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Entwicklung & Elemente der Liturgie, Teil 8

Die Heilige Messe: Die Fürbitten

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Regensburg, 17. Mai 2024

Die Fürbitten gehören heute wie selbstverständlich zu jeder Feier der Heiligen Messe. In der Werktagsmesse, bei der nicht gepredigt wird und das Glaubensbekenntnis nicht gesprochen wird, folgen die Fürbitten auf das Evangelium. In der Sonntagsmesse sind die Fürbitten nach dem Glaubensbekenntnis vorgesehen. So selbstverständlich das heute ist – über Jahrhunderte hinweg kannte die römische Liturgie keine Fürbitten.

In der frühen Kirche waren die Fürbitten üblich. Justin überliefert im zweiten Jahrhundert die Praxis, dass sich nach der Predigt die Gemeinde erhob und gemeinsam Gebete verrichtete. Auch die römische Kirche kannte diesen Brauch. Er hat sich durch die Jahrhunderte hindurch in der Liturgie des Karfreitags gehalten. Die dortigen „Großen Fürbitten“ dürften widerspiegeln, wie die Fürbitten allgemein aufgebaut waren: Zunächst formuliert der Priester eine Gebetsaufforderung. „Lasset uns beten, Brüder und Schwestern, für die heilige Kirche Gottes“, heißt es da etwa. Die Gemeinde kniet nun zu einer Gebetsstille nieder und der Priester spricht anschließend ein zur vorherigen Gebetsaufforderung passendes Gebet.

Im Lauf der Zeit verschwanden jedoch die Fürbitten aus der römischen Liturgie. Ein Grund könnte sein, dass schon die Kyrie-Rufe zu Beginn der Heiligen Messe einen Gebetsruf darstellten; auch enthält das Hochgebet fürbittende Teile, wenn dort etwa für den Papst und die Bischöfe, die versammelte Gemeinde und die Verstorbenen gebetet wird. In der Liturgie bis zur Reform des Zweiten Vatikanischen Konzils ist der Gebetsaufruf des Priesters geblieben: „Oremus“ – „lasset uns beten“. Die Fürbitten folgten nun aber nicht mehr, sondern direkt die Gabenbereitung und anschließend das Gabengebet.                                                                         

Die Fürbitten wurden wiederhergestellt

Das Zweite Vatikanische Konzil wollte den Gebrauch der Fürbitten oder des „Allgemeinen Gebets“ wiederherstellen: „Nach Evangelium und Homilie soll (…) das „Allgemeine Gebet“ oder „Gebet der Gläubigen“ wiedereingeführt werden, damit unter Teilnahme des Volkes Fürbitten gehalten werden (…).“ (Sacrosanctum Concilium 53). Diese Fürbitten sollen sich auf Anliegen der Kirche beziehen, für die Regierenden und das Heil der Welt gesprochen werden, für die in Not Lebenden sowie für die Verstorbenen (vgl. Grundordnung des Römischen Messbuchs 69).

Gebet für die Kirche

Diese Gebetsanliegen ziehen sich nicht nur durch die Fürbitten, sondern durch die ganze Feier der Heiligen Messe. Die Liturgie betont immer wieder die Einheit der Kirche; deshalb tritt die erste Fürbitte auch für die Kirche ein. Die versammelte Gemeinde feiert die Heilige Messe nicht nur für sich selbst. So sieht die Liturgie vor dem Gabengebet – als eine von mehreren Möglichkeiten – einen Dialog zwischen Priester und Gemeinde vor, in dem das Volk spricht: „Der Herr nehme das Opfer an aus deinen Händen, zum Lob und Ruhme seines Namens, zum Segen für uns und seine ganze heilige Kirche.“ Die Feier der Eucharistie vollzieht sich, wie es im Römischen Kanon (Hochgebet I) heißt, „in Gemeinschaft mit der ganzen Kirche.“ Deswegen werden in den Hochgebeten auch die Namen des Papstes und des Ortsbischofs genannt, die Zeichen der Einheit der ganzen Kirche und eines ganzen Bistums sind. Die Feier der Eucharistie ist insofern nie eine nur „private“ Angelegenheit. Wo ein Priester die Messe allein, ohne die Beteiligung des Volkes feiert, wird zwar häufig von einer „Privatmesse“ gesprochen. Dieser Begriff ist aber irreführend: Die Feier der Eucharistie ist nie privat und kann es nicht sein. So betet der Römische Kanon ebenfalls, dass die eucharistischen Gaben dargebracht werden „vor allem für deine heilige katholische Kirche“.

Gebet für die Welt

Gleichfalls rückt in den Fürbitten das Heil der Welt in den Blick. Die Kirche betet dabei für die Regierenden, für die Politiker, für all jene, die Verantwortung tragen für unsere Gesellschaft oder unsere Wirtschaft. Damit korrespondiert der Glaube der Kirche, dass die Christen berufen sind, aktiv an einer guten Welt mitzuwirken. Unser Glaube erschöpft sich zwar nicht im Diesseits, verweist aber doch immer auch auf diese von Gott geschaffene und daher im Grundsatz gute Welt. Betend tritt die Kirche für diese Welt ein; aus dem Gebet kann dann auch die Kraft folgen, sich für diese Welt einzusetzen und sie zum Guten zu gestalten.

Gebet für die Notleidenden

Die Kirche betet schließlich für alle, die in Not leben. Die Liturgie sieht daher auch vor, dass während der Gabenbereitung die Gemeinde nicht nur die eucharistischen Gaben von Brot und Wein zum Altar bringt: „Auch Geld oder andere Gaben, die von den Gläubigen für die Armen oder für die Kirche gespendet beziehungsweise in der Kirche eingesammelt werden, sind willkommen. Deshalb werden sie an einem geeigneten Ort niedergelegt, nicht jedoch auf dem Tisch der Eucharistie.“ (Grundordnung des Römischen Messbuchs 73). Diese Geldkollekte selbst ist „eine solche Gabe“, die für die Armen dargebracht wird (Die Feier der Gemeindemesse 73). Wird also in der Messfeier Geld gesammelt, ist das nicht einfach ein Brauch, der ohne weiteres auch außerhalb der Messfeier stattfinden könnte; es handelt sich auch nicht einfach um eine undurchdachte Spende. Hier korrespondiert vielmehr direkt das Gebet für die Notleidenden mit einer Gabe, die dazu geeignet sein soll, dieses Leid zu lindern: Aus dem Gebet erwächst unser Einsatz für die Armen.

Gebet für die Verstorbenen

Und schließlich wird für die Verstorbenen in den Fürbitten gebetet. Auch das spiegelt sich in der Messfeier wider. So heißt es abermals im Römischen Kanon: „Gedenke auch deiner Diener und Dienerinnen, die uns vorangegangen sind, bezeichnet mit dem Siegel des Glaubens, und die nun ruhen in Frieden. Wir bitten dich: Führe sie und alle, die in Christus entschlafen sind, in das Land der Verheißung, des Lichtes und des Friedens.“  Die Feier der Heiligen Messe verbindet nicht nur die Gemeinde untereinander; sie verbindet auch uns Lebende mit den bereits Verstorbenen. Die Fürbitte für die Verstorbenen drückt die Hoffnung der Kirche aus, dass der Tod nicht das letzte Wort hat. Sie bezeichnet auch für uns das Ziel, auf das hin wir geschaffen sind und das wir erreichen sollen: das „Land der Verheißung, des Lichtes und des Friedens.“

Text: Benedikt Bögle

(SCC)

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