News Bild Ein Blick in die Kirchengeschichte – Teil 12

Ein Blick in die Kirchengeschichte – Teil 12

Das abendländische Schisma

Home / News

Regensburg, 4. August 2023

  • Wie war das, als die Päpste in Avignon residierten?
  • Wie konnte es zur großen Spaltung der Kirche mit 2 Päpsten kommen?

Das erfahren Sie in unserer Themenreihe zur Kirchengeschichte.

Im 14. und 15. Jahrhundert verfiel die Kirche – und mit ihr das ganze Abendland – in eine Krise, die als „abendländisches Schisma“ bekannt ist und erst durch das Konzil von Konstanz wieder gelöst werden konnte. Den Beginn der Krise stellt das „Exil von Avignon“ dar. Der Papst war immer mehr unter den Einfluss des französischen Königs geraten, das Kardinalskollegium wurde mit immer mehr französischen Kandidaten besetzt und schließlich kam es zur Wahl eines französischen Papstes. Clemens V., der von 1305 bis 1314 Papst war, wollte nicht mehr in Rom residieren und ließ sich im französischen Avignon nieder. Dass der Papst in seinem Kirchenstaat nicht mehr anwesend war wurde auch theologisch zum Problem: Wie konnte der Papst Bischof von Rom sein, wenn er dort nicht mehr residierte?

Die Wahl zweier Päpste

Es kam zum „Exil von Avignon“: Die Päpste richteten sich in der französischen Stadt eine neue Kurie ein und die Kirche wurde von Frankreich aus verwaltet. Die großen Heiligen Katharina von Siena und Brigitta von Schweden wandten sich mit aller Kraft gegen diese Entwicklung und wollten den Papst zur Rückkehr nach Rom bewegen. 1377 schließlich kehrte Papst Gregor IX. nach Rom zurück, starb jedoch ein Jahr darauf: Nach viele Jahrzehnten musste nun wieder anstatt in Frankreich ein Konklave in der ewigen Stadt abgehalten werden. Das rief die Bürger Roms auf den Plan. Da das Kardinalskollegium französisch geprägt war fürchteten sie, der nächste Papst würde wieder ein Franzose sein. Sie zwangen deshalb die Kardinäle unter Gewaltandrohung, einen Römer zu wählen. Die Kardinäle fügten sich und schworen dem neuen Papst Urban VI. ihren Eid. Aber nur kurz darauf erklärten sie die Wahl für ungültig und wählten mit Clemens VII. abermals einen Franzosen und dieser kehrte nach Avignon zurück.

Welcher Papst ist der rechtmäßige?

Die Christenheit hatte nun zwei Päpste. Zwar war das in der Geschichte nicht einmalig - man denke an die Ernennung von Gegenpäpsten - führte aber zu einer einmaligen Spaltung des Abendlandes: Mit der Wahl von Clemens VII. wollte der französische Flügel seine Macht sichern. Andererseits war die unter Zwang erfolgte Wahl Urbans nicht rechtmäßig. Dazu kam die Vermutung, der römische Papst könnte geisteskrank sein, was seine Wahl ungültig gemacht hätte. Die Folge war ein mehr als vierzig Jahre andauerndes Schisma, in dem es zwei Päpste und zwei Kurien gab.

Der Versuch einer Lösung

Keiner der beiden Päpste wollte abdanken, ein Kompromiss war nicht in Sicht. Das Problem war auch ein theologisches: Wenn der Papst die oberste Autorität der Christenheit ist, kann ein Papst abgesetzt werden und wer macht das? Das aber war der einzig mögliche Weg, das Schisma zu beenden: Mindestens einer der beiden Päpste musste abgesetzt werden. Also musste ein Konzil entscheiden, das aber eigentlich wiederum nur vom Papst einberufen werden konnte. Schließlich entschieden die Kardinäle, ein Konzil abzuhalten. Das Konzil von Pisa erklärte die beiden Päpste von Avignon und Rom 1409 zu Häretikern, setze sie ab und wählte mit Alexander V. einen neuen Papst. Das sollte die Lösung sein – verschärfte indes das Problem aber noch. Denn die beiden Päpste in Avignon und Rom weigerten sich, das anzuerkennen: Damit gab es plötzlich drei Päpste. Der in Avignon residierende Papst führte sich auf Clemens VII. zurück, der römische Paps auf Urban VI. und Alexander V. auf die Entscheidung des Konzils.

Die Lösung auf dem Konzil von Konstanz

Für 1414 wurde daher ein neuerliches Konzil nach Konstanz am Bodensee einberufen. Die Konzilsväter waren überzeugt, eine Einheit der Kirche nur durch die Absetzung aller drei Päpste herstellen zu können: So wählten sie 1417 Martin V. zum Papst und beendeten damit erfolgreich das abendländische Schisma. Gleichzeitig entschieden sie mit „Haec sancta“, dass sie als ordnungsgemäßes Konzil verstanden werden müssen, da es ja keine Einberufung zum Konzil seitens des Papstes gegeben hatte. Dadurch aber hatte das Konzil eine grundlegende Frage angeschnitten: War das oberste Gremium der katholischen Kirche eben doch nicht der Papst, sondern ein Konzil, das sich – zur Not – auch ohne den Papst versammeln konnte? Oder war „Haec sancta“ als Ausnahmeregelung zu verstehen, die nur für diese Situation Geltung beanspruchen konnte, in der ein Konzil gegen den Papst entscheiden musste, um überhaupt klären zu können, wer Papst war? Es schien, als hätte der „Konziliarismus“ gesiegt. Die Mehrheit jedoch sah in der getroffenen Entscheidung einen Ausnahmeakt.

Die Verurteilung von Jan Hus

Auf dem Konzil von Konstanz wurde nicht nur ein neuer Papst gewählt; die Versammlung hatte auch über den Fall des tschechischen Priesters und Theologen Jan Hus zu entscheiden. Hus vertrat eine starke Theologie der „Prädestination“, wonach Gott für jeden Menschen Heil oder Unheil vorherbestimmt habe. Eine Protestbewegung sammelte sich um ihn in Prag; dabei ging es auch um die Frage der Kommunion unter beiderlei Gestalt für Laien, also die Frage, ob Laien der Leib Christi in der Gestalt des Brotes und das Blut Christi in der Gestalt des Weines gespendet werden sollte. Bis ins hohe Mittelalter wurde die Eucharistie den Gläubigen meist unter beiden Gestalten gespendet. Praktische Gründe, vor allem um das Sakrament zu schützen, bewirkten, dass die Kommunion seit dem 12./13. Jahrhundert mehr und mehr nur unter der einen Gestalt des Brotes gereicht wurde. Das Konzil von Konstanz erklärte die Kommunionspendung unter einer Gestalt zum Gesetz. Die Frage nach der Rechtgläubigkeit Hus‘ sollte auf dem Konzil von Konstanz geklärt werden. Im Prozess kam es zu seiner Verurteilung. Er sollte seinen Thesen abschwören, beteuerte aber, sie seien im katholischen Sinne zu verstehen. Dann, so der Vorschlag des Konzils, sollte er doch zumindest der nicht-katholischen Deutung seiner Thesen abschwören – das wiederum verweigerte Hus: Er könne nichts leugnen, was er nie vertreten hatte. Jan Hus wurde als Ketzer verurteilt und hingerichtete, und das, obwohl König Siegmund ihm freies Geleit gewährt hatte. Das löste die hussitischen Kriege in Tschechien aus.

Text: Benedikt Bögle

(SSC)



Nachrichten