Eröffnungsmesse der Frühjahresvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz im Regensburger Dom St. Peter
(pdr) Am Montagabend hat der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, den Eröffnungsgottesdienst der Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz im Hohen Dom St. Peter zu Regensburg zusammen mit rund 70 Bischöfen und Weihbischöfen aus der ganzen Bundesrepublik sowie mit zahlreichen Gläubigen gefeiert.
Begrüßungsworte von Bischof Gerhard Ludwig Müller
Als Bischof von Regensburg darf ich Sie, liebe Schwestern und Brüder, und mit Ihnen alle deutschen Bischöfe in dieser Eucharistiefeier zum Beginn der Frühjahrsvollversammlung im Hohen Dom St. Peter sehr herzlich willkommen heißen. Mein besonderer Gruß gilt dem Apostolischen Nuntius in Deutschland, Hwst. Herrn Erzbischof Jean-Claude Périsset, dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Hwst. Herrn Erzbischof Robert Zollitsch und den Gästen aus der Weltkirche: Hwst. Herrn Erzbi-schof Samuel Kleda aus Kamerun, Hwst. Herrn Bischof Salvadore Lobo aus Indien und Hwst. Herrn Bischof Jesùs Juárez Párraga aus Bolivien.
Für die Neuevangelisierung im kommenden Jahr des Glaubens ist die Mitverantwortung aller Gläubigen im Laienapostolat unverzichtbar. Darum grüße ich stellvertretend Philipp Graf von und zu Lerchenfeld, den Vorsitzenden des Diözesankomitees der Katholiken im Bistum Regensburg, und Dr. Albert Schmid, den Vorsitzenden des Landeskomitees der Katholiken in Bayern.
Die Kooperation von Kirche und Staat im Dienst am Gemeinwohl ist in Bayern vorbildlich. So begrüße ich stellvertretend für alle politischen Repräsentanten Herrn Hans Schaidinger, den Oberbürgermeister von Regensburg, einer Stadt, die dankbar auf ihre 1.600jährige christliche Tradition zurückblickt und tatkräftig dem 99. Deutschen Katholikentag 2014 entgegengeht.
Im Zeitalter der Massenmedien klaffen die Information aus erster und zweiter Hand oder der Wirklichkeitsbezug von realer und virtueller Welt oftmals auseinander. Darum besteht die Gelegenheit, die Regensburger Verhältnisse selbst in Augenschein zu nehmen.
Welche Verhältnisse sind charakteristisch für die Kirche von Regensburg, einem Bistum von über 1,2 Millionen Katholiken mit 1.600 Priestern, Diakonen und pastoralen Mitarbeitenden, mit circa 25.000 hauptamtlich tätigen Frauen und Männern in den sozialen und pädagogischen Einrichtungen, mit mitgliederstarken katholischen Vereinen und Verbänden, aber auch mit einem ehrenamtlichen Engagement der Laien, das quantitativ und qualitativ beeindruckend ist?
Wenn Sie Ihre Aufmerksamkeit auf die Vierungspfeiler um den Altar richten, dann erkennen Sie dort die beiden Apostelfürsten Petrus und Paulus. Zu Petrus hat der göttliche Stifter seiner Kirche gesagt: „Auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen“ (Mt 16,18). Die katholische Kirche besteht in und aus den bischöflich verfassten Ortskirchen, die im Nachfolger Petri das „immerwährende und sichtbare Prinzip und Fundament der Glau-benseinheit und der Gemeinschaft“ (LG 18) erkennen. Kirche in Regensburg und überall hat ein klar positiv definiertes Verhältnis zum Papst und ist darum in Lehre und Leben wirklich katholisch.
Wenn Sie Ihren Blick weiter zu den beiden vorderen Vierungspfeilern wandern lassen, sehen Sie den berühmten „lachenden Engel“ Gabriel, wie er gegenüberstehend der heili-gen Jungfrau zuruft: „Ave Maria, gratia plena“ und ihr die Freudenbotschaft verkündet, dass sie die Mutter des Sohnes Gottes werden soll. Wir erinnern uns ihrer Weisung an die Diener bei der Hochzeit zu Kana. Auch uns, den Dienern Christi, den Bischöfen, die vom Heiligen Geist eingesetzt sind, um die Kirche Gottes zu lehren, zu heiligen und zu leiten (CD 2) sagt Maria: „Was er euch sagt, das tut!“ (Joh 2,5).
