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Christliche Gemeinden im Heiligen Land

„Wir fürchten, ein neues Syrien zu werden“

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München / Regensburg, 23. August 2024.

Der Gaza-Krieg hat nicht nur Auswirkungen auf die Menschen in den unmittelbaren Kampfgebieten, sondern in allen Landesteilen Israels und den Palästinensischen Gebieten. Die christlichen Gemeinden befürchten, dass sie zunehmend zwischen die Fronten geraten.

Dima Khoury ist im Lateinischen Patriarchat von Jerusalem für die sozialen Dienste zuständig. Tag für Tag wird derzeit seine Aufgabe mühsamer. Und dafür gibt es einen konkreten Grund: „Wir hatten gedacht, dass der Krieg nach ein paar Monaten zu Ende sein würde, das war nicht der Fall. Jetzt fürchten wir, dass das Heilige Land zum nächsten Syrien wird, zu einem Krieg ohne Ende.“ Khoury empfing kürzlich eine Delegation des weltweiten katholischen Hilfswerks „Kirche in Not“ (ACN) in Jerusalem. Was er berichtet, empfinden die im Heiligen Land verbliebenen Gemeindemitglieder als sehr desillusionierend: „Die Mittelschicht wurde arm, und die Armen noch ärmer. Viele Familien, die eigene Unternehmen besaßen, haben das Land verlassen.“

„Kirche in Not“ hat nach den Terroranschlägen vom 7. Oktober 2023 und der darauffolgenden Militäraktion die Nothilfe für Christen im Heiligen Land verstärkt. Aktuell sind über 600 Familien auf Lebensmittelgutscheine angewiesen, 128 Familien erhalten Zuschüsse für ihre Strom- und Wasserrechnung, denn die Lage am Immobilienmarkt ist desolat: „Vor allem in Ostjerusalem haben wir ein ernstes Wohnungsproblem. Hier leben die meisten Christen in Mietwohnungen und sind von der Zwangsräumung bedroht“, erklärte Khoury. Die christliche Minderheit sei von den Kriegsauswirkungen besonders hart betroffen, sie gerate zunehmend zwischen die Fronten. Vor allem seien es Christen, die aus dem Westjordanland nicht mehr zum Arbeiten in die westlich der Sperrzäune gelegenen Gebiete des israelischen Staatsgebietes einreisen könnten.

Helfer im Westjordanland sortieren Medikamente

Helfer im Westjordanland verpacken Medikamente.

Weihbischof William Shomali

Weihbischof William Shomali, Patrichalvikar des Lateinischen Patriarchats von Jerusalem.

Das Problem der Mobilität der Menschen unterstreicht gegenüber der „Kirche in Not“-Delegation auch der Weihbischof William Shomali, der unter anderem für die Christen in Jerusalem und in den Palästinensischen Gebieten zuständig ist: „Der größte Bedarf besteht an Einreisegenehmigungen aus dem Westjordanland nach Israel.“ Früher seien etwa 160.000 Christen regelmäßig über die Grenze gependelt, jetzt seien es schätzungsweise weniger als 10.000: „Aber die Menschen wollen wirklich arbeiten. Ich bekomme fast jeden Tag Anrufe von Menschen aus dem Westjordanland. Einige können ihre Miete nicht zahlen, andere können sich keine Lebensmittel mehr leisten.“

„Wir sind wirklich eine Kirche in Not“

200 Personen mit chronischen oder akuten Erkrankungen wie Diabetes und Krebs bekommen über die Kirchengemeinden lebensnotwendige Medikamente. Auch Schul- und Studiengebühren werden teilweise über das Lateinische Patriarchat übernommen. Neben der akuten Nothilfe hat „Kirche in Not“ auch ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für Christen in Ostjerusalem und im Westjordanland angestoßen. Dabei werden zum Beispiel arbeitslose Christen zu Renovierungsarbeiten in kirchlichen Einrichtungen herangezogen und angemessen bezahlt. „Dieses Programm hat einen dreifachen Nutzen: Wir unterstützen Familien, bringen Geld in die Gemeinde und erhalten einige christlich geführte Organisationen am Leben“, erläuterte die Khoury.

Außerdem trägt „Kirche in Not“ auch die Kosten für Umschulungen. Christen, die vorher überwiegend im Tourismussektor tätig waren, sollen so die Möglichkeit bekommen, in neuen Bereichen Fuß zu fassen, zum Beispiel in der IT-Branche. „Ich schätze die Unterstützung von ,Kirche in Not‘ bei der Schaffung von Arbeitsplätzen, anstatt ausschließlich Almosen zu geben. Das ist ein guter Weg, die Würde der Menschen zu wahren“, betonte Weihbischof Shomali.

„Kirche in Not“ sei eine der ersten Organisationen gewesen, die nach dem Kriegsausbruch Hilfe angeboten habe, betonte auch der Verwaltungsdirektor des Lateinischen Patriarchats von Jerusalem, Sami El-Yousef: „Es war ein Segen, dass wir so früh Unterstützung erhalten haben, denn so konnten wir vom ersten Tag an handeln. Wir sind wirklich eine Kirche in Not. Wir brauchen jede Unterstützung, die wir von unseren Freunden in der ganzen Welt bekommen können.“ Stellvertretend für alle Christen im Heiligen Land bittet er um Spenden für die Nothilfe von „Kirche in Not“ – online unter: www.spendenhut.de oder auf das Empängerkonto: KIRCHE IN NOT, IBAN: DE63 7509 0300 0002 1520 02 unter dem Verwendungszweck: Heiliges Land.

Text: Kirche in Not

(sig)

Blick von einer Kirche auf Teile des Westjordanlands.

Blick von einer Kirche auf Teile des Westjordanlands.



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