Erzbischof Joseph Coutts aus Pakistan berichtet über die Situation in seiner Heimat
Im Rahmen des Monats der Weltmission, einer Aktion des katholischen Hilfswerks misso, bereist Erzbischof Joseph Coutts aus Pakistan derzeit die Diözese Regensburg. In einem Pressegespräch berichtete er über die Schwierigkeiten und Herausforderungen des Christseins in seinem Land und stellte sich den Fragen der Journalisten. Coutts zeigt sich besorgt: „Werden wir zukünftig von islamistischen Extremisten dominiert oder schaffen wir es, diese Entwicklung zu stoppen?”
In Pakistan, als demokratischen Staat, gilt grundsätzlich die Religionsfreiheit. Leider nur in der Theorie berichtet der Erzbischof, denn es gibt immer wieder Vorfälle, die von dieser Gesetzgebung abweichen. Durch die Militärdiktatur von 1977 bis 1988 erfuhr das Land eine zunehmende islamistische Prägung. In diese Zeit falle auch die Einführung des Blasphemiegesetzes. Die Beleidigung des Propheten Mohammed wird bis hin zur Todesstrafe geahndet. Oft sind es aber lediglich Gerüchte, die zu einer Anschuldigung führen. So wurden in der Vergangenheit 8 Christen getötet und annährend 50 Häuser zerstört, als das Gerücht die Runde machte, Christen hätten Seiten aus Ausgaben des Korans gerissen und damit die Heilige Schrift geschändet. 35 Menschen seien in den vergangenen Jahren dem Blasphemiegesetz zum Opfer gefallen. Dies aber nicht durch staatliche Sanktionen, sondern durch praktizierte Selbstjustiz aufgebrachter Bürger.
„Jeder hilft jedem, egal ob Christ oder Muslime“
Religion sei in Pakistan ein zentraler Lebensaspekt. Die Menschen lassen sich durch Vorkommnisse, durch die sie ihre Religion angegriffen sehen zu direkten emotionalen Reaktionen hinreißen. 2013 wurden mehr als 100 Christen bei einem Anschlag auf eine Kirche getötet. Trotzdem erlebt Erzbischof Coutts in Pakistan ein Gefühl von Freiheit. Die katholische Kirche unterhält im Land beispielsweise zahlreiche Schulen und Krankenhäuser. Diese Einrichtungen machten keinen Unterschied zwischen Moslems oder Christen. Jeder könne die Leistungen der Häuser in Anspruch nehmen. In den Krankenhäusern arbeiteten muslimische wie auch christliche Ärzte. Und obwohl nur 2 Prozent der Bevölkerung Christen seien, trügen diese einen deutlich größeren Beitrag zur Entwicklung der Gesellschaft bei als andere Gruppierungen. Den großen Zusammenhalt aller Menschen spüre man bei Ereignissen, wie der großen Flutkatastrophe im September dieses Jahres: „Jeder hilft jedem, egal ob Christ oder Muslime“, erklärt Joseph Coutts.
Mehrheit der Pakistaner wünscht sich eine Demokratie
Es sind Organisationen wie der Taliban, die die Stimmung im Land verpesten. Coutts beobachtet eine steigende Intoleranz der Islamisten. Sie fordern eine islamistische Gesetzgebung, üben großen Druck auf die Menschen aus, meist durch Gewalt. So zerstören sie beispielsweise Mädchenschulen, weil sie nicht tolerieren, dass Frauen Bildung erfahren. „Die Menschen wissen, dass diese Gruppierungen nicht über eine normale, sondern eine extreme Form des Islams sprechen. Die Mehrheit der Pakistaner wünscht sich eine Demokratie“, betont der Erzbischof. Darum stehe die katholische Kirche auch im Dialog mit den Muslimen. Allerdings nicht mit den Extremen, mit ihnen ist kein Dialog möglich. Gleichzeitig sei der Einfluss Saudi Arabiens spürbar. Zahlreiche Imame studieren dort und kehren mit einem veränderten Glaubensbild zurück nach Pakistan.
Zuversichtlich lächelt der Erzbischof, als er die Sprache auf die diesjährige Trägerin des Friedennobelpreises bringt. Die erst 17-jährige Malala Yousafzai setzt sich seit Jahren trotz Mordanschlags und -drohungen für Bildung junger Menschen und vor allem für Mädchen ein: „Sie ist ein junges und mutiges Mädchen. Es war Gottes Wille, dass sie überlebt hat und ihre Botschaft weiter in die Öffentlichkeit tragen kann. Ansonsten wäre sie nur eine weitere Zahl in der Statistik der Getöteten. Sie macht uns allen Mut!“
Als Erzbischof Joseph Coutts abschließend gefragt wird, was er sich für sein Land wünsche, blickt er versonnen in die Runde der Journalisten und antwortet: „Peace and the end of violence“ (Frieden und ein Ende der Gewalt). Zuviel Energie und Geld müsse für die Sicherheit investiert werden, erklärt er. Überall werde bewaffnetes Sicherheitspersonal eingesetzt, um die Einrichtungen zu schützen. Vor 20 Jahren habe es das nicht gegeben. Der Dialog auf der Alltags- und Lebensebene sei am wichtigsten. „Wenn wir gemeinsam Probleme beheben, finden wir auch gemeinsame Werte“, so Bischof Coutts. (jas)
Erzbischof Coutts, die katholische Stimme Pakistans
Coutts, 1945 in Amritsar geboren, wurde nach Studien am „Christ the King Seminary” 1971 zum Priester geweiht. Weitere Studien führten ihn nach Rom. Er unterrichtete als Professor für Philosophie am „Christ the King Regional Seminary” in Karachi. 1988 empfing er die Bischofsweihe und wurde 1990 Bischof von Hyderabad. 1998 wurde er zum Bischof von Faisalabad ernannt. Seit 2012 ist er Erzbischof von Karachi. Coutts ist außerdem Vorsitzender der Pakistanischen Bischofskonferenz und Direktor von Caritas Pakistan. Auch in diesen Funktionen ist er die Stimme der katholischen Kirche in Pakistan und versucht, den Dialog zwischen den Religionen voranzutreiben. 2007 wurde ihm der Shalom-Preis der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt verliehen, mit dem sein Engagement im Interreligiösen Dialog gewürdigt wurde.
Wo Sie Erzbischof Coutts im Bistum Regensburg treffen können:
Donnerstag, 23. Oktober 2014
Neutraubling, St. Michael
19.00 Uhr Gebet und Infoabend im Pfarrheim
Freitag, 24. Oktober 2014
Bernhardswald, St. Bernhard
19.00 Uhr Gottesdienst,
anschl. Info-Abend im Pfarrheim
Samstag, 25. Oktober 2014
Hainsacker, St. Ägidius
18.00 Uhr Vorabendmesse zum Sonntag der Weltmission,
anschl. Info-Abend im Pfarrheim (mit Imbiss)
Sonntag, 26. Oktober 2014
Regensburg, St. Emmeram
10.30 Uhr Gottesdienst zum Sonntag der Weltmission,
anschl. Begegnung und Mittagessen im Saal der Senioren-Residenz Schloss Thurn und Taxis