News Bild Ein wahrer Brückenbauer seiner Zeit - Symposium erinnert an Person und Werk Johann Michael Sailers

Ein wahrer Brückenbauer seiner Zeit - Symposium erinnert an Person und Werk Johann Michael Sailers

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„Mit Christus Brücken bauen“ ist nicht nur das Motto des 99. Katholikentages – wenn man Leben und Wirken Johann Michael Sailers (1751-1832) betrachtet, erscheint es ebenso als ein Leitspruch des ehemaligen Regensburger Bischofs. Unweit vor diesem Großereignis des Glaubens und der Enthüllung des restaurierten Denkmals Sailers an dessen Todestag, dem 20. Mai, lud am vergangenen Samstag die Katholische Akademie in Bayern zum Symposium in das Regensburger Priesterseminar St. Wolfgang ein. Durch das große Engagement Bischof Rudolfs in Verbindung mit dem Verein „Welterbe Kulturfonds Regensburg – Die Förderer“ ist es gelungen, das Denkmal wieder auf seinen ursprünglichen Standort auf dem Emmeramsplatz umzusiedeln. Nach dem Vortrag Rudolf Voderholzers im Schalander der Brauerei Bischofshof folgte die Akademietagung als Höhepunkt der Vortragsreihe. Akademiedirektor Dr. Schuller führte durch die Beiträge und die sich anschließenden Diskussionen. Außer Dr. Rudolf Voderholzer sprachen weitere hochkarätige Referenten: Prof. Dr. Konrad Baumgartner, Prof. Dr. Eberhard Dünninger, Dr. Bernhard Lübbers sowie der Augsburger Domdekan Prälat Dr. Bertram Meier. Zusammen mit der wissenschaftlichen Festgabe unter dem Titel „Johann Michael Sailer als Brückenbauer“, herausgeben von Konrad Baumgartner und Rudolf Voderholzer, sowie einer Lesung von „Geistlichen Texten“ Sailers auf dem Katholikentag wird dem ehemaligen Bischof in diesem Jahr besondere Ehre entgegengebracht. Unter anderem lagen beim Symposium Sailerbriefmarken zum Erwerb bereit, deren Aufschlag der Wiedererrichtung des Denkmals zu Gute kommt. Musikalisch gestaltete der „Neue Kammerchor“ der Hochschule für katholische Kirchenmusik und Kirchenpädagogik unter der Leitung Kunibert Schäfers das Programm und präsentierte als besonderes Highlight einen Auszug aus Enjott Schneiders „Pater noster“, das erst beim Katholikentag in voller Länge uraufgeführt werden wird. Abgeschlossen wurde die Tagung durch ein Pontifikalamt in der nach Johann Michael Sailer benannten Kapelle im Südchor des Doms, in der der Bischof seine letzte Ruhestätte gefunden hat.

 

Auf den Kanzeln, in den Beichtstühlen, am Bett von Kranken und Sterbenden

Den Auftakt des Symposiums machte Prof. Dr. Konrad Baumgartner, langjähriger Professor der Pastoraltheologie an der Universität Regensburg und damit Vertreter des Fachs, das Johann Michael Sailer wesentlich geprägt hat, mit seinen Ausführungen zu dessen Leben und Bedeutung. Sailer sei ein „Fährmann des Glaubens“ gewesen, der sein „Schiff der Kirche in sturmbewegter Zeit an neue Ufer geleitet“ habe. Er, dessen Wirken im Regensburger Bistum fast zehn Jahre umfasste, lebte und lehrte in radikaler Hinwendung zu Christus, als dem „einzigen Quellgrund des Glaubens“, was er in der Kurzformel „Gott in Christus – das Heil der Welt“ zum Ausdruck brachte. Als Priester und Professor verwirklichte er seine Pastoral in Bibelgesprächen, spiritueller Begleitung, Ausbildung neuer Priester sowie als Seelsorger für Frauen, Kranke und Außenseiter. König Ludwigs Worte am Grabe des verstorbenen Sailers zeigen dessen Bedeutung und Einflussreichtum auf: „Hier ruht der größte Bischof Deutschlands.“

 

„Die Rückkehr des Standbildes auf den Emmeramsplatz ist ein Anlass zu freudiger Dankbarkeit“

 

Prof. Dr. Eberhard Dünninger beschäftigte sich in seinem Vortrag mit der „Reise“ des Sailerdenkmals von Regensburg nach Hamburg und schließlich wieder zurück. Dank sprach er besonders König Ludwig I. aus, der das öffentliche Standbild neben dem Grabdenkmal in Auftrag gegeben und es der Stadt Regenburg, aus tiefem Vertrauen und freundschaftlicher Verbundenheit zu Johann Michael Sailer heraus, geschenkt habe. Im Jahre 1942 aber wurde das Denkmal abmontiert, es sollte zu Kriegszwecken in Hamburg eingeschmolzen werden. Dies wurde zwar verhindert, das Monument konnte aber nicht auf seinen ursprünglichen Platz zurückkehren. In der Folge wurde es anlässlich des 200. Geburtstages Sailers an der Regensburger Maximilianstraße aufgestellt. Bischof Rudolfs Einsatz und der Bereitschaft des Vereins „Welterbe Kulturfonds Regensburg“, die Restaurierungskosten zu übernehmen, sei es nun zu verdanken, dass das Standbild diesen ihm würdelosen und schädlichen Ort verlässt und dem Willen Ludwigs I. entsprechend seinen Weg zurück auf den Emmeramsplatz findet – ein zweites Mal wird Sailer Regensburg geschenkt.

