Konnersreuth, 28. November 2024
Die Kirche – das ist nicht allein das Gebäude, das da steht. Es sind auch die Menschen, die darin beten und in der Nähe leben und wirken. In Konnersreuth webt eine Frau aus ärmlichen Verhältnissen, man nannte das zu ihrer Zeit „einfache Bauernmagd“, ein ganzes Netz aus Leben, Anbetung und Bildung.
Wem geht es nicht so, dass man die Kirche in der Heimat oder der Heimat der Eltern betritt und auf Anhieb den Platz erkennt, wo oftmals über Jahrzehnte die Großmutter an jedem Sonntag gesessen hat? Kirchen prägen Menschen. Aber Menschen prägen auch die Orte an denen die Kirchen stehen. Die Pfarrkirche St. Laurentius steht in Konnersreuth, einem Markt im Landkreis Tirschenreuth der Oberpfalz. Die Kirche gehört zum Bistum Regensburg, sie ist unter der Denkmalnummer D-3-77-131-2 als Baudenkmal in die Bayerische Denkmalliste eingetragen. Das klingt entsetzlich trocken, führt man sich vor Augen, wer in dieser Kirche oftmals gebetet und die Heilige Messe mitgefeiert hat: Therese Neumann, auch bekannt als Therese oder Resl von Konnersreuth.
St. Laurentius wurde in den Jahren 1775 bis 1782 gebaut. Das Gebäude besteht aus einem Langhaus und einem eingezogenen, dreiseitig geschlossenen Chor. Langhaus und Chor besitzen gedrückte Tonnengewölbe mit Stichkappen, wie sie häufig in Barocken Kirchen vorkommen. Das Gewölbe wird von einer Pilastergliederung getragen. Pilaster sind eine Säulenform, die aus der Basis, der Säule und eine Kapitel besteht, auf dem die Dachkonstruktion aufliegt. Die Sakristei der Kirche ist im Osten an den Chor angebaut. Der viergeschossige Kirchturm im Westen beherbergt im obersten Geschoss die Turmuhr und den Glockenstuhl. Oben auf dem Turm sitzt die für bayrische Kirchen häufige Zwiebelhaube, die in eine Laterne übergeht. Die Fresken an der Decke des Langhauses entstanden 1912 und wurden von Josef Wittmann gestaltet. Sie zeigen die Weihe des Diakons Laurentius durch Papst Sixtus II., der drei Tage vor dem Martyrium seines Diakons enthauptet wurde. Ferner zeigen die Deckengemälde Laurentius vor dem Christenverfolger Kaiser Valerian, der von ihm die Kirchenschätze forderte. Laurentius erlitt im Jahr 258 das Martyrium.
Originalausstattung weitgehend erhalten
Die Ausstattung stammt zumeist aus der Erbauungszeit der Kirche. Der viersäulige Hochaltar zeigt ein Bild auf dem unten das Martyrium des Laurentius auf dem glühenden Rost dargestellt wird und oben seine Verherrlichung im Himmel. Das Altarbild präsentieren zwei Engel. Die Seitenfiguren sind der Heilige Stephanus und der Heilige Florian. Die Seitenaltäre werden von Nischenretabeln geschmückt. Der südliche Seitenaltar ist der Gottesmutter Maria geweiht. Seit 1928 ist der nördliche Seitenaltar der hl. Therese von Lisieux geweiht. Die Figur der Heiligen Ursula stammt aus der Ursulakirche bei Fockenfeld, die nach der Säkularisation abgerissenen worden war. Das Taufbecken in der Kirche stammt aus der spätgotischen Vorgängerkirche. Es wird heute von einer Darstellung der Taufe Christi aus dem Jahr 1782 gekrönt.
Die farbigen Glasfenster zeigen das Herz Jesu und Mariä. Zudem gibt es einen Fensterzyklus der acht Seligkeiten, die am Beispiel von Heiligen dargestellt werden. Dargestellt sich Franz von Assisi, Magdalena, Elisabeth von Thüringen, Katharina von Siena, Stephanus, Aloysius, Ignatius von Loyola und Franz von Sales. Über den Fenstern finden sich in den Gewölbezwickeln Malereien, die dem Leben Jesu entnommen sind und dazu jeweils ein Wort aus der Heiligen Schrift. Der deutsche Kunsthistoriker Hugo Schnell bezeichnete die Kirche als "ein schönes Beispiel des ausklingenden malerischen Rokoko, das in der armen Oberpfalz auch mit sparsamen Mitteln einen traulichen Charakter erreichte".
