News Bild Gesetzentwurf zur außerstrafrechtlichen Regelung des Schwangerschaftsabbruchs vorgestellt

Gesetzentwurf zur außerstrafrechtlichen Regelung des Schwangerschaftsabbruchs vorgestellt

Stellungnahme der DBK

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Regensburg/Bonn, 17. Oktober 2024

Eine Gruppe zivilgesellschaftlicher Organisationen hat heute (17. Oktober 2024) einen Gesetzentwurf zur außerstrafrechtlichen Regelung des Schwangerschaftsabbruchs vorgestellt. Dazu erklärt der Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Dr. Matthias Kopp:

„Die deutschen Bischöfe treten weiterhin für den Erhalt des bestehenden gesetzlichen Schutzkonzeptes nach §§ 218 ff. StGB in Verbindung mit dem Schwangerschaftskonfliktgesetz ein. Es schützt sowohl Selbstbestimmung und Gesundheit der Frau wie das ungeborene Kind und trägt der besonderen Beziehung von Mutter und Kind in der Schwangerschaft (‚Zweiheit in Einheit‘) Rechnung. Dies haben die Bischöfe mehrfach betont, so auch in ihrer Stellungnahme aus Anlass des Berichts der Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin (Erklärung des Ständigen Rates vom 23. April 2024).

Schutzwürdigkeit menschlichen Lebens nicht aufweichen!

Bei einer außerstrafrechtlichen Regelung, wie sie nun zivilgesellschaftliche Organisationen vorschlagen, besteht die erhebliche Sorge, dass damit der Anspruch auf gleichen Schutz von ungeborenem wie geborenem menschlichen Leben aufgegeben wird. Denn beim vorgeburtlichen Leben handelt es sich von Anfang an um ein individuelles Leben. Nach unserer christlichen Überzeugung kommen diesem Leben daher der gleiche Schutzanspruch und die gleiche Würde wie dem geborenen Leben zu. Auch das Bundesverfassungsgericht hat betont, dass spätestens mit der Nidation von einem menschlichen Leben auszugehen ist. Ihm ist der verfassungsrechtlich gebotene Schutz unabhängig vom Entwicklungsstadium zu gewähren. Ein nach Entwicklungsstufe und Lebensfähigkeit des Menschen abgestuftes Lebensschutzkonzept kann dieser Wertentscheidung des Verfassungsgerichts und der Schutzgarantie unserer Verfassung nicht gerecht werden. Für hochproblematisch und in sich widersprüchlich halten wir, dass gerade die Schutzbedürftigkeit des Ungeborenen und sein völliges Angewiesensein auf die werdende Mutter eine Begründung für eine verminderte staatliche Schutzpflicht gegenüber dem ungeborenen Kind darstellen sollen. Ein abgestuftes Lebensschutzkonzept, das die Kommission auch in Abkehr von der bisherigen verfassungsrechtlichen Rechtsprechung ihrem Bericht zugrunde gelegt hat, eröffnet darüber hinaus die Gefahr, die Schutzwürdigkeit menschlichen Lebens auch in anderen Lebenssituationen abzustufen und damit aufzuweichen.

Wir halten die für eine außerstrafrechtliche Regelung vorgebrachten Argumente, die in der öffentlichen Debatte aber immer wieder – so auch heute – prominent vorgetragen werden, für nicht stichhaltig:

  1. Eine Kriminalisierung oder Stigmatisierung von ungewollt Schwangeren sowie von Ärztinnen und Ärzten ist der geltenden Regelung des § 218 StGB nicht zu entnehmen. Das geltende Beratungskonzept setzt auf die letztverantwortliche Entscheidung der Frau nach dem Beratungsgespräch und trägt damit ihrem Selbstbestimmungsrecht Rechnung. Der beratene Schwangerschaftsabbruch ist ausdrücklich straffrei gestellt.
  2. Aus dem Völkerrecht folgt keine Verpflichtung zur außerstrafrechtlichen Regelung des Schwangerschaftsabbruchs. Verlautbarungen von einfachen Vertragsausschüssen zur Auslegung von Völkerrechtsvereinbarungen kommt keine rechtliche Verbindlichkeit zu. Im Übrigen ist die geltende Regelung des Schwangerschaftsabbruchs in Deutschland der Sache nach mit den völkerrechtlichen Anforderungen zum Schutz von Selbstbestimmung und Gesundheit der Frau vereinbar.
  3. Selbstverständlich muss eine ausreichende medizinische Versorgung der Frauen gewährleistet sein. Diese Gewährleistung ist Aufgabe der Bundesländer. Aufgrund der bisher nur teilveröffentlichten Informationen der ELSA-Strukturdatenanalyse wie auch der hierauf fußenden Aussagen im Kommissionsbericht können aber keine verlässlichen Aussagen zur tatsächlichen Versorgungslage in den einzelnen Bundesländern und Regionen getroffen werden. Auch weicht die Kommission in ihrem Bericht von bisher geltenden Kriterien für die Beurteilung der Versorgungslage ab und zieht auf dieser Basis ihre Schlussfolgerungen. Auf diese Defizite haben Kommissionsmitglieder in einer abweichenden Meinung auch ausdrücklich hingewiesen. Ferner scheint die Regulierung des Schwangerschaftsabbruchs im Strafrecht eine untergeordnete Rolle für die Bereitschaft von Ärztinnen und Ärzten, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen, zu spielen.
  4. Wir betrachten es als einen positiven Aspekt im Sinn des Lebensschutzes, dass die derzeit geltende rechtliche Regelung dazu beiträgt, dass es in Deutschland laut Statistik prozentual weniger Abtreibungen gibt als in anderen europäischen Ländern. So waren in Deutschland im Jahr 2022 5,4 Schwangerschaftsabbrüche je 1.000 Frauen, in Frankreich dagegen 14,1 Abtreibungen auf 1.000 Frauen zu verzeichnen. Dem geltenden gesetzlichen Schutzkonzept nach §§ 218 ff. StGB kann also durchaus eine Wirkung zum Schutz des ungeborenen Lebens zugeschrieben werden, die wir nicht abgeben dürfen.

Wir weisen nochmals darauf hin, dass frauen-, familien-, wohnungs- und sozialpolitische Maßnahmen zur Unterstützung schwangerer Frauen und zum Schutz des Lebens ausgebaut werden können und sollten. Sie können das geltende Schutzkonzept nach §§ 218 ff. StGB, das bereits auf dem Prinzip Hilfe statt Strafe basiert, weiter wirksam ergänzen. Eine humane Gesellschaft mit einem gut entwickelten Sozialstaat muss dazu in der Lage sein zu gewährleisten, dass nicht wirtschaftlicher Zwang oder soziale Not die Entscheidung für oder gegen einen Schwangerschaftsabbruch wesentlich bestimmen.“                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    

Text: Deutsche Bischofskonferenz (DBK)

(SSC)



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