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Die ganzheitliche Sicht des Menschen: das Ehe-Sakrament

Johannes Paul II. zur „Theologie des Leibes“

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Regensburg, 25. November 2024

In der Katechese vom 2. April 1980 denkt Johannes Paul II. nach über die Unauflöslichkeit der Ehe und die Erinnerung an den „Anfang“, von dem Christus mit den Pharisäern spricht, jenen Anfang, der das „grundlegende Erbe jedes Menschen, Mann und Frau“ darstelle, „in dieser Welt, zugleich die erste Bestätigung seiner Identität als Mensch gemäß der Offenbarung, der Urgrund für die Gewißheit seiner Berufung als Person, die nach dem Abbild Gottes selbst geschaffen ist“. Bedenkenswerte Worte in einer Zeit der Umbrüche, dokumentiert von CNA Deutsch.

Nach der Ehescheidung, die Moses gestattet habe aufgrund der Hartherzigkeit der Menschen, werde auch heute immer wieder gefragt, freilich ohne Bezug auf das Gesetz des Moses. Johannes Paul II. äußert sich wie folgt: „Ich glaube, dass sich unter den Antworten, die Christus den Menschen unserer Zeit auf ihre oft recht ungeduldigen Fragen geben würde, immer noch jene wesentlich wäre, die er den Pharisäern gab. Christus würde sich vor allem auf den ‚Anfang‘ berufen. Er würde das wohl um so entschiedener und nachdrücklicher tun, als sich die innere und zugleich die kulturelle Situation des heutigen Menschen von jenem ‚Anfang‘ zu entfernen und Formen wie Dimensionen anzunehmen scheint, die von dem biblischen Bild des ‚Anfangs‘ offensichtlich immer mehr abweichen.“

Zu den unterschiedlichen Formen gehören außereheliche Formen des Geschlechtsverkehrs ebenso wie ein trauscheinloses Zusammenleben. Was heute, etwa auf dem deutschen „Synodalen Weg“, mit „gelingenden Beziehungen“ beschrieben wird, liegt weit entfernt von biblischer Theologie und der Lehre der Kirche.

Johannes Paul II. erinnert darum an die „elementaren Grundwahrheiten über den Menschen als Mann und Frau“, um die „Struktur der Identität des Menschen innerhalb des Schöpfungsgeheimnisses und zugleich im Geheimnis der Erlösung“ darzulegen. Johannes Paul II. beruft sich mit Paul VI. auf eine „ganzheitliche Sicht“ des Menschen: „Man darf sagen, dass Christus in seiner Antwort an die Pharisäer seinen Gesprächspartnern ebenfalls diese ganzheitliche Sicht vom Menschen dargelegt hat, ohne die es überhaupt keine entsprechende Antwort auf die Fragen um Ehe und Fortpflanzung geben kann. Gerade diese ganzheitliche Sicht vom Menschen muss aber vom ‚Anfang‘ her entwickelt werden. Das gilt für die heutige Denkweise ebenso, wenn auch in anderer Form, wie für die Gesprächspartner Christi. Wir sind Kinder einer Zeit, wo angesichts der Entwicklung verschiedener Wissenszweige diese ganzheitliche Sicht vom Menschen leicht zurückgedrängt und durch alle möglichen Teilsichten und -auffassungen ersetzt werden kann.“

In diesen partikularen Sichtweisen werden nur noch bestimmte Aspekte hervorgehoben und eine ganzheitliche Verständnisweise vollkommen ausgeblendet: „Die Antwort Christi an die Pharisäer will auch klarmachen, dass der Mensch als Mann und Frau in diesem Sinne Subjekt ist, das heißt eine Person, die über sich selbst entscheiden soll, denn hier stehen wir vor einer Urwahrheit, dem Fundament aller wahrhaft menschlichen Erfahrungen. Dies ist die Wahrheit, nach der Christus uns im ‚Anfang‘ suchen lässt.“

Dieser „Anfang“ bewege sich, naturwissenschaftlich betrachtet, „auf einer ganz und gar vorwissenschaftlichen Ebene“: „Wir erfahren nahezu nichts über die inneren Strukturen und Gesetzmäßigkeiten, die im menschlichen Organismus herrschen. Doch gleichzeitig kommt vielleicht, gerade weil unser Text so alt ist, die für eine ganzheitliche Sicht des Menschen bedeutsame Wahrheit einfacher und voller zum Ausdruck. Diese Wahrheit betrifft die Bedeutung des menschlichen Leibes in der Persönlichkeitsstruktur des einzelnen Menschen.“