 

„Hier ruht Deutschlands größter Bischof – mir ist ein Schutzgeist gestorben“ – Ludwig I.

Dr. Bernhard Lübbers, Leiter der Staatlichen Bibliothek Regensburg, sprach über die Beziehungen zwischen J.M. Sailer und König Ludwig I. sowie damit einhergehend über das Verhältnis zwischen Kirche und Staat. Für den König war Sailer zeitlebens ein Vorbild, denn er schätzte in „allen wichtigen Angelegenheiten der Kirche und der religiösen Erziehung den Rat Sailers“. Ihre Beziehungen waren geprägt durch ein enges und vertrauensvolles Verhältnis. Sailers irenische Persönlichkeit und seine tiefe Frömmigkeit faszinierten den Staatsmann. So schreibt der König, der sich dazu bekannte, morgens und abends in Sailers Gebetbuch zu lesen, als Reaktion auf die Nachfolge Sailers in das Amt des verstorbenen Bischofs Johann Nepomuk von Wolf: „Die Nachricht, dass der verehrungswürdige Sailer Regensburgs Bischof geworden, entzückt mich.“ Umgekehrt war auch Sailer zutiefst vom Gottesgnadentum und der herausragenden Rolle des Königs für Staat und Kirche überzeugt. Ein Ausruf aus einem der Briefe Sailers zeigt dies eindrucksvoll auf: „Gott erhalte unsern König Ludwig!“

 

Kirche ist Dialoggemeinschaft – ökumenische Impulse Sailers

 

In einem vierten Vortrag würdigte der Augsburger Domdekan Dr. Bertram Meierdie ökumenische Grundhaltung Sailers, der intensive Kontakte nicht nur mit Katholiken, sondern auch zu protestantischen Christen und darüber hinaus pflegte. Im Hinblick auf die Ökumene gelang Sailer die Spannung zwischen der Identitätsbewahrung und der Gefahr des Relativismus zu überbrücken, indem er auch den nicht-katholischen Konfessionen „durchaus kirchliche Ausdrucksformen“ zusprach, wie beispielsweise Liturgie, Verkündigung des Evangeliums und Sonntagsfeiern. Sailer lässt keine Zweifel daran, dass die eine Kirche nur auf die römisch-katholische Kirche hin werden kann, strebt aber nicht primär die Wiedervereinigung, sondern die liebende Hingabe zu Christus an. „Die Gemeinschaft aller Liebhaber des liebenden Jesus“ sei so stark, dass die konfessionelle Schranke keine endgültige Grenze mit sich bringe. So erweitert sich bei Sailer der zu seiner Zeit gängige Grundsatz der negierten Heilsmöglichkeit außerhalb der Kirche „Extra Ecclesiam nulla salus“ zu „Extra Christum nulla salus“. Das historische Interesse an jenem Regensburger Bischof verstehe sich als eine Befragung der Vergangenheit um der Zukunft willen – als Impuls und Anstoß für eine ökumenische Gestaltung.

 

„Wahrer Pontifex und Brückenbauer seiner Zeit“

Zum Abschluss der Vortragsreihe sprach BischofDr. Rudolf Voderholzer über die Bedeutung Sailers und das Verständnis des Bischofsamtes für die heutige Zeit. Als Nachfolger im Amt des Regensburger Oberhirten trug er anlässlich der wissenschaftlichen Tagung das Pektorale Johann Michael Sailers, das auf vielen Darstellungen des ehemaligen Bischofs zu erkennen sei. Wenn er das Brustkreuz anlege, dann sei das für ihn ein bewegender Moment. Er trage es sehr bewusst und mit großer Ehrfurcht, sagte Bischof Voderholzer. Der vorösterliche Weg sei auch eine Zeit, sich immer wieder neu auszurichten, auch im Hinblick auf ökumenische Bemühungen. „Ohne eine spirituelle Grundlage, ohne gemeinsames Gebet der Christen unterschiedlicher Konfessionen, brauchen wir nicht weitermachen“, so Bischof Rudolf. Sailer war eine integrative Persönlichkeit, lebte und lehrte über Grenzen von Konfessionen und Parteiungen hinweg. Den 99. Katholikentag (28. Mai bis 1. Juni) möchte Bischof Rudolf deshalb unter das Patronat Johann Michael Sailers stellen, denn Sailer war Priester, Professor und Schriftsteller, Inspirator der Bibelbewegung und Pionier der Ökumene – aber bei alledem war er vor allem ein wahrer Pontifex und Brückenbauer seiner Zeit.



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