Indem die Kirche Maria als die Mutter des guten Rates auch in jeder Bischofsversammlung verehrt, ist die Kirche in Regensburg und überall im Verhältnis zur seligen Jungfrau und Gottesmutter Maria marianisch und so in ihrer Frömmigkeit ganz katholisch.
In der Mitte der Kirche vollzieht sich auf dem Altar die immerwährende Gegenwart des Kreuzesopfers Jesu Christi und seiner Auferstehung: „Tut dies zu meinem Gedächtnis!“ (Lk 22,19). Kraft dieses Auftrags ist die katholische Kirche in Regensburg und überall im Verhältnis zum Fleisch gewordenen WORT wesenhaft eucharistisch.
Hochzeitlich bleibt Jesus Christus wie ein Bräutigam immer im Dialog der Liebe und der Wahrheit mit der Kirche, seiner Braut.
Also erst im Verhältnis zu Petrus, dem Felsen, zu Maria, der Mutter aller Glaubenden, und zu ihrem Haupt Jesus Christus, dem universalen Heilsmittler, treten Wesen und Sendung der Kirche im Heilsplan Gottes hervor. Denn ER „will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen“ (1 Tim 2,4). Im Dienst am universalen Heilswillen des dreieinen Gottes erweist sich die Kirche als Sakrament des Heils der Welt und darin als allumfassend, das ist katholisch.
Am 12. September 2006 hat Papst Benedikt XVI. über 200.000 Katholiken in Regensburg zugerufen: „Richten wir in dieser festlichen Feier der Eucharistie unseren Blick auf den Herrn, der hier am Kreuz vor uns aufgerichtet ist“. Mit dem Blick des „lachenden Engels“ auf Maria als Urbild der Kirche (LG 63) erfüllen wir die Bitte des Nachfolgers Petri: „Nehmen auch wir Maria als den Stern unseres Lebens an, der uns in die große Familie Gottes hineinführt. Ja, wer glaubt, ist nie allein.“
So bitte ich Dich, lieber Mitbruder Robert, für uns und mit uns die Eucharistie des Herrn zu feiern, aus der die Kirche lebt und ihre Mission erfüllt.
Predigt des Vorsitzenden Erzbischof Robert Zollitsch:
"Liebe Mitbrüder im bischöflichen, priesterlichen und diakonalen Dienst,
Schwestern und Brüder in der Gemeinschaft des Glaubens!
Bei der hl. Messe mit Papst Benedikt im Olympiastadion in Berlin fielen die zahlreichen gelben Schals auf, die Pilger aus Regensburg in den Himmel streckten und die sie freudig schwenkten, um unseren Heiligen Vater voller Begeisterung zu begrüßen. Es war gut und mehr als angebracht, dass wir Papst Benedikt von Herzen willkommen hießen. Nun kommt es darauf an, tiefer zu bedenken, was er uns sagte, und uns mit gleicher Offenheit auf die Botschaften seiner apostolischen Reise in seine Heimat einzulassen.
Zur Überraschung Vieler setzte Papst Benedikt in seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag bei der ökologischen Bewegung an, um von ihr aus den Bogen weiter zu spannen und auf den Menschen zu sprechen zu kommen. Es brauche nicht nur den Schutz der Natur und die Bewahrung der Schöpfung, sondern auch die Achtung der Natur des Menschen, ja wir brauchen eine „Ökologie des Menschen“. So sagte er: „Auch der Mensch hat eine Natur, die er achten muss und die er nicht beliebig manipulieren kann. Der Mensch ist nicht nur sich selbst machende Freiheit. Der Mensch machte sich nicht selbst. Er ist Geist und Wille, aber er ist auch Natur, und sein Wille ist dann recht, wenn er auf die Natur achtet, sie hört und sich annimmt als der, der er ist und der sich nicht selbst gemacht hat. Gerade so und nur so vollzieht sich wahre menschliche Freiheit.“
Der Mensch ist von Gott geschaffen, ausgestattet mit vielen Gaben und Fähigkeiten. Darin zeigt sich, wie Gott den Menschen gedacht und mit welcher Perspektive er ihn beschenkt und mit welcher Verantwortung er ihn ausgestattet hat. In der Natur des Menschen zeigt sich Gottes Wille und Auftrag. Wenn der Mensch entsprechend der von Gott gegebenen Natur lebt, dann wird sein Leben gelingen. Gott hat den Menschen als Mann und Frau geschaffen. Sie sind aufeinander verwiesen und dürfen im Bund der Ehe von Mann und Frau sich beschenken und Leben weitergeben. Das Kind ist die Frucht der Liebe von Mann und Frau und soll in der Familie, in der Gemeinschaft
von Vater und Mutter, aufwachsen und sich entfalten.
