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Brauchtum in Ostbayern: Die Winklarner Schule

Andachtsbilder und Arme-Seelen-Taferl


Regensburg, 6. Februar 2025

Im Bistum Regensburg liegt der geschichtsträchtige Markt Winklarn. Zum ersten Mal urkundlich erwähnt wurde der Ort bereits im Jahr 1249. Bis heute bekannt ist Winklarn durch seine Hinterglasmalerei, die „Winklarner Schule“. 

In der Mitte des 18. Jahrhunderts war die Hinterglasmalerei in vielen ländlichen Gegenden ein einträglicher Nebenerwerb. Die meist nach Vorlagen gemalten Hinterglasbilder konnten relativ schnell und günstig hergestellt werden und waren dadurch auch für die breitere Bevölkerung erschwinglich. Die Malerwerkstätten waren oft nicht weit von Wallfahrtsorten entfernt, viele lagen auch in der Nähe von Schleif- und Polierwerken, in denen das geschliffene und blank polierte Flachglas für den Malgrund produziert wurde.

Die Winklarner Schule

Die meisten dieser Malerwerkstätten wurden von Familien gemeinsam betrieben. So konnte die Technik innerhalb der Familie oder an Verwandte weitergegeben werden. Da auch immer nach denselben Vorlagen gearbeitet wurde, entstanden über Jahre hinweg ähnlich gemalte Bilder – die sogenannten „Schulen“. Die Tradition der Winklarner Glasmalerei begann Mitte des 18. Jahrhunderts. Hier bildeten sechs Familien über mehrere Generationen die heute noch bekannte „Winklarner Schule“. Bei ihren Motiven griffen die Winklarner Hinterglasmaler oft auf Stiche oder Drucke berühmter Kunstwerke als Vorlagen zurück, die zum Teil vereinfacht oder auch ausgeschmückt wurden. 

Traditionelle Winterarbeit

Die Hinterglasmalerei brachte zwar einen willkommenen Zuverdienst, für den der Familienunterhalt reichte es aber nicht aus. Die Maler stammten alle aus Winklarner Handwerkerfamilien, darunter waren Vergolder, Anstreicher, Lackierer, Schreiner oder Leinweber. Für die Hinterglasmalerei blieb meist nur währen der Wintermonate Zeit. Ein Großteil der Winklarner Bilder waren Auftragsbilder, die nach individuellen Wünschen der Kunden angefertigt wurden. 
Verkauft wurden die Hinterglasmalereien von der Werkstatt direkt an die Kunden. Später kauften Bilderträger und Hausierer die Bilder, die sie dann auf eigene Rechnung weiterverkauften.  

Andachts- und Votivbilder

Besonders beliebt bei Kundschaft und Maler waren die Andachtsbilder für den Herrgottswinkel. Sie konnten in größeren Mengen auf Vorrat produziert werden. Fahrende Händler und „Kraxenträger“ brachten sie auch auf weit entfernte Märkte.
Um reine Auftragswerke handelte es sich bei den Votivbildern. Die Anlässe für die Votive reichten vom privaten Kinderwunsch oder der Bitte um Eheglück bis zum Dank für wirtschaftlichen Erfolg und glimpflichen Ausgang lebensbedrohender Krankheiten und Unfälle.

Arme-Seelen-Taferl

Neben vielen anderen Motiven waren auch die Arme-Seelen-Taferl begehrt. So gab ein fahrender Händler beim Winklarner Maler Josef Wiestner im Jahr 1844 „20 Arme-Seelen[-Taferl] zu 3 kr [Kreuzer]“ und „100 Arme-Seelen[-Taferl] zu 2 kr“ in Auftrag. Die Hinterglasbilder sollen die Erinnerung an verstorbene Angehörige und Freunde über den Allerseelentag hinaus aufrecht erhalten. Es gab sie auch als Andachts-Votivbilder mit der Bitte um den eigenen gnädigen Tod und die Linderung der Qualen im Fegefeuer.

Die Bilder zeigten in der Regel die „Armen Seelen“ als nackte Halbfiguren im Fegefeuer, darüber einen Kelch mit Hostie oder andere Mittel der Erlösung, wie die Arma Christi (Passionswerkzeuge), Maria oder Gott Vater. Auf einem Spruchband am unteren Bildrand war häufig zu lesen: „Bitt' für uns“; oder „Erbarm' dich unser“.

Dokumentationszentrum Hinterglasmalerei

Heute ist nur noch ein Bruchteil der einst in Winklarn gefertigten Bilder erhalten, viele davon in Wallfahrtskapellen der Region. Aber auch in Privatsammlungen und Museen von Würzburg bis Dresden und Prag finden sich immer wieder Hinterglasgemälde.

In einem Dokumentationszentrum erinnert der Markt an die großen Zeiten der „Winklarner Schule“. Erläutert werden die Familiengeschichte und Lebensumstände der Maler, Motive und Bildtypen der Hinterglasbilder, Malgrund und Materialien sowie Handel und Vertrieb.

Text: Judith Kumpfmüller

Hinterglasbild aus dem Dokumentationszentrum Hinterglasmalerei "Winklarner Schule"; Winklarn, Landkreis Schwandorf, Oberpfalz, Bayern © Alois Köppl, Gleiritsch/Wikimedia/CC BY-SA 4.0

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