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Entwicklung & Elemente der Liturgie, Teil 10

Die Heilige Messe: Das Eucharistische Hochgebet

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Regensburg, 5. Juli 2024

Nachdem die Gemeinde Ihre Gaben dargebracht hat, beginnt das Eucharistische Hochgebet mit der Wandlung von Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi.

Am Beginn des Eucharistischen Hochgebets steht eine „Präfation“ mit einem Eröffnungsdialog zwischen Priester und Gemeinde: „Der Herr sei mit euch“ – „Und mit deinem Geiste“. Auf diese Präfation folgt nun das „Sanctus“, der Gesang mit dem dreimaligen „Heilig“-Ruf. Daran schließt sich das eigentliche Hochgebet an. In der Geschichte der Kirche wurde die Frage nach dem Zusammenhang dieser drei Teile unterschiedlich beantwortet. Während früher das eigentliche Hochgebet erst nach dem Sanctus beginnen sollte, wird heute eher die Einheit betont, wonach das Hochgebet schon mit der einleitenden Präfation beginnt.

Die Präfation ist ein großer Lobgesang Gottes. Im Lauf der Zeit wurde das folgende Sanctus aber als Akklamation, als Antwort des Volkes begriffen. Sie wurde in gewisser Weise als Zäsur zwischen der Präfation und dem Hochgebet verstanden. Das hatte eine Folge: Während der Text des Hochgebetes immer unveränderlich ist, wechselt jener der Präfation. Teilweise sahen die Messbücher des frühen Mittelalters eine Fülle von mehr als 260 Präfationen vor. Dieser Bestand wurde zwar gekürzt; allerdings sind bis heute mehrere Präfationen vorgesehen, die zum jeweiligen Fest beziehungsweise zur jeweiligen Zeit im Jahr passen.

Erinnerung an die Heilstaten Gottes

Jede Präfation besteht aus drei Teilen. Am Anfang wird die Akklamation des Volkes aufgenommen: „In Wahrheit ist es würdig und recht, dir, Vater, immer und überall zu danken“. Der Vazer ist der Adressat der Präfation, die Präfation nennt sodann Jesus Christus und leitet dadurch über zum Lobpreis der Großtaten Gottes. Die Präfation preist nun das Heilshandeln Gottes. Dabei stellen die verschiedenen Präfationen unterschiedliche Aspekte der Heilsgeschichte besonders heraus. „Denn Fleisch geworden ist das Wort“, betet die Kirche beispielsweise an Weihnachten. „Denn das Leiden deines Sohnes wurde zum Heil für die Welt“, heißt es in einer der Präfationen vom Leiden Christi. Und an Ostern: „Denn er ist das wahre Lamm, das die Sünde der Welt hinwegnimmt.“ Schließlich leitet ein letzter Teil über zum „Sanctus“: „Heilig, heilig, heilig, Gott, Herr aller Mächte und Gewalten. Erfüllt sind Himmel und Erde von deiner Herrlichkeit. Hosanna in der Höhe.“

Der Gesang des Sanctus basiert auf einer Schriftstelle. Beim Propheten Jesaja heißt es: „Heilig, heilig, heilig ist der HERR der Heerscharen. Erfüllt ist die ganze Erde von seiner Herrlichkeit.“ (Jes 6,3). Es kann nicht ganz klar gesagt werden, seit wann das Sanctus in der katholischen Messfeier gesungen wird. Womöglich sangen den Hymnus schon die ersten Christen. Im Frankenreich wurde dem Sanctus schließlich ein zweiter Gesang angefügt, das „Benedictus“: „Hochgelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn. Hosanna in der Höhe.“ Auch dieser Gesang hat seine Quelle in der Heiligen Schrift.

Heilig ist der Herr

In den Psalmen heißt es: „Gesegnet sei, der da kommt im Namen des HERRN!“ (Ps 118,26). Beim Einzug in Jerusalem wird dieser Vers auf Jesus Christus bezogen: „Hosanna dem Sohn Davids! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn. Hosanna in der Höhe!“ (Mt 21,9) Ursprünglich wurden beide Gesänge miteinander verbunden. In der tridentinischen Liturgie wurde es dann üblich, das Sanctus nach der Präfation zu singen, das Benedictus aber erst nach den Einsetzungsworten. Diese Entwicklung hat die Liturgiereform rückgängig gemacht, sodass Sanctus und Benedictus heute wieder als Einheit erscheinen.

