Regensburg, 17.02.2023
Mit dem Pfingstereignis beginnt die Geschichte der Kirche. Ganz selbstverständlich vollziehen sich die ersten Schritte der Kirche im Rahmen der jüdischen Religionsgemeinschaft. Die ersten Jünger – und auch die zwölf Apostel – sind Juden. Sie beten auch nach der Himmelfahrt Jesu im Jerusalemer Tempel (vgl. Apg 3,1) und beachten die jüdischen Gebote der Tora. Gleichzeitig beginnt die Gemeinde von Anfang an, einen eigenen Gottesdienst zu feiern. „Tag für Tag verharrten sie einmütig im Tempel, brachen in ihren Häusern das Brot und hielten miteinander Mahl in Freude und Lauterkeit des Herzens“, berichtet die Apostelgeschichte (2,46). Die christliche Gemeinschaft „bricht das Brot“ und feiert damit – dem Auftrag Jesu entsprechend – Eucharistie.
Das Christentum verbreitet sich im Mittelmeerraum
Die christliche Gemeinde verstand sich von Beginn an als „missionarisch“: Sie verkündete offen den Glauben an Jesus Christus, an seinen Tod und seine Auferstehung. Sie war damit offen für neue Gläubige. Das war so lange kein größeres Problem, als diese Mission vor allem in Palästina und damit unter Juden stattfand. Bald aber begann Paulus, der zunächst die Kirche verfolgte, dann aber zum Christentum bekehrt wurde, das Evangelium im ganzen Mittelmeerraum zu verkünden. Auf seinen Missionsreisen gründete er christliche Gemeinden in der heutigen Türkei und in Griechenland. Die dortigen Menschen waren aber vornehmlich keine Juden, sondern Heiden: Plötzlich gab es also Menschen, die an Jesus Christus glaubten, aber zuvor keine Juden waren – sie waren nicht beschnitten, beachteten die jüdischen Gebote nicht. Für die Gemeinde stellte sich nun die Frage, wie damit umzugehen sei: Mussten sie Juden werden, um zur Gemeinschaft der Christen gehören zu können?
Müssen Christen die jüdischen Gebote halten?
Der Apostel Paulus entwickelte seine Theologie des Gesetzes, in der er – teilweise scharf – dem Gesetz die durch Jesus Christus vermittelte Gnade gegenübersetzte. Wer zum Glauben an Jesus komme, müsse die Gebote nicht halten. Die Jerusalemer Gemeinde sah das anders und entschieden die Apostel auf dem sogenannten „Apostelkonzil“, das um 48 nach Christus stattgefunden haben dürfte, dass die Heiden sich nicht an die Gesetze der Tora zu halten hätten. Nur ein Kernbestand der Regelungen sei für sie verpflichtend: „Götzenopferfleisch, Blut, Ersticktes und Unzucht zu meiden“ (Apg 15,29). Trotz dieser Einigung kam es nur kurze Zeit später zum erneuten Konfliktfall: Als Petrus bei der Gemeinde von Antiochien weilt, isst er zunächst zusammen mit den heidnischen Christen. Als aber eine Gruppe jüdischer Christen ankommt, sondert sich Petrus ab: Nach jüdischen Reinheitsvorschriften war ihm die Tischgemeinschaft mit Heiden verboten. Das führt zum Streit zwischen Petrus und Paulus, bekannt als der „antiochenische Zwischenfall“ (vgl. Gal 2).
Die entscheidende Weichenstellung aber wurde auf dem Apostelkonzil getroffen: Die Predigt der Kirche sollte sich an alle Menschen richten. Damit war die Kirche offen auch für die bisherigen Heiden. Und so wuchs die Kirche vor allem in den großen Städten am Mittelmeer. Die Briefe des Apostels Paulus bezeugen Gemeinden in Korinth oder Thessaloniki. Auch in Rom gab es früh eine christliche Gemeinde, die jedoch weder von Petrus noch von Paulus gegründet wurde. Der Überlieferung nach führte Petrus – nachdem er zunächst die Gemeinde in Jerusalem leitete, dann die in Antiochien – schließlich die Gemeinde von Rom. Er gilt als erster Bischof der Stadt Rom, in dessen apostolischer Sukzession daher bis heute die Päpste stehen. Unter Kaiser Nero und der ersten römischen Christenverfolgung starben sowohl Petrus als auch Paulus, der als Gefangener nach Rom gekommen war.
Struktur der Kirche bildet sich heraus
Nur wenige Jahrzehnte nach dem Tod und der Auferstehung Jesu begann daher nicht nur die erste Christenverfolgung. Auch wesentliche Entwicklungen der Gemeinde vollzogen sich im ersten Jahrhundert. Die Öffnung der Kirche auf die Völker hin geht mit einer Trennung vom Judentum einher. Die heutige Forschung sieht spätestens mit der Zerstörung des Jerusalemer Tempels 70 n. Chr. eine „Trennung der Wege“ von Christentum und Judentum. In diesem ersten Jahrhundert entsteht der größte Teil der heute zum Neuen Testament gerechneten Schriften.
Auch eine hierarchische Struktur der Kirche bildet sich langsam heraus. Neben die Apostel als Leiter der Gemeinde und Vorbilder des Bischofsamtes traten Presbyter und Diakone, die sie in ihrem Dienst unterstützen. Diese Ämterausfaltung ist natürlich in den folgenden Jahrhunderten noch gewissen Änderungen unterworfen: So scheint es zunächst in einigen Gemeinden mehrere Bischöfe gegeben zu haben, bis sich dann der „monarchische Episkopat“ mit einem Bischof an der Spitze durchsetzte. Doch die grundsätzliche Struktur hat sich unter den weiteren Ausdifferenzierungen erhalten. Gleichzeitig wurde im ersten Jahrhundert der Kirche grundgelegt, was bis heute Lehre der Kirche ist: Neben die schriftliche Überlieferung in der Bibel tritt die Lehre der Apostel. Auch diese mündlich durch die Zeiten getragene Überlieferung – die „Tradition“ – ist nach katholischem Bekenntnis die Quelle göttlicher Offenbarung.
Foto: Julia Wächter
Text: Benedikt Bögle / (jw)