Jeder Mensch besitzt die ihm von Gott gegebene Würde. Jeder hat ein Recht auf ein menschenwürdiges Leben, auf Bildung und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Keiner ist nur Arbeitskraft; darum darf niemand einfach ausgenützt werden. Jeder trägt aber auch Verantwortung für sein Leben, für seine Gesundheit und das Miteinander in der Gesellschaft.
Jeder Mensch ist von Natur aus verwiesen auf den Anderen. Schon die griechischen Philosophen der Antike kennzeichnen den Menschen als „zoon politikon“, als Gemeinschaftswesen, das sich nur in der Gemeinschaft entfalten kann. Wir leben nicht von uns und wir haben unser Leben nicht von uns. Wir verdanken es Anderen und sind angewiesen auf die Anderen, um leben zu können. So sind wir auch herausgefordert, Anderen gegenüber dementsprechend zu handeln.
Und die Frage, wie wir uns Anderen gegenüber verhalten, entscheidet über unser Leben, über Heil und Unheil, so sagt es uns Jesus im heutigen Tagesevangelium. Die entscheidende Frage wird sein, ob wir dem, der hungrig war, zu essen, und dem, der durstig war, zu trinken gegeben haben; ob wir den Fremden und Obdachlosen aufgenommen und dem Nackten Kleidung gegeben haben; ob wir den, der krank war, und den, der im Gefängnis saß, besucht haben. An der Liebe und am Dienst der Liebe entscheidet sich alles. Die Werke der Barmherzigkeit und Liebe, der Dienst der Nächstenliebe sind nicht fromme Zutaten in beschaulichen Stunden, sondern Ausdruck und Ausfluss der gottgegebenen Natur, der „Ökologie“ des Menschen.
Papst Benedikt hat uns eingeladen, verstärkt den Blick zu schärfen für die Zeichen der Zeit und die Herausforderungen, vor die uns Gott stellt. Diesem Anliegen dient auch der geistliche Dialog, zu dem wir Bischöfe eingeladen haben. Wenn in diesem Jahr das Schwerpunktthema auf Bundesebene lautet: „Diakonia. Unsere Verantwortung in der freien Gesellschaft“, dann geht es uns darum, bewusst den Dienst von uns Christen an den Mitmenschen und an der Gesellschaft von Gott her in den Blick zu nehmen. Damit wollen wir gemeinsam in die Sehschule Jesu gehen.
Wie wird ein Mensch zu meinem Nächsten? Was damit gemeint ist, wird besonders eindrucksvoll deutlich im bekannten Gleichnis vom barmherzigen Samariter: Da liegt ein Mann, der unter die Räuber fiel – ausgeplündert und wund geschlagen. Die ersten beiden, die vorbeikommen, sehen ihn und wollen ihn doch nicht sehen. Was tun sie deshalb? Sie gehen vorüber. Im griechischen Urtext des Neuen Testamentes steht hier das Verb a?t?pa????e?, das im Deutschen so viel bedeutet wie „an der gegenüberliegenden Seite vorübergehen“, „einen weiten Bogen um jemanden machen“, d. h. alles tun, dass ich ihm nicht zu nahe komme, dass er nicht mein „Nächster“ wird.
