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Die Reise Papst Benedikts XVI. 2011 nach Deutschland

Ermutigung an die Kirche: Wo Gott ist, da ist Zukunft

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Regensburg, 4. Januar 2023

Nach seiner Reise 2005 zum Weltjugendtag in Köln und seinem Pastoralbesuch in der bayerischen Heimat im Jahr 2006 hat Papst Benedikt XVI. sein Heimatland 2011 ein drittes Mal besucht. Es ist überaus gewinnbringend, die damalige theologische Wegweisung Benedikts XVI. noch einmal in den Blick zu nehmen.

Bei seinem Pastoralbesuch in Deutschland im Jahr 2011, der unter dem Leitwort „Wo Gott ist, da ist Zukunft“ stand, ging es – so der damalige Papst – darum, dass Gott „wieder in unser Blickfeld tritt, der so oft ganz abwesende Gott, dessen wir doch so sehr bedürfen“ (Apostolische Reise Seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI. nach Berlin, Erfurt und Freiburg 22.-25. September 2011. Predigten, Ansprachen und Grußworte, Bonn 2011, 14). Wir müssen die Wahrnehmungsfähigkeit für Gott, die in uns da ist, „wieder neu entwickeln“. In der Größe und Schönheit des Kosmos können wir etwas von der Größe, Schönheit und Güte Gottes erkennen; im Wort der Heiligen Schrift hören wir Worte ewigen Lebens. In der Begegnung mit Menschen, die von Gott angerührt worden sind, „sehen wir gleichsam Gott“. Wir wollen uns mühen, dass wir – so Benedikt XVI. – „Gott wieder zu Gesicht bekommen, dass wir selber Menschen werden, von denen ein Licht der Hoffnung in die Welt hereintritt, das Licht von Gott her ist und uns leben hilft“ (ebd.).

Die Bedeutung des Glaubens

In seiner Ansprache im Park von Schloss Bellevue betonte der Papst, dass er nach Deutschland gekommen ist, um mit den Menschen über Gott zu sprechen. Wir erleben heute der Religion gegenüber „eine zunehmende Gleichgültigkeit in der Gesellschaft, die bei ihren Entscheidungen die Wahrheitsfrage eher als ein Hindernis ansieht und stattdessen Nützlichkeitserwägungen den Vorrang gibt“ (ebd., 14). Für unser Zusammenleben bedarf es aber einer „verbindlichen Basis, sonst lebt jeder nur noch seinen Individualismus“ (ebd., 24). Der Glaube ist eine wichtige Grundlage für ein gelingendes Miteinander.

Freiheit als Bindung an Gott

Freiheit braucht – so Benedikt XVI. – die Rückbindung an eine höhere Instanz. „Dass es Werte gibt, die durch nichts und niemand manipulierbar sind, ist die eigentliche Gewähr unserer Freiheit“ (ebd., 25). Freiheit entfaltet sich nur in der Verantwortung vor einem höheren Gut. Dieses Gut gibt es nur für alle gemeinsam; deshalb muss der einzelne immer auch seine Mitmenschen im Blick haben. Freiheit kann nicht in Beziehungslosigkeit gelebt werden; sie ist nur in der Verbindung mit Solidarität möglich. Ein Handeln auf Kosten des anderen ist keine Freiheit, sondern schuldhaftes Handeln, das den anderen und letztlich auch mich selbst beeinträchtigt. Wirklich frei entfalten kann sich der Mensch nur, wenn er seine Kräfte auch zum Wohl der Mitmenschen einsetzt. Die Bundesrepublik Deutschland ist – so Benedikt XVI. – durch die von der Verantwortung vor Gott und voreinander gestaltete Kraft der Freiheit zu dem geworden, was sie heute ist. Das Gemeinwesen braucht diese – alle Bereiche des Humanen einbeziehende – Dynamik auch in Zukunft, um sich unter den aktuellen Bedingungen weiter entfalten zu können. Ein Verständnis der Freiheit, das der Verantwortung vor Gott und vor den Mitmenschen entspringt, ist unverzichtbar in einer Welt, die einer tiefgreifenden kulturellen Erneuerung und der Wiederentdeckung von Grundwerten bedarf, auf denen eine bessere Zukunft aufgebaut werden kann.

