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Gespräch mit Domvikar Georg Schwager

Christliche Bestattungskultur


Regensburg, 26. März 2025

Im vergangenen Januar hat die Katholische SonntagsZeitung Domvikar Monsignore Georg Schwager ausführlich interviewt. Bei den Gesprächen standen die Heiligen und Seligen der Diözese Regensburg im Zentrum. Der Leiter der Abteilung für Selig- und Heiligsprechungsverfahren äußerte sich bei der Frage nach der Verehrung von Reliquien außerdem über die Problematik der Verbrennung des menschlichen Leibes nach dem Tode (wir berichteten). Anhand der Reaktionen seitdem ist festzustellen, dass die Thematik eine maßgebliche Frage unseres konkreten Verhaltens als Christen und Katholiken in dieser Zeit aufgegriffen hat. Nach zahlreichen Reaktionen, die nicht zuletzt bei Domvikar Georg Schwager eingegangen sind, möchte sich dieser nun im Gespräch äußern. Er führte das Interview mit Redaktionsleiter Dr. Veit Neumann.

Verehrter und lieber Monsignore Domvikar Schwager, wie steht es um das Thema der Verbrennung der Verstorbenen?

In Milde, aber auch in Klarheit möchte ich dieses Thema der Verbrennungen der Leichname, also unserer Verstorbenen, ansprechen. So mancher Pfarrer würde über dieses Thema sprechen, aber er kann es nicht, weil es beim Trauergespräch oft nicht möglich ist, das Thema der Form der Bestattung, genauer: des Verbrennens, zu aktualisieren. Es gebietet der Anstand bzw. die Empathie, dass man beim Trauergespräch nicht mit diesem Thema beginnt.

Welches ist Ihr Anliegen?

Es ist mir eine große Sorge, es betrübt mich und es erschüttert mich auch, wenn ich die Todesanzeigen in unseren Zeitungen lese und dabei feststelle, dass die Erdbestattung an den Rand gerät. Seit einigen Jahren gibt es Urnenbestattungen in einer großen Zahl. Sie nehmen zu.

Warum ist das so?

Häufig ist es so, dass die Menschen, die zum Sterben kommen, vor allem ihre eigenen Angehörigen nicht belasten wollen, denn diese sind selbst oft familiär und in weiteren Bereichen überlastet, leben nicht am Ort, was dann nicht zuletzt die Pflege des Grabes betrifft.

Wie ist damit umzugehen?

Diese Aspekte sind in zweiter Linie zu betrachten. Für einen Christen ist es maßgebend, ob es sich um eine genuin christliche Bestattungsform handelt oder nicht. Die Form des Verbrennens ist keine genuin christliche Bestattungsform. Ich habe mich im Judentum erkundigt, wo wir unsere Wurzeln haben. Ich bekam sofort die Antwort, dass es dort streng verboten ist, den Leichnam zu verbrennen. Das ist die Grundlage dafür, dass wir im Christentum und vor allen Dingen in der katholischen Kirche die Erdbestattung als solche eigentlich grundsätzlich haben, bis heute, oder eben: hatten. Es heißt in der kirchlichen Begräbnisfeier, dass die Kirche den Brauch des Erdbegräbnisses des Leichnams vorzieht, wie auch der Herr selbst beerdigt wurde. Das ist für mich das Grundlegende, dass sich der Christ an der Bestattungsform Christi orientiert, so wie wir uns überhaupt am Leben und Sein Christi orientieren.

Woher wissen wir, wie Jesus begraben werden sollte?

Wir wissen es aus den Evangelien. Der Herr sagt es nicht, aber es wird berichtet, dass sein Leichnam nicht verbrannt wurde, sondern vielmehr mit Spezereien versehen. Für ihn stand ein Höhlengrab zur Verfügung. Dass Er in dieses vorbereitete Grab gelegt wurde, steht außer Zweifel. Andererseits weiß man von römischer und heidnischer Seite, dass dort die Leichname verbrannt wurden, in Rom etwa auf dem Forum Romanum. Das war gang und gäbe. Und das war bei den Juden von jeher streng verboten.

Gibt es dazu weitere Hinweise aus der Heiligen Schrift?

Im ersten Korintherbrief (15,35-50) macht Paulus klare Vorgaben zum christlichen Sterben und Begrabenwerden, die er schön und für jeden fassbar ausdeutet: „Wie werden die Toten auferweckt, was für einen Leib werden sie haben? Was Du säst, hat noch nicht die Gestalt, die entstehen wird; es ist nur ein nacktes Samenkorn, zum Beispiel ein Weizenkorn oder ein anderes. Gott gibt ihm die Gestalt, die er vorgesehen hat, jedem Samen eine andere.“ Bei der Art der Bestattung kann es immer Ausnahmen geben: Katastrophen, Krankheitsfälle, in denen ein Leichnam leider verbrennt oder verbrannt werden muss. Das steht außer Zweifel. Aber es ist nicht richtig, dass man die katholische Bestattungskultur grundsätzlich untergräbt.


Welche Bedeutung hat unser Leib während des Lebens?

Der Leib wird durch die Sakramente geheiligt. Als Christen und gar als katholische Christen haben wir einen geheiligten Leib, durch die Sakramente der Taufe, durch die Salbungen und durch den Empfang der Heiligen Kommunion. Das Andere dagegen erinnert an ein billiges, schnelles und problemloses Entsorgen, indem man die Asche in eine Urne senkt und möglichst wenig Arbeit mit der Grabpflege und so weiter hat. Man geht wieder zur Tagesordnung über. Das kann man nicht so hinnehmen. Ich wende mich gegen die schleichende Aushöhlung einer jahrhundertelangen Bestattungstradition und auch Bestattungskultur.

