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Christen im Nahen Osten

Große Angst, leise Hoffnung

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München / Regensburg, 13. Dezember 2024.

Nach dem Sturz des Assad-Regimes in Syrien hat es mittlerweile erste Kontakte zwischen den neuen Machthabern und Vertretern der christlichen Minderheit gegeben. Das berichtete der armenisch-katholische Bischof von Damaskus, Georges (Kévork) Assadourian, dem Hilfswerk „Kirche in Not“.

Assadourian hatte am vergangenen Montag zusammen mit zwei weiteren Geistlichen das Hauptquartier der islamistischen Rebellengruppen besucht. Bei dem Treffen sei vor allem die Rolle der Christen im neuen syrischen Staat Thema gewesen, berichtete der Bischof: „Wir diskutierten über die Präsenz der Christen und auch über deren Rolle. Man versicherte uns, dass alles gut werden würde und wir uns keine Sorgen machen müssten.“ Assadourian unterstrich, dass im Hauptquartier ausländische Botschafter anwesend gewesen seien. Er würdigte die internationalen Bemühungen, die Entwicklungen in Syrien zu überwachen.

„Die Lage in Damaskus ist aktuell ruhig“, teilte Assadourian mit. Am vergangenen Wochenende, als sich der Machtwechsel in Syrien ereignete, habe ein zweitägiges Gebetstreffen um Frieden mit allen Priestern und Ordensleuten stattgefunden.
Im Hinblick auf die Flucht von Präsident Bashar al-Assad sagte der Bischof: „Es war ein sehr dramatischer Tag in der Geschichte Syriens. Der Präsident verließ das Land, und alles verwandelte sich in eine ,Wüste’ – ein Land, das vom Regime befreit wurde, das über 50 Jahre an der Macht war.“

„Kirche in Not“ setzt seine Unterstützung für die Christen in Syrien unvermindert fort. Das Hilfswerk setzt sich dafür ein, dass ihre Stimme gehört und Religionsfreiheit gewährleistet wird. Dazu hatte die Geschäftsführende Präsidentin von „Kirche in Not“ (ACN) International, Regina Lynch, erklärt: „Wir fordern sowohl die internationale Gemeinschaft als auch die neuen Machthaber in Syrien auf, den Schutz der Grundrechte aller Religionsgemeinschaften sicherzustellen und ihre Religionsfreiheit, ihre Bildungsfreiheit und ihr Recht auf ein Leben in Frieden zu garantieren.“

Heiliges Land: Patriarch gedämpft hoffnungsvoll

Besser ist die Lage in Israel, wo im Gegensatz zu Syrien eine Demokratie die Menschen schützt. Vor dem Hintergrund der Waffenruhe im Libanon erwartet der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Pierbattista Kardinal Pizzaballa, auch ein baldiges Ende der Kämpfe im Gaza-Streifen. „Der Höhepunkt des Krieges liegt hinter uns. Ich habe den Eindruck, dass es in den kommenden Wochen oder Monaten einen Kompromiss geben wird“, sagte Pizzaballa bei einem Besuch in der internationalen Zentrale des Hilfswerks „Kirche in Not“ (ACN) in Königstein im Taunus.

Ein Ende der Kämpfe bedeute jedoch kein Ende des Konflikts, warnte der Patriarch: „Der Wiederaufbau wird Jahre dauern, und ich bin sicher: Die Grenze zu Israel bleibt geschlossen.“ Der Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 und die israelische Gegenwehr hätten „enorme Auswirkungen“ auf die jeweilige Bevölkerung: „Für die Israelis war es eine Art Schoah, für die Palästinenser ist das, was seitdem passiert ist, eine neue Nakba, ein weiterer Versuch, sie aus dem Land zu vertreiben.“

Hassreden, Misstrauen und abwertende Sprache seien im Heiligen Land allgegenwärtig, stellte Pizzaballa fest. „Wenn der Krieg in Gaza vorbei ist, können wir die Infrastruktur wiederaufbauen, aber wie können wir die Beziehungen wiederherstellen?“ Eine wichtige Rolle komme dabei den Christen zu, ist der Kardinal überzeugt. Diese machten zwar nur 1,5 Prozent der Bevölkerung im Heiligen Land aus, „aber weil wir so klein und unbedeutend sind, haben wir die Möglichkeit, alle Menschen zu erreichen. Eine unserer wichtigsten Aufgaben ist es, die Menschen wieder zusammenzuführen.“

Bemühungen um Zusammenhalt

Es sei gerade am Anfang des Krieges schwer gewesen, die christliche Gemeinschaft zusammenzuhalten, die mehrheitlich aus arabischsprachigen Christen, aber auch aus einer kleinen hebräischen Gemeinde und christlichen Migranten besteht. „Während in diesem Krieg alle darum kämpfen, zu spalten, kämpfen wir darum, geeint zu bleiben“, sagte der Patriarch.

Der Krieg habe auch die Christen im Heiligen Land schwer getroffen. So sei fast allen Christen aus dem Westjordanland, die in Israel arbeiteten, die Arbeitserlaubnis entzogen. Da Pilger ausblieben, seien auch viele Arbeitsplätze im Tourismussektor weggefallen. Pizzaballa dankte für die Hilfe von „Kirche in Not“: Das Hilfswerk finanziert unter anderem Lebensmittel, Medikamente, Hilfen für mittellosen Familien und Migranten sowie Umschulungsmaßnahmen für Arbeitslose. Der Patriarch betonte auch, wie wichtig es sei, den Schulunterricht im Gaza-Streifen wieder aufzunehmen. Auch hier sei die Kirche gefordert.

Trotz aller Gewalt und Schwierigkeiten, sehe er für das Heilige Land „noch Hoffnung“, so der Patriarch. Diese Hoffnung sei jedoch nicht mit einer politischen Lösung zu verwechseln. „Es gibt leider keine kurzfristige Lösung. Ich würde mich gern irren, aber ich fürchte, das ist nicht der Fall.“ Er begegne überall im Heiligen Land „wundervollen Menschen, die selbstlos handeln“, betonte Pizzaballa. „Die große Politik können wir vielleicht nicht ändern, aber wir können dort etwas ändern, wo wir sind. Das gibt mir Trost.“

Text: Kirche in Not

(sig)

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Unser Bild zeigt Christen, die in der Kirche zur Heiligen Familie in Gaza Schutz gesucht haben, bei einem Bittgottesdienst.



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