Sind nicht auch wir immer in Gefahr, an den Sorgen und Notlagen der Anderen vorüberzugehen? Vielleicht haben wir uns zu sehr daran gewöhnt, dass es für alle Nöte und Bedürfnisse staatliche und kommunale Stellen gibt, die sich darum kümmern. Wir dürfen dankbar sein, dass es diese Stellen gibt, die helfen, unserer Gesellschaft ein menschliches Gesicht zu geben. Doch ist damit nicht auch die Gefahr gewachsen, dass wir Hilfeleistungen an Institutionen delegieren und uns selbst damit entpflichtet und zu wenig angesprochen und gefordert fühlen, wenn Hilfe nottut in Familie, Nachbarschaft oder am Arbeitsplatz? Sind nicht auch wir in Gefahr, auszuweichen und einen weiten Bogen um die zu machen, die im Schatten des Wohlstands stehen und mit den Anderen, mit dem Mainstream nicht mithalten können und schlicht im Abseits bleiben?
Der Samariter handelt anders. Er macht keinen weiten Bogen. Er läuft nicht weg. Er macht sich nicht aus dem Staub, sondern, so heißt es wörtlich: „Als er ihn sah, hatte er Mitleid mit ihm und ging zu ihm hin“ (Lk 10,33-34). Das Geschick des Anderen ergreift ihn, es bewegt ihn. Er sieht nicht nur mit den Augen, er sieht auch mit dem Herzen gut. Er braucht nicht viele Worte, er handelt, packt an und hilft. Es ist diese Zuwendung, die unser Leben und Zusammenleben erst reich und wertvoll macht.
Im heutigen Evangelium führt uns Jesus noch einen entscheidenden Schritt weiter. Zu denen auf der rechten Seite sagt er beim Endgericht: „Ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben … Ich war fremd und obdachlos und ihr habt mich aufgenommen.“ Zu denen auf der linken Seite wird er sagen: „Ich war durstig und ihr habt mir nichts zu trinken gegeben … Ich war nackt und ihr habt mir keine Kleidung gegeben.“ „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“
„Was ihr für einen dieser Geringsten nicht getan habt, das habt ihr auch mir nicht getan.“ In den Kranken, den Hungernden, den Gefangenen tritt Christus in unser Leben. Sein Antlitz leuchtet in diesen Menschen auf. Jesus identifiziert sich mit jedem, der unsere Hilfe braucht, und zeigt uns damit, wie sehr der Dienst aus Nächstenliebe zu unserer menschlichen Natur und unserer christlichen Berufung gehört. Mit recht sagt Papst Benedikt in seiner Enzyklika „Deus Caritas est“: „Der Liebesdienst ist für die Kirche nicht eine Art Wohltätigkeitsaktivität, die man auch anderen überlassen könnte, sondern er gehört zu ihrem Wesen, ist unverzichtbarer Wesensausdruck ihrer selbst“ (DCE 25). Durch die Diakonie, durch die Nächstenliebe, die wir leben, wird unsere Liebe zu Gott und den Mitmenschen konkret und erhält ein Gesicht. Wir machen wahr damit, dass Gott uns im Nächsten begegnet, dass er in ihm in unser Leben tritt und uns anspricht, ja erfahrbar wird.
Die entscheidende Frage, die Gott uns im Weltgericht stellt, ist, ob wir ihn in unseren Nächsten erkannt haben und ob wir ihnen beigestanden sind. Wir haben dann unserer von Gott geschenkten Natur, unserem Wesen gemäß gehandelt, wenn wir Gott im Bruder, in der Schwester in den Werken der Liebe gedient haben. Liebe wird zum Dienst am Nächsten, doch sie ist nicht eingrenzbar auf die Menschen unmittelbar neben mir. Sie will die Gemeinschaft, die ganze Gesellschaft prägen. Darauf zielt
denn auch das diesjährige Schwerpunktthema unseres Dialogprozesses: „Diakonia. Unsere Verantwortung in der freien Gesellschaft“. Wir Christen leben nicht nur in dieser Welt und dieser Gesellschaft. Wir haben einen entscheidenden Auftrag in ihr. Diakonia als Dienst an der Gesellschaft trägt uns auf, unsere Welt und die Gesellschaft in der wir leben, menschlich zu gestalten. Und dies heißt: sozial, solidarisch, gerecht – getragen von Verantwortung und Sorge füreinander. Gerade in einer Gesellschaft, in der alles möglich zu sein scheint, gilt es immer wieder die tragenden Werte, die uns im Abendland prägen und von denen wir leben, einzubringen und mit Leben zu füllen. Zur Natur, zur „Ökologie“ des Menschen gehört, dass er sich nicht selbst, sondern einem Anderen, dem Schöpfer, verdankt. Unser Leben ist Geschenk. Darum sind wir nicht Herren unseres Lebens. Das Leben steht unter dem Schutz eines Anderen. Darum haben auch wir es zu schützen von seinem Anfang bis zu seinem natürlichen Ende. Jedes Leben hat seine einmalige Würde von Gott. Ihr dienen und sie achten wir, wenn wir Kranke pflegen, wenn wir Behinderte in unsere Mitte nehmen, wenn wir für das Leben in allen Phasen und allen Situationen eintreten.