Nun folgt das eigentliche Hochgebet. Die römische Kirche kannte über Jahrhunderte hinweg nur ein Hochgebet, den „Römischen Kanon“. Schon dieser Begriff lässt Rückschlüsse auf die Praxis der frühen Kirche zu. Gebete – und darunter offenbar auch das Hochgebet – wurden vom Vorsteher mehr oder weniger frei gesprochen, er hatte sich allenfalls an ein grobes Schema zu halten. Nach und nach wurde aus dem freien Gebet ein „Kanon“, eine feste, vom Priester einzuhaltende „Richtschnur“.

„Heilige unsere Gaben durch deinen Geist“

Im Zuge der Liturgiereform nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil wurden weitere Hochgebete eingeführt: Das Zweite Hochgebet ist die Überarbeitung eines alten Hochgebetes aus der „Traditio Apostolica“. Das Dritte Hochgebet ist eine Neuschöpfung, die sich allerdings am „Römischen Kanon“ orientiert. Das Vierte Hochgebet schließlich enthält eine große Darstellung der Heilsgeschichte. Daneben sind weitere Hochgebete mit dem Motiv der Versöhnung sowie für Kindermessen vorgesehen.

Jedes der Hochgebete enthält drei bedeutende Elemente. In jedem Hochgebet findet sich die „Epiklese“, in der der Priester den Geist Gottes über die Gaben herabruft und um die Wandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Christi bittet. Im Dritten Hochgebet betet der Priester etwa: „Heilige unsere Gaben durch deinen Geist, damit sie uns werden Leib und Blut deines Sohnes, unseres Herrn Jesus Christus, der uns aufgetragen hat, dieses Geheimnis zu feiern.“ Jedes der Hochgebete spricht die Einsetzungsworte über Brot und Wein; jene Worte, die Jesus Christus selbst im Abendmahl über Brot und Wein gesprochen hat. Und schließlich enthält auch jedes Hochgebet Aussagen der „Anamnese“, in der sich die Kirche an die großen Heilstaten Gottes erinnert. „Wir verkünden sein heilbringendes Leiden, seine Auferstehung von den Toten und seine glorreiche Himmelfahrt“, betet beispielweise das Erste Hochgebet, der Römische Kanon.

Christus ist wahrhaft gegenwärtig

In der Geschichte der Kirche haben sich unterschiedliche Antworten auf die Frage entwickelt, wann denn nun die eigentliche Wandlung der eucharistischen Gaben erfolge. Im Osten der Kirche sah man die Epiklese als Zeitpunkt der Wandlung an, in der römischen Kirche die Einsetzungsworte. Nachdem der Kanon lange leise gesprochen wurde, waren die Einsetzungsworte auch immer mehr ein von außen erkennbarer Höhepunkt des Hochgebetes: Der Priester verbeugte sich bei den Einsetzungsworten und erhob dann – wie noch heute – die Hostie und den Kelch („Elevation“). Nach neuerem Verständnis wird aber vor allem die Einheit des Hochgebetes betont. Die Erinnerung an das Heilshandeln Gottes, die Bitte um die Wandlung der Gaben und das Sprechen der Einsetzungsworte wandeln aber in jedem Fall gemeinsam die Gaben zum Leib und Blut Christi.

Nach katholischem Glauben ist Jesus Christus in der Eucharistie wahrhaft gegenwärtig. Brot und Wein sind kein „Symbol“ für Jesus; sie sind „Realsymbol“ und vermitteln dadurch die Gegenwart Christi, die sie bezeichnen. Daraus erklärt sich die tiefe Ehrfurcht, die die katholische Kirche der Eucharistie entgegenbringt. In seinem Hymnus „Adoro te devote“ schreibt der heilige Thomas von Aquin: „Einst am Kreuz verhüllte sich der Gottheit Glanz, hier ist auch verborgen deine Menschheit ganz. Beide sieht mein Glaube in dem Brote hier; wie der Schächer ruf ich, Herr, um Gnad zu dir.“ (Übersetzung von Petronia Steiner, Gotteslob Nr. 497).

Text: Benedikt Bögle

(sig)



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