News Bild Die Fremde soll Heimat werden, die Heimat aber nicht fremd: Wallfahrt nach St. Anna bei Plan verknüpft Katholiken in Deutschland und Tschechien

Die Fremde soll Heimat werden, die Heimat aber nicht fremd: Wallfahrt nach St. Anna bei Plan verknüpft Katholiken in Deutschland und Tschechien

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„Wir feiern die friedliche Überwindung des Eisernen Vorhangs vor 25 Jahren“, das haben Bischof Rudolf Voderholzer  und sein Kollege aus Pilsen, Bischof František Radkovský, bei der Jubiläumswallfahrt in der Kirche St. Anna bei Plan (Planá) in Tschechien festgestellt. Gleich nach der Grenzöffnung 1989 waren Gläubige aus dem Raum Tirschenreuth-Mähring und Hunderte von Vertriebenen aus dem Sudetenland zum ersten Mal nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wieder zur traditionsreichen Wallfahrtskirche St. Anna bei Planá gepilgert. Heuer – 25 Jahre später – ist die Wall-fahrt so lebendig wie am Anfang. Vielleicht sogar noch lebendiger.

Denn heuer beten und feiern nicht nur die benachbarten Oberpfälzer und die aus der Region um Planá vertriebenen Menschen gemeinsam. Heuer sind auch viele Tschechen gekommen. Eine tschechische Blaskapelle führte die Prozession an. „Wir bauen an der Brücke zwischen unseren Völkern“, betonte Bischof Voderholzer und freut sich über das Engagement der Gläubigen sowie der deutschen und tschechischen Politiker für die Wallfahrt. Die Geistlichen zelebrierten den Gottesdienst in beiden Sprachen.

Autos aus München, Böblingen, Landshut und vielen anderen Orten stehen vor der Wallfahrtskirche auf den eigens gemähten Wiesen, weil die regulären Parkplätze an diesem Tag für die rund 500 Gläubigen nicht ausreichend sind. Tschechische Autos und Busse teilen sich den Platz unterhalb der Kirche St. Anna. Alle, die gut zu Fuß sind, reihen sich ein in die Prozession, die am Marktplatz in Planá beginnt. Auf diese letzten Kilometer schließt sich die Tirschenreuther Wallfahrtsgruppe an, die bereits seit dem Morgengrauen unterwegs ist, von der Grenze bei Mähring mit dem Ziel St. Anna.

„Warum ist die Kirche so voll? Warum ist die heilige Anna so populär?“ Diese Fra-gen stellt sich Bischof Voderholzer höchst erfreut während seiner Predigt. Und beant-wortet sie so: Die heilige Anna, Mutter Mariens und Großmutter Jesu, macht Christus so menschlich. Jesus ist ein Glied in der Familiengeschichte, er hat mit Anna eine Großmutter wie alle Menschen. „Aber nur eine im Gegensatz zu uns“, sagt Voderholzer. Das Neue Testament schweige zwar über die Verwandtschaft, aber die Liturgie sei reich an Bezügen zur Großmutter Jesu. Und die Großmütter waren und seien für viele Kinder  sehr wichtig. „Auch meine Großmutter hat mich das Beten gelehrt“, erzählt der Bischof. Die Mutter Anna „ist den Kindern der Kirche nahe“. Und viele Christen im Nahen Osten, in Syrien und im Irak seien in Gefahr, und bräuchten den Beistand der Mutter Anna. „Wir dürfen nicht schweigen", sagt Dr. Voderholzer und ruft zum Gebet für die Verfolgten auf, aber auch an die Politik müsse man ein Appell richten, dass die Waffen schweigen. „Niemals kann Gewalt und Krieg mit dem Hinweis auf Gott gerechtfertigt werden,“ erklärt Bischof Voderholzer und erinnert an den Frieden, der seit 70 Jahren in Europa herrscht. Daran erinnern gerade die Vertriebenen in jedem Jahr. Jeweils am Ende des Juli anlässlich des Namenstags der heiligen Anna findet seit 40 Jahren das Plan-Weseritzer-Heimattreffen in Mähring, einer kleinen Gemeinde unmittelbar an der Grenze zu Böhmen statt. Hunderte von Vertriebenen, die es nach dem Krieg in viele Ecken Deutschlands verschlagen hat, kommen dann für drei Tage zusammen. Sehnsuchtsvoll stiegen sie in der Zeit des „Kalten Krieges“, vor dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ auf den Pfaffenbühl, einen Berg am Rande des Orts, und blick-ten in die verlorene Heimat und die Wallfahrtskirche St. Anna auf dem Annaberg bei Plan.

In den 1950er Jahren entschlossen sich Plan-Weseritzer, gerade dort oben eine Ge-dächtniskirche zu Ehren der heiligen Anna zu errichten, und das als Ersatz für die nicht mehr erreichbare Wallfahrtskirche St. Anna auf dem Annaberg bei Planá, auf den seit dem 13. Jahrhundert die Prozessionen führten. Die neue Kirche sollte eine Stätte werden, an der nicht Hass und Vergeltung gepredigt würden, sondern der Glaube gelebt werde. Ein Zeichen der Hoffnung auf Gerechtigkeit und Frieden, ein Mahnmal für die Lebenden und zum Gedächtnis an die Toten. Noch heute spielt die kleine Gedächtniskirche eine bedeutende Rolle, deren Portal mit einer großen Steintafel versehen ist. Abgebildet ist dort die barocke Kirche St. Anna, zu lesen ist: „Lass Dir die Fremde zur Heimat werden, aber die Heimat nie fremd werden“. Mit der Wallfahrt zu St. Anna in Tschechien beginnt seit 25 Jahren das Treffen und mit der Prozession zu St. Anna auf dem Pfaffenbühl endet jedes Jahr das Treffen der Plan-Weseritzer.



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