Blick auf volles Stadion, in dem ein Gottesdienst mit Papst Benedikt XVI. stattfindet, im Hintergrund die untergehende Sonne

Auch Station beim Deuschlandbesuch von Papst Benedikt XVI. im September 2011 war Berlin - hier im voll besetzten Stadion.

Das Licht Christi im Leben

In seiner Predigt während der Vigilfeier mit Jugendlichen in Freiburg wies Papst Benedikt XVI. darauf hin, dass wir in den wichtigen Dingen des Lebens auf Mitmenschen angewiesen sind. Vor allem im Glauben stehen wir nicht allein; wir sind Glieder der „großen Kette der Gläubigen“. Jeder wird durch den Glauben der anderen gestützt. Es ist geheimnisvoll, dass Jesus von sich selbst und von jedem von uns das Gleiche sagt, nämlich „Licht zu sein“. Wir verstehen, dass er das Licht ist, die Quelle aller Lichter dieser Welt. Doch wir erleben immer wieder das Scheitern unserer Bemühungen und das persönliche Versagen trotz guter Absichten. Noch immer gibt es Krieg und Terror, Hunger und Krankheit, Armut und Unterdrückung. Verschiedene selbsternannte „Lichtbringer“ in der Geschichte haben totalitäre Systeme errichtet, in denen der kleinste Funke wahrer Menschlichkeit erstickt wurde. Wir dürfen nicht verschweigen, dass es das Böse gibt. Wir sehen es an vielen Orten der Welt und auch – das erschreckt uns – in unserem eigenen Leben. In unserem eigenen Herzen gibt es die Neigung zum Bösen: Egoismus, Neid, Aggression. Mit einer gewissen Selbstdisziplin lässt sich das vielleicht einigermaßen kontrollieren. Schwieriger wird es mit einem eher verborgenen Schlechtsein: der Trägheit, der Schwerfälligkeit, das Gute zu wollen und zu tun.

Begabungen für Gott einsetzen

Aufmerksame Zeitgenossen haben immer wieder darauf hingewiesen, dass der Schaden für die Kirche nicht primär von ihren Gegnern kommt, sondern von den Christen selbst. Wie kann Christus dann sagen, auch die schwachen Christen seien das Licht der Welt? Paulus nennt die Mitglieder der Ortsgemeinden „Heilige“. Denn jeder Getaufte – noch ehe er gute Werke tun kann – ist von Gott geheiligt. In der Taufe entzündet Gott ein Licht in unserem Leben, nämlich die „heiligmachende Gnade“. Das Bild der Heiligen ist vielfach verzerrt worden, so als ob heilig zu sein bedeute, weltfremd, naiv und freudlos zu sein. Nicht selten meint man, Heilige vollbrächten asketische und moralische Höchstleistungen; man könne sie im eigenen Leben nie nachahmen. In Wirklichkeit gibt es aber – mit Ausnahme der Gottesmutter – keinen Heiligen, der nicht auch die Sünde gekannt hätte. Christus achtet darauf, wie oft wir im Leben mit seiner Hilfe wieder aufstehen. Er fordert keine Glanzleistungen, sondern möchte, dass sein Licht in uns scheint. „Lasst es zu, dass Christus in euch brennt, auch wenn das manchmal Opfer und Verzicht bedeuten kann. Fürchtet nicht, ihr könntet etwas verlieren und ... am Ende leer ausgehen. Habt den Mut, eure Talente und Begabungen für Gottes Reich einzusetzen und euch hinzugeben …, damit der Herr durch euch das Dunkel hell macht“ (ebd., 129).

Die Freude, katholisch zu sein

Benedikt XVI. wollte mit seinem Pastoralbesuch 2011 die Kirche in Deutschland ermutigen, mit Zuversicht den Weg des Glaubens weiterzugehen, „der Menschen dazu führt, zu den Wurzeln, zum wesentlichen Kern der Frohbotschaft Christi zurückzukehren“. Wo Gott zugegen ist, „eröffnen sich neue, oft ungeahnte Perspektiven, die über den Tag und das nur Kurzlebige hinausreichen“ (ebd., 156). Seine Apostolische Reise hat dem Papst die Gelegenheit gegeben, die Menschen in seiner Heimat im Glauben zu stärken und „die Freude, katholisch zu sein, mit ihnen zu teilen“ (ebd., 162).

Text: Domkapitular Prof. Dr. Josef Kreiml/ kw



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