Resl und ihre Umgebung
Nicht nur Therese Neumann wurde von dieser Kirche geprägt. In der Kirche wirkte der zur Zeit der Mystikerin der Pfarrer Joseph Naber. Der Journalist Fritz Gerlich war ebenfalls öfter hier und stand im guten Kontakt mit Therese. Im Ort erinnert ein „Reslgarten“ an die Magd Therese Neumann. Es findet sich vor Ort ein Anbetungskloster und für lange Jahre eine Schule für Spätberufene im Schloss Fockenfeld.
Am 8. April 1898 wurde in Konnersreuth Therese Neumann als erstes von elf Kindern eines Schneidermeisters geboren. Seit 1912 verdiente sie ihren Lebensunterhalt als Bauernmagd und führte die Wirtschaft ab 1915, weil der Bauer im Krieg war. Im Jahr 1918 begann eine längere Phase der Krankheit mit Anfällen, Blindheit und Lähmungserscheinungen. Jeweils an den Tagen der Selig- und Heiligsprechung ihrer Namenspatronin Therese von Lisieux erlebte sie Heilungsschübe. Am Tag der Heiligsprechung der kleinen Therese wurde sie ganz gesund. Bekannt sind ebenfalls ihre mystischen Erfahrungen und ihre Stigmatisierungen. Weniger bekannt ist, wie Resl den Ort Konnersreuth über ihre Lebenszeit hinaus geistlich und mit geistlichen Bauwerken geprägt hat.
Resl hatte sich im Jahr 1950 sehr darum bemüht, aus Schloss Fockenfeld wieder ein Kloster zu machen. Das Schloss war der Sommersitz der Zisterzienser-Prälaten von Waldsassen gewesen und in der Säkularisation im Jahr 1803 wurde Fockenfeld versteigert. In den Folgejahren hatte das Schloss acht Besitzer, die allesamt von der Größe des Anwesens überfordert waren. Resl setzte sich bei den Oblaten des Heiligen Franz von Sales dafür ein, dass sie dieses Haus übernehmen, um dort wieder klösterliches Leben einkehren zu lassen. Mit finanzieller Hilfe des Fürsten von Waldburg-Zeil gelang es, den Patres diesen Ort zu kaufen und zu einer Schule zu machen. Am 2. April 1951 war die offizielle Übergabe an den Orden. Das kleinste Gymnasium Bayerns konnte in den folgenden Jahrzehnten hunderten junger Männer den Weg zu Abitur und Priesteramt ebnen.
Geistliche Architektur: Menschen und Bauten
Bekannt ist ebenfalls der große Einfluss, den Therese Neumann auf den Journalisten Fritz Gerlich hatte. Durch die Gespräche mit der heiligmäßigen Frau bekehrte sich Gerlich. Er gründete die Zeitung „Der gerade Weg“ und wurde später als eines der ersten Opfer des Nationalsozialismus hingerichtet. Eine große Herausforderung war Resl für ihren Pfarrer. Joseph Naber bewarb sich 1909 um die Pfarrstelle von Konnersreuth. Im Jahr 1911 führte Pfarrer Naber die dringend notwendige Restaurierung der Pfarrkirche durch. Im Rahmen dieser Baumaßnahme entstanden die Deckenfresken. Nach der schweren Erkrankung von Therese Neumann wurde der Pfarrer zu ihrem Seelenführer. 1923 und 1925 erlebte er die wunderbaren Heilungen. Als dann im März 1926 die Stigmatisierung und die Leidensvisionen der Resl auftraten, ging Pfarrer Naber mit großer Nüchternheit an die aufgetretenen mystischen Phänomene heran. In Konnerreuth spricht man von ihm als einem Muster an „Frömmigkeit, Geduld, Aufopferung und Eifer für die Ehre Gottes!"
Ein großes Anliegen von Therese Neumann wurde ein Jahr nach Ihrem Tod in Konnersreuth Wirklichkeit. Das Anbetungskloster Theresianum ist benannt nach ihrer Lieblingsheiligen und Namenspatronin. Es konnte ein Jahr nach ihrem Tod geweiht werden. Der damalige Bischof Dr. Rudolf Graber wollte ein solches Kloster in seinem Bistum haben, damit vor dem ausgesetztem Allerheiligsten in den Anliegen des Bischofs und des Bistums gebetet werden kann. Dass dieses Kloster hierher nach Konnersreuth kam, ist wieder der Tatkraft der einfachen Magd Therese Neumann zu verdanken. Es rundet die geistliche Architektur am ihrem Lebensort Konnersreuth ab. So kann eine kleine Kirche in all ihrer Schönheit an einem im Grunde bescheidenen Ort eine gewaltige Wirkung entfalten.
Text: Peter Winnemöller
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