Die Freiheit jedes Menschen und die freie Gesellschaft sind ein großes Geschenk. Freiheit zeichnet das Wesen des Menschen aus, sie fordert ihn heraus, verlangt aber auch Verantwortung: Verantwortung eines jeden für sich selbst, Verantwortung für den Nächsten, den Mitmenschen, Verantwortung für die Gesellschaft und damit auch in der Politik. Freiheit ist stets auch die Freiheit des anderen. Sie ist Ausfluss der Würde des Menschen, die jedem zukommt; sie steht damit im Widerspruch zu Egoismus und jeglicher Selbstverabsolutierung. Sie findet ihre Grenzen an den Vorgaben Gottes und entfaltet sich im Eingehen auf diese Vorgaben und ganz entscheidend in der Liebe zum Nächsten und in der Verantwortung für die Gesellschaft.
Als pilgernde Kirche haben wir hier keine bleibende Heimat. Wir sind unterwegs zu jenem Ziel, das uns Gott verheißen und geschenkt hat. Darum dürfen wir uns in dieser Welt nicht festmachen und nicht festsetzen. So schauen wir denn als Pilger aus nach den Zeichen der Zeit, um sie im Licht des Evangeliums zu deuten und uns so den Weg zum Ziel, den Weg in die Zukunft zeigen zu lassen.
Dazu gehört, immer mehr hörende Kirche zu werden. Der Aufbruch beginnt mit dem Hören. Je mehr wir aufeinanderhören, je mehr wir gemeinsam auf
Gott hören, ja im Hören aufeinander nach dem Willen Gottes fragen, desto mehr werden wir erkennen, welche Schritte und welchen Weg Gott uns führen will. Im Hören aufeinander dürfen wir teilhaben am Glauben des Anderen, dürfen wir den Glauben teilen und mitglauben im Glauben des Anderen. Im Hören auf Gott und im demütigen Hören auf die Schwester, auf den Bruder, auf die kleine Gemeinschaft, finden wir die Kraft und die richtigen Worte zum persönlichen Zeugnis des Glaubens. Hier beginnt und wird realisiert, was das ganz besondere Anliegen unseres Heiligen Vaters ist: die Neuevangelisierung. In unserem Gesprächsprozess, so haben wir es im vergangenen Juli in Mannheim erlebt, wird Glaube geteilt und der eigene Glaube beschenkt und bestärkt durch die Erfahrung und das Zeugnis der Schwester, des Bruders im Glauben. Und nicht weniger geschieht dies durch unsere Diakonia an der Gesellschaft und in den Werken der Liebe gegenüber dem Nächsten.
Die österliche Bußzeit, an deren Beginn wir stehen, liebe Schwestern, liebe Brüder, lenkt unseren Blick nicht nur auf Ostern und damit auf die Fülle des Lebens, die uns verheißen ist. Sie lädt uns auch ein zu Besinnung und Umkehr. Ich lade Sie und uns alle ein, uns neu auf Gott auszurichten, vertieft aufeinander und gemeinsam auf Gott zu hören; dabei die eigenen Vorstellungen zurück zu stellen und vor allem nach Gottes Willen zu fragen. Er will uns führen und begleiten. Diese Zusage haben wir. Amen."