Alles schön und gut. Aber wie sieht es konkret aus? Was ist zu tun?

Der Einzelne oder die einzelne Familie kann überfordert sein. Deshalb sind die Pfarreien gefordert. Es gibt viele kirchliche Friedhöfe, wo man etwa die Höhe der Grabgebühren bestimmen kann. Auf einem kirchlichen Friedhof darf es nicht so sein, dass die Höhe der Grabgebühren die Erdbestattung verunmöglicht.

Und der Grabstein?

Es ist nicht nötig, dass man ein Monumentum über dem Grab errichtet. Das ist Sache eines jeden privaten Menschen, wie er das machen will. Es genügt ein einfaches Holzkreuz. Aber die Bestattungsform hat der Bestattungsform Christi ähnlich zu sein.

Nochmals: Wie soll das konkret machbar sein?

Es sollten sich die Kirchenverwaltungen und Pfarreien Gedanken machen, wie wir den Leuten entgegenkommen, für den Fall, dass es keine Angehörigen mehr gibt oder die Angehörigen so weit weg sind, dass man das Grab nicht mehr pflegen kann. Es gab Allerseelenbruderschaften und Friedhofspflegevereine. Diese guten Traditionen gilt es wiederzubeleben. Es ist ein Werk der Barmherzigkeit, dafür zu sorgen, dass unser Friedhof schön und würdig ist.

Wie schaut es derzeit überhaupt auf den Friedhöfen aus?

Es ist kein Zustand, wie unsere Friedhöfe versteppen. Die Versteppung ist Folge davon, dass Gräber nicht mehr belegt werden, da die Erdbestattung weicht. Vielleicht ist es ein Auftrag an unsere Zeit, dass man unsere Friedhöfe wirklich als ein „Paradiesgärtlein“, was sie ja auch sein sollen, pflegt. Darum werden die Gräber bepflanzt. Wir sollten uns um eine einfache, saubere und leicht pflegbare Art der Grabeskultur kümmern. Das ist nicht die Sache einer einzelnen Familie oder eines alten Menschen, der vor dem Tode steht, sondern das sollte von einer christlichen Gemeinschaft im Sinne der Barmherzigkeit aufgefangen werden. Es ist ein Werk der Barmherzigkeit, Tote zu bestatten, und dazu gehört auch die Grabpflege, wenn sie nicht geleistet werden kann.

Warum verhalten sich Teile der Kirche in dieser Frage passiv?

Weil man dieses Thema nicht angreifen will, weil man sagt: „Es nützt sowieso nichts, wenn man etwas sagt. Die Leute tun, was sie wollen. Warum sollen wir uns hier einmischen, wenn es sowieso nichts bringt?“ Aber das ist auch keine Haltung. Viele Pfarrer können, wie gesagt, das Thema nicht ansprechen, wenn es aktuell ist.

Wie konnten sich solche Haltungen einschleifen?

Es wundert einen nicht, dass die sich wieder ausbreitende neuheidnische Grundeinstellung Wirkung entfaltet. Die Bestattung Christi hat man nicht mehr im Gedanken. Wir müssen uns aber alle miteinander Gedanken machen, wie wir diesem Trend entgegenstehen, und deshalb die katholische Bestattungskultur pflegen, anbieten und ermöglichen.
 


Aber jetzt sind doch die Waldfriedhöfe stark im Kommen?

Es gibt wunderbare Waldfriedhöfe, wo man auch den Sarg bestattet, und es gab sie immer. Bis heute war das kein Problem, in einer schönen Natur bestattet zu sein. Aber es ist ein Unterschied, ob man sich so unter einem Baum bestatten lässt, wie ein heidnischer Germane seinen Leichnam in das Erdreich senken lassen wollte, oder ob man dies als Christ im Sinne des Samenkorns der Auferstehung und unter dem Baum des Kreuzes Christi tun möchte. Das Neuheidentum, das wir nicht brauchen können, tendiert zur ersten Form. Die Idee, dass man wieder Teil der Natur wird und in den allgemeinen Kreislauf des Aufgehens und Vergehens eingeht, ist nicht christlich. Man tut so, als hätte das eigene Leben nie stattgefunden.

Ist die Kirche so schwach, dass wir unsere eigene Botschaft nicht mehr verstehen?

Man hat sich dem Trend der Masse gebeugt. Aber es soll nicht verschwiegen werden, dass die Kirche den Brauch der Erdbestattung vorzieht. Es ist schlimm, wenn man die Vorgaben, die wir von Christus her und über Paulus haben, leichtfertig über Bord wirft. Es geht um die Christusverähnlichung und die Christusangleichung des Menschen. Das muss das Erste im christlichen Leben sein. Vor allem aber ist zu bedenken, dass bei der Verbrennung vor allem die größeren Gebeine nicht zerfallen, sondern in einer Knochenmühle zerstört werden, insbesondere der Schädel. Das ist oft nicht bekannt. Wie kann ich es zulassen, erst einmal für meinen eigenen Leib, aber vor allen Dingen auch für den Leib eines von mir geliebten Menschen, dass man ihn auf so brutale Weise zerstört?

Wie ist die Handhabung bei Priestern und Ordensleuten?

Ich habe von wenigen noch gehört, die sich verbrennen lassen. Allerdings habe ich das doch auch schon gehört, was ich in keiner Weise verstehen und auch nicht nachvollziehen kann, und das auf dem Hintergrund der Christusverähnlichung, der Aussagen des heiligen Paulus und der Sakramente. Ich kann das überhaupt nicht nachvollziehen.

Interview: Dr. Veit Neumann
Fotos: Adobe Stock 



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