Leben in Fülle; die zweite Strophe zeigt das. Das italienische Vorbild des Liedes trägt den Titel „Symbolum ´77“ – „Symbolum“ ist das Glaubensbekenntnis. Und so lässt sich diese zweite Strophe als Kurzform des Glaubensbekenntnisses verstehen: Jesus Christus, Gott und Mensch, wurde Mensch, starb und ist von den Toten erstanden. Er ist beim Vater und wird wiederkommen, um das Reich Gottes zu verwirklichen. Dieses Leben Jesu lässt sich für uns Christen als Vorbild für ein Leben in Fülle verstehen. So gibt auch der Apostel Paulus der Gemeinde von Philippi ein entscheidendes Vorbild für das geschwisterliche Miteinander an die Hand: „Seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht“ (Philipper 2,5). Das Leben nach dem Vorbild Christi ist ein Wegweiser zur Vollkommenheit.
Jesus ist Zuflucht
Auf diesem Weg können Menschen aber straucheln; immer wieder verlassen wir den Weg, der dem Leben eines Christen doch eigentlich ziemen würde. Und doch können wir immer wieder Zuflucht bei Jesus Christus suchen: „Du nimmst alle Schuld von mir und verwirfst mich nie, lässt mich immer ganz neu beginnen“, heißt es im Lied. Kurz davor hört man wiederum den Apostel Paulus durch, der an die Römer schreibt: „Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges noch Gewalten, weder Höhe oder Tiefe noch irgendeine andere Kreatur können uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.“ (Römer 8,38-39)
Nichts trennt uns von der Liebe unseres Herrn. Uns deshalb dürfen wir mit dem Autor des Liedes auch weiter bekennen: „Jesus, unser Retter, an dich glauben wir.“ Eingebunden ist dieses Bekenntnis in die Gemeinschaft in Gott, die Gemeinschaft zwischen Vater, Sohn und Geist, zu deren Lob das Lied in der Doxologie der vierten Strophe anhebt. „Mach uns zu Boten deiner Liebe“ ist ein Aufruf, nicht nur im Glauben an den guten Gott zu verharren, sondern diese Botschaft vom „Leben in Fülle“ bis an die Enden der Welt hinauszutragen.