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Durch das Kirchenjahr: Der Blog zum Sonntagsevangelium

Grenzenlose Freiheit

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Regensburg, 8. Juni 2024

Die Lesung für morgen, den zehnten Sonntag im Jahreskreis, kommt aus dem ersten Buch des Alten Testaments, Genesis. Sie steht im dritten Kapitel, dort sind es die Verse 9 bis 15. Es geht um die Freiheit, die Gott dem Menschen gibt. Beispielhaft gedeutet wird diese Freiheit allerdings an einem schmerzlichen Ereignis, das die Ursache ist für Beschwernisse und letztlich für Tod: die Vertreibung aus dem Paradies. Diese uralte Metapher mahnt uns, zu bedenken, dass die Freiheit zuerst Verantwortung bedeutet. Verantwortung vor Gott und den Menschen.

Zehnter Sonntag im Jahreskreis B – Genesis 3, 9 15

„Nachdem Adam von der Frucht des Baumes gegessen hatte, 9rief Gott, der HERR, nach ihm und sprach zu ihm: Wo bist du? 10Er antwortete: Ich habe deine Schritte gehört im Garten; da geriet ich in Furcht, weil ich nackt bin, und versteckte mich. 11Darauf fragte er: Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist? Hast du von dem Baum gegessen, von dem ich dir geboten habe, davon nicht zu essen? 12Der Mensch antwortete: Die Frau, die du mir beigesellt hast, sie hat mir von dem Baum gegeben. So habe ich gegessen. 13Gott, der HERR, sprach zu der Frau: Was hast du getan? Die Frau antwortete: Die Schlange hat mich verführt. So habe ich gegessen. 14Da sprach Gott, der HERR, zur Schlange: Weil du das getan hast, bist du verflucht unter allem Vieh und allen Tieren des Feldes. Auf dem Bauch wirst du kriechen und Staub fressen alle Tage deines Lebens. 15Und Feindschaft setze ich zwischen dir und der Frau, zwischen deinem Nachkommen und ihrem Nachkommen. Er trifft dich am Kopf und du triffst ihn an der Ferse.“

Dieser Abschnitt aus der Schöpfungsgeschichte bedeutet das Ende eines Lebens im Paradies. Adam und Eva haben das Gebot Gottes übertreten: Gott hatte ihnen geboten, vom Baum der Erkenntnis nicht zu essen. Die Schlange aber überzeugte Eva und mit ihr Adam davon, dieses Gebot zu brechen und die Früchte doch zu essen. Das Alte Testament bietet uns hier eine sogenannte „Ätiologie“: Eine Begebenheit wird erzählt, die eine Grundursache unseres Lebens zu deuten versucht. Warum müssen wir sterben? Warum müssen wir leiden? Warum ist da Leben beschwerlich?

Zwei entscheidende Punkte hat diese Erzählung. Zunächst: Adam und Eva sind frei, ein ihnen von Gott gegebenes Gebot zu brechen. Das ist gar nicht selbstverständlich. Sie können und sollen sich für das Gebot Gottes entscheiden; aber sie müssen es nicht. Sie sind nicht gezwungen, alles zu tun, was Gott verlangt. Sie können eine freie Entscheidung dafür, aber eben auch dagegen treffen. Das macht uns im Kern als Menschen aus: Wir haben einen Verstand und einen freien Willen, den wir – die Weltgeschichte lehrt es uns – nicht nur zum Guten einsetzen können. Doch nur dort, wo wir uns für oder gegen das Gute entscheiden können, sind wir wirklich frei. Gott hat den Menschen erschaffen und ihm den freien Willen geschenkt. Nur so ist wirkliche Beziehung und wirkliche Liebe möglich.

Der zweite Punkt spiegelt eine entscheidende Erfahrung unseres Lebens wider: In dieser Entscheidungsfreiheit machen wir Fehler. Wir neigen nicht nur zum Guten, sondern entscheiden uns für das Böse und die Sünde. Die ganze Bibel ist voller Menschen, die eine falsche Entscheidung getroffen haben. Und dennoch endet die Heilige Schrift nicht einfach mit dem sogenannten Sündenfall. Eigentlich könnte die Bibel schon nach wenigen Kapiteln vorbei sein. Der Mensch hat das Paradies verspielt und muss nun in alle Ewigkeit den Preis dafür bezahlen.

So ist es aber nicht. Die Vertreibung aus dem Paradies ist ja erst der Anfang der Geschichte Gottes mit den Menschen. Immer wieder neigt Gott sich den Menschen zu – immer wieder aber schlagen die Menschen dieses Angebot aus. Das wird sich auch in Jesus Christus nicht ändern. „Er wird ein Zeichen sein, dem widersprochen wird“, heißt es im Lukasevangelium (Lk 2,34). So weit geht die Freiheit des Menschen, dass er noch seinem Erlöser widersprechen kann. Die Theologie hat sich immer gefragt, wer am Ende in der Hölle sitzen wird. Einige neuere Theologen neigen dazu, im Letzten Gericht die entscheidende Situation des Menschen zu sehen: Er kann sich nun für und gegen Gott entscheiden, weil er völlig frei ist. Die Hölle ist der Ort jener, die in ihrem freien Willen „nein“ zu Gott sagen wollen – ob je ein Mensch das tun konnte oder würde, mag eine andere Frage sein. Das aber heißt: Der Mensch ist frei, sich noch gegen seine eigene Erlösung zu wenden.

Gott hat uns diese Freiheit aus Liebe geschenkt. Ohne Freiheit gibt es keine wahre Liebe; sie wäre Zwang. Wir stehen in dieser Spannung: Die Freiheit zu entscheiden macht das Leben nicht immer nur leichter. Das ist unsere Herausforderung als Menschen: Immer wieder die Freiheit zum Guten zu nutzen, immer weiter zu wachsen in der Freiheit, die Gott uns schenkt.

Text: Benedikt Bögle

(sig)



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