München / Regensburg, 20. August 2024
Mehr als zehn Monate nach Beginn des Krieges in Gaza sind die wenigen in dem Gebiet verbliebenen Christen erschöpft und traumatisiert. „Die Lage im gesamten Gazastreifen ist schlimm, besonders in Gaza-Stadt“, berichtet Gabriel Romanelli, Pfarrer der Kirche „Heilige Familie“ in Gaza-Stadt, in einer an das weltweite katholische Hilfswerk „Kirche in Not“ zugesandten Audiobotschaft.
Trotz des Krieges und der Unsicherheit der Zukunft ist ihm die Weiterführung der Bildung ein wichtiges Anliegen. „Mit Hilfe von Lehrern unterrichten wir Kinder vom Kindergarten bis zur ersten Klasse der Sekundarstufe in Arabisch, Englisch, Mathematik und Naturwissenschaften. Wir mussten den Unterricht zwischenzeitlich unterbrechen, weil es so viel Beschuss in der Nähe gab, aber inzwischen haben wir einige Klassen wieder aufgenommen“, sagt er. „Was wir aber nie unterbrochen haben, ist die Anbetung, das Rosenkranzgebet und die heilige Messe, und wir beten weiterhin für den Frieden“, betont der Pfarrer.
Sami El-Yousef, Generaldirektor des Lateinischen Patriarchats von Jerusalem, sagte bei einem kürzlichen Besuch einer Delegation von „Kirche in Not“ im Heiligen Land: „Unser Hauptziel ist es, eine Grundausbildung zu ermöglichen. Dies ist bereits das zweite Jahr ohne regulären Unterricht. Einige Lehrer sind geblieben, andere haben das Gebiet verlassen. Wir versuchen, das Grundstück gegenüber der Pfarrei zu mieten und vielleicht Container als vorübergehende Klassenzimmer aufzustellen.“
Das Lateinische Patriarchat unterhielt auch eine zweite Schule in Gaza, die es in eine Zufluchtsstätte umgewandelt hatte. Es bestand die Hoffnung, dass sie ihren Betrieb wieder aufnehmen könnte, sobald ein Waffenstillstand erreicht ist. Doch leider wurde sie kürzlich von Raketen getroffen. Es gibt keine Garantie, dass sie jemals wieder in Betrieb genommen werden kann. Auf dem Gelände der katholischen Pfarrei in Gaza-Stadt leben derzeit mehr als 400 Christen, sowohl Katholiken als auch Orthodoxe, sowie 63 Kinder mit Behinderungen, die von den Ordensfrauen der „Missionarinnen der Nächstenliebe“ betreut werden. Weitere 200 orthodoxe Christen sind in der angrenzenden orthodoxen Anlage untergebracht.
Mangelnde medizinische Versorgung
George Akroush, Leiter des Projektentwicklungsbüros des Lateinischen Patriarchats, erklärte den Vertretern von „Kirche in Not“ während ihres Besuchs in Jerusalem, dass die Lebensbedingungen auf dem Gelände der Schule in Gaza schwierig seien, da es überfüllt sei und bis zu drei Familien in einem Klassenzimmer zusammenlebten. „Es gibt keine Privatsphäre für Familien oder Paare. Einige Familien sind in unteren Stockwerken untergebracht, in der Nähe der Klärgruben. Da dies unhygienisch ist, wechseln die Familien alle paar Wochen ihren Platz im Haus. In dieser Atmosphäre kommt es natürlich zu Spannungen und Streitigkeiten.“
Obwohl die christlichen Einrichtungen im Gazastreifen im Vergleich zur übrigen Region relativ sicher sind, hat es bereits mehrere Opfer gegeben. Einige wurden durch Scharfschützen und Raketeneinschläge auf dem Gelände getötet, andere bei dem Versuch, ihr Hab und Gut aus ihren Häusern zu retten. Die meisten jedoch starben aufgrund mangelnder medizinischer Versorgung. „Jede Woche verlieren wir jemanden, nicht unbedingt durch Militäraktionen, sondern durch den Mangel an Medikamenten“, sagt El-Yousef. „Ältere Menschen sterben, obwohl sie unter normalen Umständen noch am Leben sein könnten.“
Text: Kirche in Not
(sig)