Über die zwischenmenschlichen Beziehungen müsse sodann nachgedacht werden, über das „immer gültige Verhältnis von Mann und Frau“, das nicht im Widerspruch zu den Naturwissenschaften stehe: „Im Gegenteil: wenn diese Ergebnisse uns etwas über die Formung des Menschen in seinem Mann- und Frausein sowie über Ehe und Elternschaft sagen sollen, gilt es, mit Hilfe aller Einzelelemente der modernen Wissenschaft immer das herauszustellen, was beim einzelnen Menschen, also bei Mann und Frau, sowie in ihrem gegenseitigen Verhältnis das Grundlegende und Wesentliche ist, nämlich das Personsein.“

Darüber hinaus sagt er: „Die Tatsache, dass die Theologie auch den Leib miteinbezieht, darf niemand, der um das Geheimnis und die Wirklichkeit der Inkarnation weiß, verwundern oder überraschen. Dadurch, dass das Wort Gottes Fleisch wurde, ist der Leib, ich möchte sagen, wie durch das Hauptportal in die Theologie eingetreten, also in die Wissenschaft von den göttlichen Dingen. Die Menschwerdung – und die daraus folgende Erlösung – ist auch zum entscheidenden Grund für den sakramentalen Charakter der Ehe geworden, worüber wir bei Gelegenheit noch ausführlicher sprechen wollen.“

Wer über die Ehe nachdenkt, der steht im Horizont der „Fragen des menschlichen Lebens“: „Viele Menschen und viele Christen suchen in der Ehe die Erfüllung ihrer Berufung. Viele wollen in ihr den Weg zum Heil und zur Heiligkeit finden. Für sie ist die Antwort Christi an die Pharisäer, die Eiferer im Alten Testament, von besonderer Bedeutung. Alle, die in der Ehe die Erfüllung ihrer eigenen menschlichen und christlichen Berufung anstreben, sind vor allem dazu aufgerufen, diese Theologie des Leibes, deren Anfang wir in den ersten Kapiteln des Buches Genesis finden, zum Inhalt ihres Lebens und ihres Verhaltens zu machen. In der Tat, wie unerläßlich ist auf dem Weg dieser Berufung das tiefe Bewusstsein von der Bedeutung des Leibes in seiner Männlichkeit bzw. Weiblichkeit! Wie notwendig ist ein klares Bewusstsein von der bräutlichen Bedeutung des Leibes, seiner Bedeutung für die Weckung neuen Lebens, soll doch alles, was den Inhalt des Lebens der Ehepartner ausmacht, in ihrem Zusammenleben, in ihrem Verhalten und Empfinden unaufhörlich sein volles personales Gewicht finden!“

Energisch weist Johannes Paul II. die materialistischen und utilitaristischen Sichtweisen ab: „Die moderne Biologie und Physiologie mögen viele genaue Informationen über die Geschlechtlichkeit des Menschen anbieten. Doch das Wissen um die personale Würde des menschlichen Körpers und seiner Geschlechtlichkeit ist auch noch aus anderen Quellen zu schöpfen. Eine ganz besondere Quelle ist das Wort Gottes selbst, das jene auf den ‚Anfang‘ zurückführende Offenbarung des Leibes enthält.“

Der Mensch müsse sich auf den „wahren Sinn des menschlichen Körpers“ besinnen: „Christus gebietet ihm, sich auf die Scheitellinie zwischen dem glückhaften Zustand der ursprünglichen Unschuld und dem Erbe des Sündenfalls zu versetzen. Will er ihm damit nicht vielleicht sagen, dass der Weg, auf dem er den Menschen, als Mann und Frau, im Sakrament der Ehe führt, also der Weg der ‚Erlösung des Leibes‘, in der Rückgewinnung jener Würde bestehen muss, in welcher sich zugleich der wahre Sinn des menschlichen Körpers, seine personale und ‚gemeinschaftliche‘ Bedeutung erfüllt?“

Text: Thorsten Paprotny / CNA Deutsch

(sig)



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